E-Mail mit Ankündigung einer kostenpflichtigen Vertragsaufstockung bei Schweigen des Kunden ist unzulässig
Dank der Verbreitung des Internets sind viele Anbieter von Waren und Dienstleistungen nicht mehr darauf angewiesen, ihre Kunden über das Telefon von neuen Offerten zu überzeugen. Auf dem Wege der Email lässt sich manches Angebot sehr verlockend gestalten. Allerdings gelten auch dabei die Regeln des Wettbewerbes. Diese sehen in besonderem Maße die Obliegenheit vor, den Verbraucher nicht durch falsche Angaben zu täuschen.
Ohne Widerspruch bindend
Das Oberlandesgericht in Koblenz entschied im September 2012 einen Fall, bei dem es um genau dieses Wettbewerbsgebot ging. Eine Anbieterin von Internetdienstleistungen vertrieb diverse Produktpakete, mit denen die Kunden in einem bestimmten Rahmen online surfen und telefonieren konnten. Im März 2011 unterbreitete sie ihren Klienten per Email das Angebot, den Leistungsumfang zu erhöhen, womit ebenso ein Anstieg der monatlichen Gebühren einherging. Diese Aufwertung sollte im Mai 2011 in Kraft treten. Eine besondere Einwilligung der Kunden wurde nicht verlangt. Diese hätten lediglich in dem Fall, dass die Abänderung des Vertrages nicht erwünscht ist, binnen einer Frist von vier Wochen einen Widerspruch einlegen sollen. Anderenfalls wäre der Kontrakt angepasst worden.
Gegen unzulässige Geschäftshandlungen geklagt
Ein klagebefugter Verein des Verbraucherschutzes wählte gegen dieses Gebaren den Rechtsweg und verlangte von der Beklagten ein Unterlassen. Es liege ein Rechtsbruch vor, der sich vor allem auf das Gebot beziehe, den Kunden zu täuschen. Die Offerte, den Vertrag auch ohne die ausdrückliche Einwilligung der Verbraucher verändern zu können, beinhalte einen Verstoß gegen das Gesetz. Dieses sieht gemäß Paragraf 145 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches vor, dass ein Kontrakt lediglich durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande komme und auch lediglich unter diesem Erfordernis nachträglich zu modifizieren ist. An der Willenserklärung des Klienten fehle es hier aber. Diese liege auch nicht darin, dass er die Möglichkeit eines Widerspruchs verstreichen lässt.
Vorherige Instanzen bestätigt
Bereits das Landgericht hatte die Beklagte dazu aufgefordert, ihr unzulässiges Handeln künftig zu unterlassen. Dagegen wandte sich diese zwar auf dem Wege der Berufung, scheiterte damit aber vor dem Oberlandesgericht Koblenz. Der Spruchkörper führte aus, dass sich aus den Paragrafen 3, 8 sowie 5 Absatz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ein Unterlassungsanspruch ergibt. Dieser basiert darauf, dass die Beklagte ihre Kunden in der entsprechenden Mail getäuscht hatte und ihnen Umstände suggerierte, die nicht einschlägig waren. In der Ankündigung, den Vertrag ohne Zustimmung zu verändern, lag ein Rechtsbruch, der für die Betreiberin der Dienstleistungen vorteilhafte Folgen hätte haben sollen. Diese Geschäftshandlung wird sie künftig aber vermeiden müssen.
Zwischen Reklame und Realität
Grundsätzlich darf in der Werbung das Stilmittel überzogener Darstellungen genutzt werden. Wird – wie im vorliegenden Falle – aber ein unzulässiges Verhalten angepriesen, so kann diese Methode nicht mehr als rechtschaffen und dem Wettbewerb entsprechend angesehen werden. Der Verbraucher ist insofern schützenswert. Denkbar wären bei einem solchen Sachverhalt also Täuschungen über die Verbraucherrechte bei Leistungsstörungen, ein unlauteres Handeln gegenüber den Verbrauchern oder auch das Ausnutzen der geschäftlichen Unerfahrenheit der Kunden. Diese Normen wurden im vorliegenden Falle zwar nicht geprüft, doch genügte es bereits, der Beklagten das Vorgehen durch einen Unterlassungsanspruch zu versagen. Sie wird daher ihre Angebote differenzierter und rechtsgetreuer ausformulieren müssen.
OLG Koblenz, Urteil vom 12.09.2012, Az. 9 U 309/12