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Denic haftet nicht als Drittschuldner

AG FFM, 31 C 2224/11


Denic haftet nicht als Drittschuldner

Beklagte in diesem Rechtsstreit ist die DENIC eG. Für ihre Mitglieder, die sogenannten Provider, vergibt und verwaltet die Beklagte die Internet-Domain-Namen mit der Länderkennzeichnung de. Die mit dieser Länderkennzeichnung zugeordnete IP-Nummer wird einem konkreten Rechner zugeteilt. Die IP-Nummer in Verbindung mit einem Domain-Namen nennt man Konnektierung. Für die Herstellung dieser Konnektierung ist die Beklagte zuständig. Jede IP-Nummer und jeder Domain-Name wird nur einmal vergeben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, zu prüfen, ob die beantragte Eintragung die Rechte Dritter verletzt. Ist eine Drittpartei in der Lage, eine entsprechende Rechtsverletzung glaubhaft zu machen, versieht die DENIC den streitgegenständlichen Domain-Namen mit einem sogenannten Dispute-Vermerk. Der Domaininhaber kann die Domain benutzen, sie jedoch nicht an Dritte veräußern, solange der Dispute-Vermerk bestehen bleibt.

Die Kläger leiteten gegen einen ihrer Schuldner, nachstehend Vollstreckungsschuldner, das Zwangsvollstreckungsverfahren ein. Nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung war der Vollstreckungsschuldner nicht in der Lage, die Forderungen seiner Gläubiger zu erfüllen. Sie konzentrierten sich auf den Wert mehrerer Domainnamen, die der Vollstreckungsschuldner auf seinen Namen bei der DENIC hatte registrieren lassen. Die Kläger unternahmen einen zweiten Vollstreckungsversuch. Für fünf Domain-Namen erließ das Amtsgericht Nordham am 07.02.2007 einen Pfändungsbeschluss zugunsten der Kläger. Die mit den fünf registrierten Domains verbundenen Nutzungsrechte gingen auf die Kläger über. Der Pfändungsbeschluss erfasste die DENIC als Drittschuldnern. Ihr wurde untersagt, Leistungen aus ihrem Vertrag mit dem Vollstreckungsschuldner an selbigen zu erbringen. Mit Schreiben vom 01.03.2007 bestätigte die DENIC die Zustellung des Pfändungsbescheides und widersprach gemäß § 840 ZPO ihrer Rolle als Drittschuldnerin. Die Kläger stellten am 11.04.2007 Antrag auf Verwertung. Das Amtsgericht Nordham erteilte am 21.08.2007 den antragsgemäßen Verwertungsbeschluss gemäß § 844 ZPO. Der Verwertungsbeschluss wurde am 18.10.2007 rechtskräftig. Der Vollstreckungsschuldner legte eine Beschwerde gegen die Verwertung ein, da er Drittrechte an den Domains anführte. Die Übertragung der Rechte an Drittparteien steht der Verwertung jedoch nicht im Wege. Eventuell berechtigte Drittparteien müssen ihre Rechte an den Domains im Wege der Drittwiderspruchsklage geltend machen.

In der Folgezeit gestaltete sich der Rechtsstreit zunehmend schwierig. Die 1&1 AG war der momentane Provider der streitgegenständlichen Domains und verweigerte zwecks Versteigerung den Providerwechsel. 1&1 machte geltend, dass die Anträge nicht vom Domaininhaber unterschrieben worden seien und der Inhaber der Domains nicht der Vollstreckungsschuldner sei. Die Beklagte folgte der Auffassung der 1&1 und bat darum, von weiteren Eingaben abzusehen. Der Vollstreckungsschuldner hatte die streitgegenständlichen Domains am 28.07.2007 auf eine dritte Person, seine Mutter, übertragen. Dies teilte die Gerichtsvollzieherin mit Schreiben vom 25.03.2010 mit. Die Kläger forderten die Beklagte am 13.05.2010 vorgerichtlich zur Entrichtung von Schadensersatz in Höhe von 4.771.29 Euro auf. Zusätzlich zu den nicht realisierten titulierten Forderungen machen sie die Erstattung der zwischenzeitlich aufgelaufenen Kosten für die fehlgeschlagene Vollstreckung geltend. Zur Begründung führten sie an, bei einem rechtmäßigen Verhalten der Beklagten hätten die fünf streitgegenständlichen Domains verwertet werden können. Ihre Gesamtforderung beziffern sie mit 4.832,92 Euro. Ihren Schadensersatzanspruch stützen sie auf § 840 ZPO und auf eine ständige Rechtsprechung des Landgerichts Frankfurt a. M. Ferner habe die Beklagte gegen das Arrestatorium im Pfändungsbeschluss verstoßen. Sie habe die mit den streitgegenständlichen Domains verbundenen Leistungen rechtswidrig an den Vollstreckungsschuldner erbracht, später dessen Kündigung entgegengenommen und die Domains anschließend gelöscht und auf einen neuen Inhaber registriert (§§ 826, 823 BGB i. V. m. §§ 27, 288 StGB). Damit habe die Beklagte ihnen die streitgegenständlichen Domains als Vollstreckungsobjekt in sittenwidriger Weise entzogen. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes bestehe kein Zweifel daran, dass die Beklagte Drittschuldnerin im Sinne der §§ 829 und 840 ZPO sei. Zusätzlich machen die Kläger zu ihrer ursprünglichen Forderung 747,34 Euro Rechtsanwaltsgebühren geltend.

Die Beklagte widerspricht den Forderungen der Klägerin und sieht sich weiterhin nicht als materiell-rechtliche Drittschuldnerin. Ferner habe sie nicht gegen das Arrestatorium des Pfändungsbescheides verstoßen. Sie stützt sich auf die §§ 857, 829 ZPO, deren Zweck es nicht sei, den Verlust der Forderung zu verhindern. Sie sei nur prima facie (dem Anschein nach) Drittschuldnerin und nicht in der Pflicht, die streitgegenständliche Forderung einzufrieren. Nach § 840 ZPO bestehe kein Schadensersatzanspruch. Ihr fielen über die Drittschuldnererklärung hinaus keine weiteren Verpflichtungen zu.

Die Klage hat keinen Erfolg. Es sei zweifelhaft, ob die Beklagte gemäß § 840 ZPO überhaupt als Drittschuldnerin zu bezeichnen sei. Die Richter sehen bei der Beklagten keine über die Drittschuldnererklärung hinausgehenden Pflichten. Die Schadensposten der Kläger wären im weiteren Verlauf der Zwangsvollstreckung ohnehin entstanden. Zwischen der Drittschuldnererklärung und den aufgelaufenen Schadensposten besteht keinerlei Kausalität. Der geltend gemachte Schaden fällt nicht unter den Normzweck von § 840 ZPO. Der Schaden der Kläger ist entstanden, weil das Vollstreckungsobjekt sich zum Zeitpunkt der Vollstreckung nicht mehr im Zugriffsbereich der Kläger befand. Die Kläger können keinen Schadensersatzanspruch auf Entzug des Pfandrechts an die Beklagte stellen. Nach §§ 829 und 857 ZPO sieht das Gericht die Beklagte als Drittschuldnerin nicht in der Pflicht.

Die Beklagte hat nicht gegen die Arrestatierung im Pfändungsbeschluss verstoßen. Mit der von ihr durchgeführten Dekonnektierung der Domains zum Anschluss das Vollstreckungsschuldners und der anschließenden Löschung hat sie nicht eine Leistung an diesen erbracht, sondern diesen an der weiteren Nutzung der Domains gehindert (§ 829 ZPO). Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar (§ 709 ZPO).

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.08.2012, Az. 31 C 2224/11


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