Blog-Hoster Verantwortlichkeit
Der Bundesgerichtshof urteilte am 25. Oktober 2011 in einem Rechtsstreit zwischen einem privaten Unternehmer und der in den USA ansässigen Firma, die hinter den bekannten Blog-Seiten blogger.com und blogspot.com steht. Auf deren Seite hatte eine dritte Person in einem Blog rufschädigende Vorwürfe über den Kläger veröffentlicht, woraufhin dieser Unterlassungsklage einlegte. Die Unterlassung bezog sich vorerst nur auf den Bereich Deutschlands, was in der Berufungssitzung auch nicht erweitert wurde. Das beklagte Unternehmen versuchte, die Klage vollständig abzuweisen. Dies lehnte der BGH ab und reichte den Fall dem Oberlandesgericht Hamburg zurück.
Der Kläger führte weiter aus, dass die beanstandeten Blogzeilen eine ehrenrührige Tatsachenbehauptung darstellen, die vom Verfasser vollständig frei erfunden wurden. Dies teilte er auch dem Blog-Hoster mit, der daraufhin aber nicht den Eintrag selbst überprüfte, sondern die Beschwerde lediglich weiterleitete. Technisch wäre es dem Unternehmen zwar möglich, die Einträge einzelner Nutzer zu verändern oder zu löschen, doch außer der Weiterleitung wurden keine weiteren Maßnahmen eingeleitet.
Obwohl das Unternehmen in den USA ansässig ist, bestätigte der BGH die Zuständigkeit deutscher Gerichte. Diese ist gegeben, sobald Publikationen im Internet einen direkten Bezug auf Deutschland zeigen, zum Beispiel wenn es wahrscheinlich ist, dass die Veröffentlichung mehr Aufmerksamkeit im Inland als in anderen Ländern findet und daher ein Konflikt im Inland entstehen kann. Da der Blog ein deutsches Publikum anspricht und die betroffenen Aussagen Bezug auf die Geschäftstätigkeit des Klägers in Deutschland nehmen, sieht das Gericht die Zuständigkeit als berechtigt an. Damit ist aber noch nicht die Haftbarkeit des amerikanischen Unternehmens gegeben. Diese leiteten die Gerichte mit einer ähnlichen Argumentation her: Da der Kläger in Deutschland wohnt und beruflich tätig ist, steht ihm persönlichkeitsrechtlicher Schutz dem deutschen Gesetz entsprechend zu.
Und nach diesem Gesetz ist der Hostprovider nur bedingt für Fremdinhalte verantwortlich. Nach den geltenden EU-Richtlinien können Hoster allgemein nicht strafrechtlich belangt oder zu Zahlungen von Schadensersatz verurteilt werden. Durch das Bereitstellen der technischen Infrastruktur für die Veröffentlichung von Blogs kann das Unternehmen nur als Störer belangt werden, da es zwar nicht selbst Täter ist, aber die Verbreitung der Aussagen unterstützt. Als Störer haftet der Provider dann, wenn dieser Verantwortungspflichten vernachlässigt, also beispielsweise nicht aktiv wird, sobald er Kenntnis von einer Straftat erlangt. Da das Unternehmen selbst nach der Beschwerde des Klägers nicht den beanstandeten Textauszug bearbeitete oder entfernte, lag genau dieser Fall vor.
Darüber hinaus ist der Provider angehalten, bemängelte Textstellen vorher auf ihren Inhalt zu prüfen. Vor allem bei Tatsachenfeststellung muss dieser gegebenenfalls auch eine Stellungnahme des Autors einholen, um die Aussage objektiv und unter Beachtung der Meinungsfreiheit und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte zu bewerten. Die Weiterleitung der Beschwerde war zwar ein richtiger, erster Schritt, der BGH sah jedoch im Ausbleiben einer Antwort Grund zur Annahme, dass die Beschwerde berechtigt war und der Provider den Eintrag problemlos hätte löschen können.
Da die Blog-Betreiber zwischenzeitlich auf Anordnung des Klägers dem Autor eine Abmahnung zukommen ließ, was die Sachlage, die zur Entscheidung beim Oberlandesgericht führte, änderte, wies der BGH das Verfahren wieder an das OLG Hamburg zurück.
BGH, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10