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Bindung an Produktbeschreibung bei Gebrauchtwagenverkauf über eBay

AG München, Urteil vom 11.12.2009, Az. 122 C 6879/09


Bindung an Produktbeschreibung bei Gebrauchtwagenverkauf über eBay

Ein Verkäufer haftet für die in der Beschreibung einer Gebrauchtwagen-Auktion bei eBay zugesicherten Eigenschaften des Fahrzeugs auch bei einem Gewährleistungsausschluss. Wenn er bewusst unrichtige Angaben macht oder Behauptungen aufstellt, von denen er weiß, dass sie falsch sein können, handelt er arglistig. In diesem Fall darf der Käufer ohne das Setzen einer Nacherfüllungsfrist vom Kaufvertrag zurücktreten. Das hat das Amtsgericht München entschieden (AG München, Urteil vom 11.12.2009, Az. 122 C 6879/09).
 
Sachverhalt
Der Kläger ersteigerte für 3.100 Euro auf eBay einen VW T4 Multivan. In der Auktionsbeschreibung war angegeben, das Fahrzeug habe Tempomat und Standheizung. Die Verkäuferin schloss wegen Privatverkaufs Garantie und Rücknahme aus. Bei der Übergabe durch den Ehegatten der Verkäuferin stellte der Kläger fest, dass der linke Seitenspiegel des Kleinbusses beschädigt war. Er handelte daher mit dem Überbringer einen Preisnachlass von 50 Euro aus. Die Kaufparteien füllten bei dieser Gelegenheit ein ADAC-Kaufvertragsformular aus.
 
Die böse Überraschung folgte, als der Kläger das Fahrzeug zu Hause näher inspizierte. Ein Tempomat war genauso wenig vorhanden wie die Standheizung. Am nächsten Tag erklärte der Kläger deshalb schriftlich Vertragsrücktritt. Da die Verkäuferin mit der Rückabwicklung des Kaufvertrags nicht einverstanden war, erhob er Klage.
 
Dagegen wehrte sich die Beklagte mit der Begründung, der ADAC-Kaufvertrag habe den über eBay geschlossenen Kaufvertrag ersetzt. Er enthalte keine Angaben bezüglich Tempomat und Standheizung, schließe jedoch die Sachmängelhaftung aus. Die Beklagte war der Meinung, der Kläger hätte vor Abschluss des ADAC-Kaufvertrags wissen können, dass der VW-Bus weder Tempomat noch Standheizung aufweist. Schließlich habe er das Fahrzeug bei der Übergabe gründlich überprüft. Außerdem sei der Kläger nicht wirksam vom Vertrag zurückgetreten, weil er keine Nacherfüllungsfrist gesetzt habe.
 
Das Amtsgericht München ließ sich von diesen Argumenten nicht überzeugen. Es gab der Klägerin recht und bejahte die Rückabwicklung des Kaufvertrags.
 
Urteilsbegründung
Anders als die Beklagte geht das Amtsgericht davon aus, dass die Parteien mit Ausfüllen des ADAC-Kaufvertragsformulars keinen neuen Kaufvertrag geschlossen haben. Vielmehr handle es sich beim ADAC-Kaufvertrag um eine Abänderung des über eBay geschlossenen Kaufvertrags. Dabei sei es ausschließlich um die Kaufpreisminderung wegen des defekten Seitenspiegels gegangen. Obwohl auf dem ADAC-Vertragsformular nichts bezüglich Tempomat und Standheizung vermerkt wurde, geht das Gericht nicht davon aus, dass die Parteien ihren Vertrag diesbezüglich anpassen wollten. Unter dem Titel "Der Verkäufer garantiert" hatten die Parteien nämlich vereinbart "gekauft wie bei Ebay angeboten [...]". Daher sieht die zuständige Richterin im Fehlen von Tempomat und Standheizung einen Sachmangel.
 
Die Vertragsparteien hätten auch keinen wirksamen Gewährleistungsausschluss beschlossen. Der Hinweis auf den Ausschluss von Garantie und Rücknahme in der Auktionsbeschreibung beziehe sich nicht auf die Beschaffenheitsangaben. Dies zeige sich deutlich im ADAC-Kaufvertrag, der unter der Rubrik "Der Verkäufer garantiert" Bezug nehme auf das eBay-Angebot. Ohnehin wäre der Gewährleistungsausschluss für zugesicherte Eigenschaften nach Ansicht des Gerichts ein widersprüchliches Verhalten, durch das sich die Beklagte nicht von der Gewährleistungspflicht befreien könnte.
 
Darüber hinaus erkennt das Amtsgericht im Verhalten der Beklagten Arglist. Es geht davon aus, dass sie zumindest wusste, dass die Angaben falsch sein können. Das arglistige Vortäuschen einer Eigenschaft sei aber gleichzubehandeln wie das arglistige Verschweigen eines Mangels. Verschweigt ein Verkäufer einen Mangel arglistig, bleibt ihm gemäß § 444 BGB die Berufung auf einen Haftungsausschluss verwehrt.
 
Ein Gewährleistungsausschluss ergibt sich nach Auffassung der zuständigen Amtsrichterin ebenso wenig daraus, dass der Kläger das Fahrzeug besichtigte und darum den Mangel hätte erkennen müssen. Bei arglistiger Täuschung durch den Verkäufer bewirke selbst eine grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers keinen Ausschluss der Gewährleistungsrechte nach § 442 Abs. 1 BGB.
 
Der Vertragsrücktritt des Klägers sei im Übrigen nicht gemäß § 323 Abs. 5 unzulässig wegen unerheblicher Pflichtverletzung der Beklagten. Denn bei arglistigem Verhalten liege keine unerhebliche Pflichtverletzung vor. Auch stehe dem Kläger das Rücktrittsrecht trotz seines Verzichts auf das Setzen einer Nacherfüllungsfrist zu. Denn bei arglistiger Täuschung durch den Verkäufer sei eine Fristsetzung unzumutbar und könne nach § 440 BGB entfallen.
 
AG München, Urteil vom 11.12.2009, Az. 122 C 6879/09


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