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Bewertungsportale: Löschpflicht nur bei konkreten Beanstandung

OLG Hamburg, Urteil vom 30.06.2016, Az. 5 U 58/13


Bewertungsportale: Löschpflicht nur bei konkreten Beanstandung

Bewertungsportale müssen eine Tatsachenaussage nicht entfernen, wenn die Löschanfrage keine konkreten Angaben enthält, weshalb die angegriffene Bewertung unwahr ist. Dies hat das Hanseatische Oberlandesgericht mit Urteil vom 30. Juni 2016 (Az. 5 U 58/13) in einem Fall entschieden, der das Hotelbewertungs- und Buchungsportal HolidayCheck betrifft.
 
Sachverhalt
Eine Nutzerin schrieb auf HolidayCheck eine negative Bewertung über ein Hamburger Hotel. Sie bemängelte unter anderem, der WC-Deckel habe zerschlagen im Waschbecken gelegen. Das Zimmer sei ziemlich abgewohnt und voller Scherben und Kaugummireste gewesen. Die HolidayCheck-Userin gab an, nach Beanstandung der Mängel ein neues Zimmer erhalten zu haben. Es sei allerdings ebenso wenig sauber gewesen wie das alte. So habe die Toilette "zum Himmel gestunken".
 
Die Betreiberin des Hotels hielt die kritische Bewertung für geschäftsschädigend und forderte von HolidayCheck die Löschung. Das Bewertungsportal reagierte prompt und verlangte weitere Informationen. Darauf ging die Hotelbetreiberin nicht ein und mahnte HolidayCheck ab. Nachdem die Bewertungsplattform die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verweigert hatte, erwirkte die Hotelbetreiberin vor dem Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung.
 
HolidayCheck löschte in der Folge die fragliche Bewertung, verzichtete hingegen auf eine Abschlusserklärung. Im Hauptsacheverfahren bestätigte das Landgericht den Unterlassungsanspruch der Hotelbetreiberin. Es war der Ansicht, das Bewertungsportal müsse eine Tatsachenbehauptung auf Aufforderung löschen, sofern es deren Wahrheit nicht beweisen könne. Gegen diese Entscheidung erhob HolidayCheck Berufung.
 
Aus den Gründen
Das Hanseatische Oberlandesgericht gibt HolidayCheck Recht. Es sieht die Verfahrensparteien zwar als Mitbewerber, denn die Bewertungsfunktion, mit der HolidayCheck den Absatz seiner Buchungsfunktion fördere, beeinträchtige den Wettbewerb der Klägerin. Eine unlautere Handlung im Sinne eines Anschwärzens von Mitbewerbern nach § 4 Nr. 2 UWG liege jedoch nicht vor. Die Bestimmung verbietet, geschäfts- und kreditschädigende Tatsachen über einen Konkurrenten zu behaupten oder zu verbreiten, sofern sie nicht nachweisbar wahr sind.
 
Das Gericht qualifiziert die Äußerungen der streitgegenständlichen Bewertung als Tatsachenaussagen. Vor allem die Behauptungen über den zerschlagenen WC-Deckel, die Kaugummireste und die Scherben seien beweisfähig. Auch die Aussagen über die Sauberkeit des Zimmers, den abgewohnten Zustand und die stinkende Toilette, die stark subjektiv geprägt seien, enthielten einen beweisbaren Tatsachenkern.
 
Grundsätzlich sei derjenige, der die Äußerungen tätige, darlegungs- und beweisbelastet. Angesichts der substantiierten Aussagen der fraglichen Bewertung treffe die Klägerin aber eine sekundäre Darlegungslast. Dies gelte umso mehr, als die behaupteten Tatsachen in ihrem Wahrnehmungsbereich lägen. Zusätzlichen Erklärungsbedarf ergebe sich aus dem Umstand, dass die Klägerin der HolidayCheck-Userin nach deren Beanstandung ein neues Zimmer zugewiesen habe. Die Klägerin genüge ihrer Darlegungslast nicht, wenn sie die Behauptungen der Bewertung pauschal als unwahr bezeichne, ohne näher darauf einzugehen. Ob die beanstandeten Äußerungen falsch seien, lasse sich daher nicht feststellen.
 
Zudem hat HolidayCheck die Aussagen der Bewertung nach Auffassung der Hamburger Richter nicht selbst behauptet. Das Bewertungsportal habe sich die Äußerungen nicht zu eigen gemacht. Dass die Portalbetreiberin Bewertungen vor deren Freigabe auf Beleidigungen und Eigenwerbung überprüfe, ändere nichts. Sie habe die fraglichen Angaben weder redaktionell auf ihre Richtigkeit geprüft noch sie in eigene redaktionelle Inhalte eingebunden.
 
Die Beklagte hafte auch nicht als Verbreiterin. Hiergegen spreche die Haftungsbeschränkung für Diensteanbieter gemäß §§ 7 Abs. 2, 8–10 TMG. Danach müssten Anbieter von Internetdiensten die von ihren Nutzern bereitgestellten Informationen nicht präventiv überprüfen. Voraussetzung sei, dass sie bei der Veröffentlichung der Informationen keine aktive Rolle einnähmen. Die statistische Aufbereitung der Bewertungen und ihre Prüfung auf Beleidigungen begründeten keine aktive Rolle von HolidayCheck. Das Unternehmen sei folglich erst verpflichtet, eine Bewertung zu löschen, wenn es von einer klaren Rechtsverletzung erfahre.
 
In der Löschanfrage der Klägerin sieht das Oberlandesgericht indes keinen Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung. Sie sei zu wenig konkret gewesen, als dass die Beklagte die Unwahrheit der angegriffenen Bewertung ohne weitere Prüfung hätte erkennen können. Dass die Portalbetreiberin deshalb von der Klägerin weitere Informationen verlangt habe, sei nachvollziehbar. Sie sei nicht zur sofortigen Löschung der Bewertung verpflichtet gewesen.
 
OLG Hamburg, Urteil vom 30.06.2016, Az. 5 U 58/13


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