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Aussage "bezahltes Gutachten” ist zulässig

Bezeichnung eines Doping-Gutachten als "bezahltes Gutachten” ist äußerungsrechtlich zulässig


Das Kammergericht (KG) in Berlin hat mit seinem Urteil vom 20.06.2011 unter dem Aktenzeichen 10 U 170/10 die Berufung einer bekannten Eisläuferin gegen das Urteil der Vorinstanz zurückgewiesen.

Die Klägerin wurde für zwei Jahre von ihrem Berufsverband (ISU) gesperrt, weil bei ihr der Verdacht auf Doping vorlag. Die Sperre wurde durch den Internationalen Sportgerichtshof bestätigt. Hiergegen legte die Klägerin zum Schweizerischen Bundesgericht Revision ein und machte geltend, die Messwerte resultierten aus einer Blutanomalie. Ein Arzt bestätigte dies und bemerkte, die Blutanomalie könnte sie vom Vater geerbt haben. All diese Ergebnisse waren Thema einer Pressekonferenz.

Die Beklagte hatte sich damit als Journalistin beschäftigt und bezweifelt die Behauptung einer Blutanomalie. Sie veröffentlichte in einem Internetblog die Ansicht, es habe sich bei der Diagnose wohl um ein bezahltes Gutachten gehandelt und Wissenschaftler würden den Wahrheitsgehalt des Gutachtens bezweifeln. 

Die Klägerin bezeichnet diese Vorhaltungen als unwahr. Sie habe keine Zahlungen an ihren Arzt geleistet, um dessen Aussage zu beeinflussen. Sie beantragte, es der Beklagten zu untersagen, derartiges wie geschehen in Bezug auf sie zu behaupten. 

Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen, weil es die Äußerung für rechtmäßig hielt. Denn in erster Linie handele es sich bei den Äußerungen der Beklagten um Meinungen. Der Tatsachenkern entspreche sogar der Wahrheit, weil die Klägerin das Gutachten in Auftrag gegeben habe. Es sei nicht verboten, die Objektivität eines Gutachtens anzuzweifeln. 

Gegen dieses Urteil legte die Klägerin sofort Berufung ein und begründete diese zwei Monate später damit, dass der Aussagegehalt vom Gericht nicht zutreffend erkannt worden sei. Das Wort "bezahlt" würde nahe legen, dass die Klägerin für ein vorgegebenes Ergebnis des Gutachtens bezahlt habe und nicht für die Erstellung. Dies werte das Gutachten als ein bloßes Gefälligkeitsgutachten ab. Die Beklagte möchte der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln, durch Bezahlung sei das Ergebnis beeinflusst worden. Ein derartiges Tun verletze das Persönlichkeitsrecht der Klägerin. 

Doch das KG Berlin schließt sich der Vorinstanz an. Denn nach Abwägung der in Frage kommenden Grundrechtspositionen, nämlich die der Meinungsfreiheit der Beklagten und die des Persönlichkeitsrechts der Klägerin ergebe es sich, dass die Äußerung der Beklagten rechtmäßig sei und hingenommen werden müsse.

Das LG habe zu Recht ausgeführt, dass es sich bei den Äußerungen um eine Mischung aus Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptungen handele und entscheidend durch Elemente des Dafürhaltens und der Stellungnahme geprägt seien. Daher unterfalle die Äußerung dem Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 GG. Hierbei sei nicht wesentlich, ob Behauptungen tatsächlicher Art enthalten seien.

Der Leser dieser Äußerungen gehe von einer besonders sachkundigen Wertung des Verfassers aus, welche richtig oder falsch sein könne. Wahr oder unwahr könne sie jedoch nicht sein.

Wahr oder unwahr könne allenfalls die Behauptung sein, die Klägerin habe mit Hilfe von Geld ein bestimmtes Ergebnis in dem Gutachten erzielen wollen. Doch diese Äußerung sei in die Meinungsäußerung eingebettet und vom Grundrecht auf die Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Es sei ihr im Übrigen nicht zu entnehmen, dass der Gutachter mittels Geld zum entsprechenden Ergebnis gekommen sei. Denn Auftraggeber von Privatgutachtens müssen diese regelmäßig bezahlen. Wer als Prozesspartei ein bestimmtes Anliegen verfolgt, wird kein nachteiliges Privatgutachten vorlegen, sondern regelmäßig eines, welches die Auffassung des Auftraggebers stützt. Es dürfe also nicht "Bezahlung" des Gutachters mit "Einflussnahme auf das Ergebnis" gleichgesetzt werden.

Kammergericht (KG) Berlin, Urteil vom 20.06.2011, Aktenzeichen 10 U 170/10


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