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Auskunftsanspruch eines Online-Blogs gegen die Staatsanwaltschaft?

Landgericht Augsburg, Beschluss v. 31.05.2016, Az.: Au 7 E 16.251


Auskunftsanspruch eines Online-Blogs gegen die Staatsanwaltschaft?

Ein für einen Internetblog tätiger Autor hatte vom Pressesprecher der Staatsanwaltschaft A. unter Bezugnahme auf den Auskunftsanspruch von Pressevertretern Auskunft über den Anteil eingestellter bzw. zu einem erfolgreichen Ermittlungsabschluss gebrachter Verfahren wegen politisch motivierter Straftaten aus dem rechten Spektrum, die dem Bayerischen Landeskriminalamt gemeldet worden waren, begehrt. Daraufhin hatte er eine Liste mit Strafverfahren der "Politisch Motivierten Kriminalität rechts" erhalten. Darin waren noch laufende Verfahren und bereits abgeschlossene Verfahren entsprechend gekennzeichnet, letztere unter Angabe der jeweiligen Erledigungsart. Ein erneutes Auskunftsbegehren bezüglich etwaiger weiterer Erledigungen einige Wochen später wurde durch den Pressesprecher zurückgewiesen.

Der Autor beantragte daraufhin bei Gericht, die Staatsanwaltschaft per einstweiliger Anordnung zur Auskunftserteilung zu verpflichten. Als Vertreter der Presse stehe ihm nach Art. 4 BayPrG ein Auskunftsanspruch gegenüber Behörden zu. Bei dem Internetblog, in dem er tätig sei, handele es sich nach Verbreitungsart und Gestaltung sowie im Hinblick auf das Grundrecht der Pressefreiheit um ein Presseorgan und nicht lediglich ein - wie die Staatsanwaltschaft meinte - offenes Diskussionsforum. Es gebe eine Reihe fester Mitarbeiter, zu denen auch er gehöre, eine redaktionelle Betreuung der veröffentlichten Artikel und einen presserechtlich verantwortlichen Chefredakteur. Die Berichterstattung unterscheide sich nicht von der anderer Online- oder Printmedien. Offene Diskussionen seien auf die Leserbriefen vergleichbaren Kommentarspalten beschränkt. Der Antragsgegner hielt den Antrag für ebenso unzulässig wie unbegründet. Der Antragsteller habe sich nicht durch einen zur Legitimation geeigneten bundeseinheitlichen Presseausweis ausweisen können. Die beigebrachte Bestätigung seiner regelmäßigen journalistischen Tätigkeit als freier Autor für den Blog reiche nicht aus. Der Blog sei kein Presseorgan, sondern ein offenes Diskussionsforum. Auch der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft zuvor eine teilweise Auskunft erteilt habe, begründe keinen Anspruch auf Auskunft. Das LG Augsburg hat den Antrag als unbegründet abgelehnt. Es liege kein Anordnungsgrund vor, weil dem Antragsteller das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung zumutbar sei. Da das Auskunftsbegehren sich nicht auf aktuelle Strafverfahren beziehe, werde der Anspruch auf tagesaktuelle Berichterstattung durch Zuwarten nicht wesentlich beeinträchtigt. Überdies fehle es an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller habe keinen presserechtlichen Anspruch auf Auskunft nach Art. 4 BayPrG, weil der Blog kein Organ der Presse sei. Das gesetzliche Auskunftsrecht gegenüber Behörden gelte für die Presse sowie für Pressebüros, Nachrichtenagenturen und ähnliche Unternehmen. Ausgeübt werden könne es gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG nur "durch Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter von Zeitungen oder Zeitschriften", also nur durch Personen, die sich nachweislich einem Presseorgan zuordnen ließen, das Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung nehme. Dies könnten auch "feste freie" Journalisten sein, die regelmäßig für ein Pressemedium journalistisch tätig seien und dies durch eine "Autorenbestätigung" nachweisen könnten. Darauf komme es jedoch im vorliegenden Fall nicht an, weil dem Blog schon die Eigenschaft als Presseunternehmen gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG fehle. Vielmehr handele es sich laut Impressum um ein Gemeinschaftsprojekt, bei dem es um das Thema "Rechtsextremismus und Strategien gegen Neonazis" gehe. Im Rahmen der Blogregeln stehe der Blog jedermann zur Veröffentlichung von Beiträgen offen, die lediglich frei von rechtsextremem Gedankengut sein und einen Bezug zum Blogthema aufweisen müssten. Ein solches Internetdiskussionsforum, das öffentlich und für jedermann zugänglich sei, sei kein Organ der Presse, insbesondere weder eine Zeitung noch eine Zeitschrift. Personen, die wie der Antragsteller Beiträge für den Blog verfassten, seien auch keine Redakteure oder von ihnen ausgewiesene Mitarbeiter gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG. Die Gleichstellung eines Diskussionsforums im Internet mit einem Presseorgan und die entsprechende Legitimation der Beitragsverfasser würde dazu führen, dass der gesetzliche Auskunftsanspruch der Presse zu einem allgemeinen Auskunftsrecht würde. Dadurch würde die Arbeit der Behörden ebenso beeinträchtigt werden wie das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der im Einzelfall betroffenen Personen.

Landgericht Augsburg, Beschluss v. 31.05.2016, Az.: Au 7 E 16.251


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