Anschlussinhaber haftet nicht bei P2P-Urheberrechtsverletzungen
Das Landgericht Köln beschäftigt sich in seinem Urteil vom 11. September 2012 (Az. 33 O 353/11) mit einem Dauerbrenner: dem illegalen Filesharing in Mehrpersonenhaushalten. Bislang vertrat es die Auffassung, der Anschlussinhaber hafte immer als Störer, wenn er die anderen Nutzer – auch den Ehepartner – nicht ausreichend kontrolliert habe (siehe LG Köln, Beschluss vom 21.01.2011, Az. 28 O 482/10). Mit der vorliegenden Entscheidung schwenkt das Landgericht auf die familienfreundlichere Linie des Oberlandesgerichts Köln ein.
Die Kölner Landrichter gehen von der vermuteten Täterschaft des Anschlussinhabers aus. Dieser kann die Tätervermutung allerdings erschüttern, indem er darauf hinweist, dass Mitbewohner ebenfalls Zugriff auf das Internet haben. Dann ist es am Kläger, darzulegen (und zu beweisen), wer die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Geht der Verstoß von einem Minderjährigen aus, haftet der Anschlussinhaber als Störer, sofern er seine Überwachungspflicht vernachlässigt hat. Gegenüber dem Ehepartner existiert keine vergleichbare Kontrollpflicht, deren Verletzung eine Haftung des Anschlussinhabers auslöst.
Sachverhalt
Die Herstellerin eines Computerspiels stellte fest, dass ihr Spiel vom Internetanschluss des Beklagten über eine Tauschbörse zum Download angeboten wurde. Nach erfolgloser Abmahnung des Anschlussinhabers, eines Ehemanns und Vaters zweier Kinder, klagte die Rechteinhaberin auf Unterlassung und Erstattung der Anwaltskosten.
Im Verlauf des Verfahrens gab der Beklagte die gewünschte Unterlassungserklärung ab. Im Übrigen beantragte er die Abweisung der Klage. Er gab an, abgesehen von ihm hätten auch seine Frau und die Kinder Zugriff auf das Internet. Gleichzeitig bestritt er, dass das Computerspiel von ihm oder einem anderen Familienmitglied zum Download angeboten worden sei. Das Landgericht Köln wies die Klage zurück.
Urteilsbegründung
Zuerst prüft das Landgericht, ob der Beklagte als Täter haftet. Dabei folgt es den Grundsätzen, die das Oberlandesgericht Köln in seinem Urteil vom 16. Mai 2012 (Az. 6 U 239/11) aufgestellt hat. Die genannte Entscheidung zitierend führen die Landrichter aus, die Beweislast liege beim Anspruchsteller. Er profitiere jedoch von der tatsächlichen Vermutung, der Anschlussinhaber sei der Täter. Bestreite dieser seine Täterschaft, müsse er im Rahmen der sekundären Darlegungslast die ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs vortragen. Allerdings führe die Tätervermutung zulasten des Anschlussinhabers nicht zu einer Beweislastumkehr. Der Anschlussinhaber müsse weder beweisen, dass er den Verstoß nicht begangen habe, noch müsse er den wahren Täter ermitteln.
Dementsprechend widerspricht das Landgericht Köln der Auffassung der Klägerin, der Beklagte habe klarzustellen, dass ausschließlich ein Dritter und nicht er die Rechtsverletzung begangen haben könne. Um die Vermutung seiner Täterschaft zu erschüttern, genügt es nach Auffassung der 33. Zivilkammer, wenn der Anschlussinhaber glaubhaft darlegt, dass neben ihm auch Mitbewohner infrage kommen.
Indem der Beklagte aufgezeigt habe, dass seine Ehefrau und die Kinder ebenfalls auf den Internetanschluss zugreifen konnten, sei er seiner Darlegungslast nachgekommen. Daher sei es an der primär beweisbelasteten Klägerin gewesen, darzulegen und eventuell zu beweisen, dass der Beklagte die fragliche Rechtsverletzung begangen habe. Da die Klägerin diesbezüglich nichts vorgetragen habe, komme eine Haftung des Beklagten als Täter nicht in Betracht.
Im zweiten Schritt prüft das Landgericht, ob der Beklagte als Störer haftet, weil er eine ihm zumutbare Prüfpflicht verletzt hat. Es geht unter Bezugnahme auf das erwähnte Urteil des Oberlandesgerichts Köln davon aus, dass der Anschlussinhaber nicht verpflichtet ist, die Internetnutzung des Ehepartners ohne konkreten Anlass zu kontrollieren.
Gegenüber den Kindern bestehe zwar eine Überwachungspflicht, deren Verletzung eine Störerhaftung begründen könne. Ob eine allfällige Pflichtverletzung des Beklagten für den strittigen Urheberrechtsverstoß kausal sei, stehe aber nicht fest. Es habe an der Klägerin gelegen, schlüssige Fakten für eine Täterschaft der Kinder vorzubringen. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin bei der Störerhaftung im Gegensatz zur Täterhaftung von keiner Vermutung zulasten des Anschlussinhabers profitiere. Die Behauptung der Klägerin, ihr Computerspiel richte sich vor allem an Jugendliche, reiche nicht, um anzunehmen, eines der Kinder habe das Spiel zum Download angeboten. In der Folge sei eine Störerhaftung des Beklagten zu verneinen.
LG Köln, Urteil vom 11.09.2012, Az. 33 O 353/11