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Angaben im Fahrzeuginserat sind Beschaffenheitszusage

OLG Hamm, Urteil vom 21.07.2016, Az. 28 U 2/16


Angaben im Fahrzeuginserat sind Beschaffenheitszusage

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 21. Juli 2016 (Az. 28 U 2/16) entschieden, dass Angaben im Fahrzeuginserat beim Autokauf eine konkludent vereinbarte Beschaffenheit darstellen. Der Verkäufer kann die in der Anzeige veröffentlichten Details nur widerrufen, wenn er den Kaufinteressenten vor Vertragsschluss klar darüber informiert. Ein von der Annonce abweichender Kaufvertrag genügt nicht.

Sachverhalt
Der Kläger fand auf mobile.de das Angebot einer BMW-Vertragshändlerin für einen BMW X1 sDrive 1.8d, der gemäß Inserat eine Freisprecheinrichtung mit USB-Anschluss aufweisen sollte. Nachdem der Kläger die Händlerin angerufen hatte, übermittelte sie ihm ein Bestellformular. Das Formular wiederholte bloß wenige der in der Annonce erwähnten Ausstattungsdetails. Die Freisprechanlage mit USB-Schnittstelle war nicht darunter. Dafür war das Vertragsformular mit der Formel "Irrtümer und Zwischenverkauf vorbehalten" versehen.
Dessen ungeachtet sandte der Kläger das unterschriebene Bestellformular zurück. Als er das Auto abholte, fiel ihm noch auf dem Heimweg auf, dass die gewünschte Freisprecheinrichtung nicht vorhanden war. Verärgert kontaktierte er die Verkäuferin. Letztere stellte sich auf den Standpunkt, in der Annonce auf mobile.de sei keine Rede gewesen von einer Freisprecheinrichtung oder einem USB-Anschluss. Einen Ausdruck des Inserats, mit dem der Kläger das Gegenteil belegen wollte, akzeptierte sie nicht. Der Kläger erklärte in der Folge Vertragsrücktritt und verlangte unter Fristsetzung die Rückabwicklung des Kaufvertrags.
Nachdem die BMW-Händlerin darauf nicht eingetreten war, ging der Kläger gerichtlich gegen sie vor. Er forderte die Rückerstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung und die Feststellung des Annahmeverzugs.
Die Beklagte wiederholte im Verfahren die Behauptung, die Freisprechanlage sei kein Bestandteil der Internet-Anzeige gewesen. Allerdings konnte sie dem Gericht keinen Ausdruck des Originalinserats vorlegen. Sie machte geltend, die Annonce sei ohnehin nur eine unverbindliche invitatio ad offerendum. Der Vertrag sei durch das unterschriebene Bestellformular zustande gekommen, das keine entsprechenden Angaben enthalten habe. Eine Original-Freisprechanlage lasse sich nachträglich nicht installieren. Doch unter "Freisprecheinrichtung" sei nicht zwingend eine Werksausstattung zu verstehen. Es existierten kostengünstige Nachrüstlösungen über Bluetooth.
Das Landgericht Bochum gab der Klage mit Urteil vom 30. November 2015 (Az. 8 O 154/15) statt. Es glaubte der Beklagten nicht, dass die Annonce im Original keine Angaben zur Freisprechanlage enthielt. Zudem wurden die Vorfeldangaben des Inserates seiner Ansicht nach nicht durch die - lediglich beispielhaften - Aufzählungen des Bestellformulars widerrufen.

Urteilsbegründung
Das Oberlandesgericht Hamm bestätigt die landgerichtliche Entscheidung. Wie das Landgericht geht es aufgrund der Beweisaufnahme davon aus, dass das Ausstattungsmerkmal "Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle" im Inserat enthalten war.
Die Richter halten die in der Annonce veröffentlichten Eigenschaften für vertragswirksam. Eine Internet-Anzeige sei zwar als bloße Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (invitatio ad offerendum) keine Willenserklärung. Ihre Angaben seien - zumindest im Autohandel - als Bestandteil einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung dennoch verbindlich.
Die Beschaffenheitsvereinbarung werde nicht durch den Irrtumsvorbehalt im Bestellformular außer Kraft gesetzt. Der Kaufinteressent dürfe erwarten, dass der Verkäufer irrtümlich gemachte Angaben noch vor dem Vertragsschluss berichtige.
Unter dem Ausstattungsmerkmal "Freisprecheinrichtung mit USB-Anschluss" verstehe der verständige Kaufinteressent auch nicht eine Nachrüstlösung aus dem Zubehörhandel. Dies gelte umso mehr, als die Freisprecheinrichtung in der Auflistung des Inserats zwischen dem "Bordcomputer" und dem "Radio BMW Professional" gestanden habe, die beide zur Werksausstattung gehörten.
Dass die Freisprecheinrichtung im Bestellformular fehlte, kommt für den Senat keinem Widerruf der entsprechenden Beschaffenheitsvereinbarung gleich. Ein gewerblicher Autohändler könne nach herrschender Praxis eine Vorfeldangabe zur Beschaffenheit lediglich zurücknehmen, indem er vor Vertragsschluss eindeutig darüber informiere. Das Weglassen der Freisprechanlage könne verschiedene Gründe haben, etwa, dass sie aus Sicht der Beklagten ein unwichtiges Detail sei. Eine klare Information über die Rücknahme einer Beschaffenheitszusage sei darin nicht zu sehen.
Eine Frist zur Nacherfüllung habe der Kläger nicht setzen müssen. Das Oberlandesgericht versteht die Mitteilung der Beklagten, sie habe die Freisprechanlage in ihrer Internet-Annonce nicht erwähnt, so, dass sie die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Außerdem sei die Nacherfüllung unmöglich, zumal sich eine originale BMW-Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle nicht nachträglich einbauen lasse. Mit dem Einbau der Freisprechanlage eines Drittanbieters sei die auf eine Original-Freisprechanlage gerichtete Beschaffenheitsvereinbarung jedoch nicht zu erfüllen.

OLG Hamm, Urteil vom 21.07.2016, Az. 28 U 2/16


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