Amtsenthebung einer Schöffin wegen Facebook-Hetze
Mit Beschluss vom 25.05.2016 hat das Kammergericht Berlin (Az. 3 ARs 5/16) die Amtsenthebung einer Gerichtsschöffin von ihrem Schöffenamt gemäß § 51 Abs. 1 GVG beschlossen.
Für die Enthebung vom Schöffenamt ausschlaggebend waren mehrere von der Schöffin via Facebook verbreitete Postings mit menschenverachtendem, hetzerischem und ausländerfeindlichem Inhalt. In ihren Postings plädierte die Schöffin für die Wiedereinführung körperlicher Strafen und der Todesstrafe und sprach sich für Selbstjustiz aus. Das Kammergericht Berlin beurteilte dieses Verhalten als gröbliche Verletzung der Amtspflichten einer Schöffin.
Die ehrenamtliche Richterin fiel am 15.12.2015 auf Facebook mit einer Veröffentlichung auf, die unter dem Titel "Schützt unsere Kinder" mehrere unbekleidete, gefesselte Männer zeigte, deren Genitalien von Ratten abgefressen werden. Der Kommentar der Schöffin unter dem Bild lautete: "Das sollte man wieder einführen ganz ehrlich was sind das denn heute für Strafen kosten nur unnötig Geld dem Steuerzahler und sind ganz ehrlich nicht zu heilen!" Es folgte ein nicht weniger menschenverachtendes Posting am 25.02.2016 in Form eines Bildes, auf dem Pistolenmunition mit dem Zusatz "Auch ein Kinderschänder sollte was im Kopf haben!" abgebildet war. Zwei Tage darauf folgte am 27.02.2016 ein weiteres Bildposting auf Facebook, das eine Figur aus der "Saw"-Filmreihe zeigt und mit der Bemerkung "Verletze mein Kind und ich lasse deinen Tod wie einen Unfall aussehen" versehen ist. Die Schöffin stimmte dieser Hassbotschaft zu mit der Bemerkung "Ohhhh jaaaaa!". Der jüngste dem Schöffenwahlausschuss vor dem Antrag vorliegende Beitrag der Kollegin stammte vom 01.04.2015 und war ausländerfeindlicher Natur. Darin sprach sie Asylanten das Menschsein ab und sah in ihnen pauschal "Halbwilde" und "Tiere".
Diese Veröffentlichungen führten zum Antrag des Vorsitzenden des Schöffenwahlausschusses, die Schöffin gemäß § 51 GVG wegen gröblicher Verletzung der Amtspflicht ihres Amtes zu entheben.
In ihrer schriftlich vorgetragenen Verteidigung gab die Schöffin an, ihre Postings auf Facebook stammten nicht von ihr selbst. Ihr Ehemann sei der Urheber der Hassbotschaften. Im Rahmen des Amtsenthebungsverfahrens bemerkte das Kammergericht am 04.05.2016 ein weiteres Facebook-Posting unter dem Facebook-Konto der Schöffin. Dieses Mal handelte es sich um eine Karikatur mit der Forderung nach Zwangskastrationen für Pädophile. Auch in der Befragung zu dieser Veröffentlichung behauptete die Schöffin, nicht die Urheberin zu sein. Auch dieses Posting stamme von ihrem Mann und sie selbst habe erst im Verfahren gegen sie davon erfahren. In einem Gedicht, das auf der gleichen Seite zu finden war, wurde zur Todesstrafe für die gleiche Tätergruppe aufgerufen.
Das Gericht lehnte einerseits die Erklärungen der Schöffin ab und ist davon überzeugt, dass die Postings von ihr stammen. Die Schöffin blieb der Erklärung schuldig, weshalb die Veröffentlichungen auf ihrem Facebook-Konto von ihren Mann stammen solle. Es sei zudem nicht plausibel, dass sie über die Zeit von Monaten keine Kenntnis von diesen Postings auf ihrem Profil gehabt haben soll. Somit stufte das Gericht die Erklärung der Schöffin als Schutzbehauptung ein. Die Veröffentlichungen zeigten zudem eine gewisse Einheitlichkeit mit sonstigen Inhalten auf dem Facebook-Profil, wo über einen längeren Zeitraum immer wieder Beiträge zu Themen wie Strafverfolgung zu finden waren.
Zudem ist das Gericht überzeugt von der Verletzung der Amtspflichten durch die Schöffin. Entgegen ihrer als Schöffin besonders hohen Verpflichtung gegenüber dem Grundgesetz, wird aus ihren Veröffentlichungen klar, dass sie ganzen Personengruppen die Grundrechte abspricht. Die aus den Postings hervorgehenden Standpunkte sind mit der Verfassung und damit der Amtsverpflichtung einer Schöffin in einem Rechtsstaat unvereinbar. Die Einheitlichkeit und Radikalität der Veröffentlichungen sprechen zudem gegen einzelne Entgleisungen. Ein menschenverachtendes Weltbild, in dem Selbstjustiz rechtsstaatlicher Ordnung vorgezogen wird, ist erkennbar.
Die Enthebung vom Schöffenamt gemäß § 51 Abs. 1 GVG sieht das Kammergericht Berlin daher in seinem Beschluss als begründet an.
KG Berlin, Beschluss vom 25.05.2016, Az. 3 ARs 5/16
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Thorsten Johannes
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