AG Köln verlangt für seine Zuständigkeit Sachnähe
Das Internet ist überall - oder nicht? Ein Kölner Amtsgericht hat in einem ihm vorgelegten Fall entschieden, diesen nicht entscheiden zu wollen. Nicht zuständig sei das Gericht, erklärte der Kölner Richter und verwies den Rechtsstreit an die Hamburger Kollegen, von deren Zuständigkeit er überzeugt war.
Kölner Amtsgericht fühlt sich nicht zuständig
In dem Rechtsfall ging es um eine vermeintliche Verletzung von Urheberrechten, die der Kläger einem Internetnutzer vorgeworfen hatte. Dieser soll, so der Vorwurf, urheberrechtlich geschützte Werke für den Download durch andere Internetnutzer bereitgestellt haben, ohne dabei die hierfür notwendige Zustimmung des Urhebers eingeholt zu haben. Der Kläger rief dabei das Amtsgericht Köln an, das sich dem Fall annehmen sollte. Das Gericht lag dabei von dem Wohnsitz des Beklagten weit entfernt.
Der Kölner Richter war aber nicht gewillt, sich mit dem Fall auseinanderzusetzen. Immerhin fühlte er sich örtlich für nicht zuständig. Gemäß § 32 ZPO (Zivilprozessordnung) ist für "Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist". Nun könnte die Auffassung vertreten werden, dass die unerlaubte Handlung (Herunterladen der urheberrechtlich geschützten Datei, die der Beklagte im Internet angeblich zur Verfügung gestellt hatte) rein theoretisch auch in dem Bezirk des Amtsgerichts Köln möglich wäre, was dessen Zuständigkeit begründen würde.
Ein einfacher Eventualvorsatz reicht nicht aus
Der Kölner Richter wies diese theoretische Möglichkeit erst gar nicht von der Hand, denn es dürfte dem Beklagten "kaum unbekannt gewesen sein, dass die daraus folgende Herunterlademöglichkeit – auch – im Bezirk des angerufenen Gerichts bestehen würde". Insofern warf ihm der Richter vor, sofern der Beklagte die Rechtsverletzung überhaupt begannen hat, diese Möglichkeit "billigend in Kauf genommen" zu haben. Aber reicht dieses "billigend in Kauf nehmen" dafür aus, um die Zuständigkeit des Amtsgerichts Köln zu begründen?
Diese Frage verneinte das Gericht im Endeffekt. Denn wer etwas ins Internet hochlädt, was urheberrechtlich geschützt ist, nimmt die Gefahr auf, dass dies bundesweit, wenn nicht sogar international heruntergeladen werden kann. Soll jetzt jedes Gericht auf der Welt zuständig sein? Nein, denn nach Ansicht des Kölner Richters reiche der Eventualvorsatz (billigend in Kauf nehmen) nicht aus; es bedarf schon einer "Absicht im engeren Sinne, d.h. es hätte ihm darauf ankommen müssen, dass hier (entsprechender Kölner Bezirk) heruntergeladen werden kann". Nur dann ließe sich die Zuständigkeit des Gerichts rechtfertigen, vor dem der Beklagte verklagt werden soll.
§ 32 ZPO hat einen Sinn: Sachnähe, die im vorliegenden Fall nicht gegeben ist
Eine andere Auffassung würde dem eigentlichen Normzweck des § 32 ZPO nicht gerecht werden, führte das Amtsgericht weiter aus. Der Normzweck "geht dahin, dass das Gericht eine gewisse Sachnähe haben soll, etwa weil typischerweise im gleichen Großraum Zeugen ansässig sind oder eine Ortsbesichtigung stattzufinden hat". Dies sei vorliegend nicht der Fall. Würde nun "für die Bestimmungsgemäßheit" ausreichen, "dass die Herunterlademöglichkeit lediglich billigend in Kauf genommen wird", besteht die Gefahr, dass Kläger jedes Gericht anrufen können, selbst die, "die keinerlei näheren Sachbezug haben als andere. Dies ist abzulehnen". Gerade weil das Amtsgericht keine besondere Sachnähe zu dem Fall hat, könne es auch nicht zuständig bzw. "zuständiger" sein als andere Gerichte.
AG Köln, Beschluss vom 1.8.13, Az. 137 C 99/13