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910 Euro für Eintrag in Branchenbuch ist Wucher

LG Wuppertal, 9 S 40/14


910 Euro für Eintrag in Branchenbuch ist Wucher

Das Landgericht (LG) in Wuppertal hat mit seinem Beschluss vom 05.06.2014 unter dem Az. 9 S 40/14 entschieden, dass eine Rechnung in Höhe von 910 Euro pro Jahr als Gegenleistung für einen Eintrag in einem ziemlich unbekannten Branchenverzeichnis Wucher darstellt. Dies gelte jedenfalls dann, wenn das Verzeichnis so wenig bekannt ist wie vorliegend und die Art und Weise der Anmeldung offensichtlich nur den Sinn hat, den Nutzer zu überrumpeln. Ein Verzeichnis gilt dann als wenig bekannt, wenn es anhand einer Suchmaschinenrecherche nicht unter den ersten 5 Trefferseiten zu finden ist. Der Eintrag in ein solches unbekanntes Verzeichnis sei daher als wertlos anzusehen.

Damit wies das LG die Berufung des Klägers zurück und führte aus, es sei nicht ersichtlich, dass das vorangegangene Urteil rechtsverletzend ist.
Zu Recht habe das Amtsgericht eine Sittenwidrigkeit festgestellt. Der Vertrag über die Eintragung in ein Branchenverzeichnis erfülle die Kriterien für wucherähnliche Rechtsgeschäfte im Sinne des § 138 BGB. Solche Rechtsgeschäfte zeichne ein objektiv bestehendes und auffallendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aus sowie ein Offenbarwerden einer verwerflichen Gesinnung.
Das sei hier der Fall. Denn die Klägerin liefere für 910 Euro eine Gegenleistung, die quasi wertlos ist, da es sich dabei um einen Eintrag in ein Branchenverzeichnis handele, das nicht weiter bekannt sei. Dieser mangelnde Bekanntheitsgrad ergebe sich daraus, dass die Seite nicht unter den ersten 5 Treffern erscheine, wenn man bei Google und anderen Suchmaschinen danach suche. Diesen Zustand könnte die Klägerin leicht abstellen, aber sie habe daran offensichtlich kein Interesse. Das ergebe sich daraus, dass die Klägerin keinen Zähler in ihre Seite eingebaut habe, der die Besucherzeahlen dokumentiert. Sie wisse daher nicht einmal, wie viele Besucher ihre Seite habe.
Sie könne sich auch nicht auf die Üblichkeit der Gebührenhöhe berufen, denn wenn es ähnliche Seiten wie die der Klägerin gebe, seien diese genauso wertlos.
Auch die Kriterien eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts seien gegeben. Dass der Beklagte Kaufmann ist, begründe zwar in der Regel die Widerlegung der Vermutung, als Benachteiligter ausgenutzt werden zu sollen, man könne jedoch eine verwerfliche Gesinnung bei der Klägerin erkennen. Diese folge aus der Verwendung des "Brancheneintragungsantrages" als ihrem Angebot. Es sei ersichtlich darauf ausgerichtet, den Adressaten über den Gegenstand des Schreibens und die damit verbundenen Folgen im Unklaren zu lassen. Ein "normales" Angebot, das unaufgefordert zugesandt wird, zeichne sich in der Regel dadurch aus, dass der Absender den Adressaten von den Vorteilen des
Vertragsschlusses überzeugen möchte. Im vorliegenden Fall jedoch werde ihm die Kenntnisnahme des Vertrags erschwert. Im Zusammenhang mit dem groben Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung könne das Verhalten der Klägerin nur den Zweck verfolgt haben, den Beklagten zu überrumpeln.

LG Wuppertal, Beschluss vom 05.06.2014, Az. 9 S 40/14


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