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60.000,- EUR Schadensersatz für Presse-Fotos

LG Hamburg, Urteil vom 25.09.2015, Az. 324 O 161/15


60.000,- EUR Schadensersatz für Presse-Fotos

Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 25. September 2015 entschieden, dass ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 60.000 € begründet sein kann, wenn ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vorliegt. In dem Rechtsstreit wurden Fotografien von der Ehefrau eines ehemaligen deutschen Formel-1-Piloten, der auf der ganzen Welt bekannt ist, erstellt. Die Bilder zeigten sie bei ihrem Krankenhausbesuch nach einem schicksalhaften Unfall des Rennfahrers. In diesem Fall kann die Pressefreiheit hinter dem Persönlichkeitsrecht zurücktreten.

Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Bei der Klägerin handelte es sich um die Ehefrau eines verunglückten Rennfahrers. Nach seinem Skiunfall wurde er nicht mehr öffentlich gesehen. Nachdem die Journalisten von dem tragischen Schicksalsschlag erfahren hatten, versammelten sie sich vor dem Krankenhaus, in dem er intensivmedizinisch versorgt worden ist. In den Medien wurde rasch über die regelrechte Belagerung des Geländes berichtet. Die Klinikleitung forderte die Journalisten daraufhin auf, das Gelände zu verlassen. Am fünften Tag nach dem Ereignis suchte die Klägerin den Ehemann in der Klinik auf, da dieser an jenem Tag seinen Geburtstag hatte. Im Rahmen des Krankenhausbesuches entstanden die streitgegenständlichen Fotoaufnahmen. Bei der Beklagten handelte es sich demgegenüber um die Verlegerin von diversen Zeitschriften. Seit 2014 hatte sie umfänglich über das Schicksal des Rennfahrers berichtet. Dagegen konnte die Klägerin eine Vielzahl von einstweiligen Verfügungen erwirken.

Die Klägerin war aufgrund der erstellten Fotos der Ansicht, dass Beklagte ihr grundrechtlich geschütztes Persönlichkeitsrecht regelmäßig verletzt habe. Bei den Berichterstattungen handle es sich um einen Eingriff in den Kernbereich der Privatsphäre. Aufgrund der Intimität der Privatsphäre seien die Bilder daher rechtswidrig veröffentlicht worden. Aufgrund des Unfallgeschehens sei sie körperlich und psychisch extrem angespannt gewesen, was von der Beklagten rücksichtslos ausgenutzt worden ist. Bevor sie ihrem Mann bei ihrem Besuch überhaupt beistehen konnte, habe sie einen Spießrutenlauf über sich ergehen lassen müssen. Sie beantragte in dem Prozess, die Beklagte zu verurteilen, an sie 120.000 € zu zahlen.

Die Beklagte war der Ansicht, dass es sich bei der Klägerin um eine Person der Öffentlichkeit handle. Sie habe sich in ihrer Rolle auch niemals zuvor versteckt. Dies gehe aus einer Vielzahl von gemeinsamen Auftritten mit ihrem Ehemann hervor. Durch das Unfallgeschehen sei ein weltweites, mediales Interesse ausgelöst worden. Der zeitgeschichtliche Unfall könne dementsprechend nicht auf den Vorfall an sich beschränkt werden. Vielmehr gehöre dazu auch der eigene Umgang der Ehefrau mit dem Schicksalsschlag.

Im Ergebnis gab das Landgericht Hamburg der Klage statt. Allerdings sei der Anspruch nicht in der von der Klägerin beantragten Höhe begründet. Anspruchsgrundlage für die Zahlung von Schadensersatz sei § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG. Der Anspruch auf Geldentschädigung setze danach voraus, dass eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts sowie schuldhaftes Handeln anzunehmen sind. Darüber hinaus dürften keine anderen Möglichkeiten zum Ausgleich bestehen.

Durch die Veröffentlichung der Bilder, die die Klägerin am Tag des Geburtstages ihres verunglückten Ehemannes zeigen, sei sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Gericht erkannte vorliegend eine mögliche Einwilligung für die Veröffentlichung nach § 22 KUG nicht an. Insoweit hat das Gericht entschieden, dass die Interessen auf Seiten der Klägerin nach § 23 Abs. 2 KUG gegenüber der Beklagten überwiesen. Gemäß § 23 Abs. 1 KUG dürften Bilder von einer Person nur ausnahmsweise ohne Einwilligung veröffentlicht werden, wenn es sich dabei um Aufnahmen der Zeitgeschichte handelt. Das Zeitgeschehen sei als allgemeines gesellschaftliches Interesse zu verstehen. Allerdings könne das Interesse an Informationen nicht schrankenlos gewährt werden. Vielmehr sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.

Das Gericht führte sodann aus, dass es sich bei dem Unfall des Ehemannes um eine Ausnahmesituation gehandelt hat. Die Klägerin sei insofern emotional belastet gewesen, weil sie sich in Sorge um ihren Ehemann befand. Sie sei in ihrer Privatsphäre deswegen getroffen, weil durch die Bilder Situationen veröffentlicht worden sind, die sie mit ihrem Schmerz, ihrer Unsicherheit sowie ihrer Verzweiflung zeigen. Es habe sich um Momente der höchsten emotionalen Belastung gehandelt. Die Berichterstattung sei daher nicht auf den Ehemann, sondern auch auf die Klägerin ausgeweitet worden. Erschwerend sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin mehrfach auf den Heften der Beklagten abgelichtet worden ist, obwohl sie die Beklagte bereits am 17. Januar 2014 abgemahnt hatte. Allerdings hielt es die Kammer für ausreichend, der Klägerin einen Schadensersatz in Höhe von 60.000 € zuzusprechen. Dieser Betrag sei aufgrund der Schwere der Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts geboten.

LG Hamburg, Urteil vom 25.09.2015, Az. 324 O 161/15


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