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Kein Abbruch einer eBay-Auktion wegen anderweitiger Veräußerung

AG Nürtingen, Urteil vom 16.01.2012, Az. 11 C 1881/11


Kein Abbruch einer eBay-Auktion wegen anderweitiger Veräußerung

Mancher eBay-Verkäufer kann ein Lied davon singen: Der angebotene Artikel will den Startpreis von 1,00 Euro einfach nicht überschreiten. Wer in einer solchen Situation ein besseres Kaufangebot außerhalb von eBay erhält, ist leicht versucht, die Reißleine zu ziehen und die Auktion vorzeitig zu beenden.

Sobald jemand auf den Gegenstand geboten hat, ist dies allerdings keine gute Idee. Denn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay sehen vor, dass beim frühzeitigen Abbruch der Auktion ein Kaufvertrag zwischen dem Anbieter und dem Höchstbietenden zustande kommt. Ausnahmen bestehen, wenn der Gegenstand verloren gegangen ist, einen Schaden erlitten hat oder anderweitig nicht verfügbar ist.

Ein Verkauf durch den Anbieter fällt nicht unter diese Ausnahmen. Das hat das Amtsgericht Nürtingen mit Urteil vom 16. Januar 2012 entschieden (Az. 11 C 1881/11). Es verurteilte den fehlbaren Verkäufer, dem Höchstbieter Schadensersatz in Höhe des objektiven Wertes der Kaufsache abzüglich des Gebotspreises zu zahlen.

Sachverhalt
Der Beklagte bot auf eBay vier neuwertige Winterreifen mit Felgen an. Die Reifen befanden sich bei einem Bekannten, den der Beklagte zu einem früheren Zeitpunkt mit dem Verkauf beauftragt hatte. Während die Auktion auf eBay lief, meldete der Bekannte dem Beklagten, er habe die Winterreifen für 120,00 Euro verkauft. Der Beklagte beendete daraufhin sein Angebot auf eBay zwölf Stunden vor Auktionsende. Das Höchstgebot stand zu diesem Zeitpunkt bei 1,00 Euro. Es war das Gebot des Klägers.

Dieser kontaktierte nach dem vorzeitigen Angebotsende den Beklagten, um den Kauf abzuwickeln. Als der Beklagte auch nach einer Fristsetzung nicht darauf einging, forderte der Kläger im Mahnverfahren Schadensersatz in der Höhe von 578,00 Euro. Der Beklagte legte Widerspruch ein, und die Streitsache gelangte an das Amtsgericht Nürtingen. Dieses gab dem Kläger recht und verurteilte den Beklagten zur Zahlung des geforderten Schadensersatzes.

Urteilsbegründung
Das Amtsgericht führt aus, der Kaufvertrag bei einer eBay-Auktion komme durch die Willenserklärungen der Vertragsparteien (Angebot und Annahme) zustande. Bei der Auslegung des Erklärungsinhalts seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay zu berücksichtigen, denen die Parteien vor der Auktion zugestimmt hätten. Diese regelten in § 10 Nr. 1, dass bei vorzeitiger Beendigung des Angebots ein Kaufvertrag zustande komme. Die Bestimmung sehe allerdings eine Ausnahme vor, wenn der Anbieter gesetzlich zur Rücknahme des Angebots berechtigt sei. Deshalb handle es sich bei einer eBay-Auktion um ein Angebot unter dem Vorbehalt der berechtigten Angebotsrücknahme.

Um zu verstehen, was mit einer berechtigten Angebotsrücknahme gemeint sei, seien die von eBay veröffentlichten Hinweise heranzuziehen. eBay nenne dort als berechtigte Gründe, dass der Artikel verloren gegangen, beschädigt oder "anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar" sei. Obwohl es in den Hinweisen nicht deutlich zum Ausdruck kommt, steht für das Gericht außer Frage, dass nur vom Anbieter unverschuldete Fälle gemeint sind. Als Beispiel für einen unverschuldeten Verlust erwähnt es den Diebstahl, als Beispiel für eine anderweitige Nichtverfügbarkeit die Weggabe oder den Verkauf durch einen unbefugten Dritten.

Letzteres treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu. Der Beklagte habe seinen Bekannten mit dem Verkauf der Winterreifen beauftragt und sei sich dessen bei der Einstellung der Auktion bewusst gewesen. Die willentlich vom Anbieter verursachte Nichtverfügbarkeit des Kaufgegenstandes sei aber von den berechtigten Gründen zur vorzeitigen Beendigung der Auktion nicht erfasst. Denn für eine Auktion sei es grundlegend, dass der Anbieter seinen Gegenstand nicht während der Angebotsdauer nebenher verkaufe oder verkaufen lasse. Ohne diese Einschränkung handle es sich bei einem Angebot auf eBay nicht um eine Auktion. Dass der Beklagte die Reifen nicht selbst verkauft habe, spiele keine Rolle. Zumal er seinen Bekannten hätte anweisen können, die Verkaufsaktivitäten zu unterbrechen, solange die Auktion läuft.

Für das Amtsgericht Nürtingen ist daher klar: Der Kaufvertrag ist zustande gekommen. Aufgrund der Nichterfüllung durch den Beklagten stehe dem Kläger ein Schadensersatz von 578,00 Euro zu. Dieser errechne sich aus dem (im Verfahren unbestrittenen) tatsächlichen Wert der Winterreifen von 579,00 Euro abzüglich des Kaufpreises von 1,00 Euro.

AG Nürtingen, Urteil vom 16.01.2012, Az. 11 C 1881/11


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