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eBay haftet nicht für Markenrechtsverletzung

BGH, Urteil vom 22.07.2010, Az. I ZR 139/08


eBay haftet nicht für Markenrechtsverletzung

Der BGH hat über die Haftung eines Internetmarktbetreibers auf der Grundlage des Marken- und Wettbewerbsrechts entschieden. Die Firma eBay haftet nicht für durch Mitglieder begangene Rechtsverstöße.

Ein großes Problem bei eBay ist, dass wiederholt Plagiate bekannter Markenware angeboten werden. Ein weiteres, weniger greifbares Problem besteht darin, dass viele Verkäufer ihre Angebote unter Nennung eines bekannten Markennamens einstellen, obwohl ihre Artikel keine Original-Produkte sind. Dahinter steht nicht Absicht, die angebotenen Artikel als Plagiate zu verkaufen, sondern lediglich der Wunsch, erhöhte Aufmerksamkeit zu erzielen. Die Verkaufschancen in den Trefferlisten sind mit Nennung eines renommierten Markennamens ungleich höher als ohne diese Bezugnahme.

Betroffen von dieser Praxis ist die Firma StokkeⓇ, Herstellerin von Kinderhochstühlen und der höhenverstellbare Kinderhochstuhl Tripp TrappⓇ. Die Zahl der Verkäufer, die Nachbauten oder Plagiate auf der Handelsplattform unter Bezugnahme auf die renommierte Marke anbieten wächst stetig. Diesen Angeboten wurde noch eine erhöhte Aufmerksamkeit durch die Schaltung von Google AdWords durch eBay zuteil. Die Firma Stokke hatte erhebliche Zweifel daran, ob es sich bei den angegriffenen eBay-Angeboten wirklich um die Angebote privater Verkäufer handelt und nicht um verdeckte gewerbliche Angebote. Stokke kann private Anbieter nicht auf der Grundlage des Marken- und Wettbewerbsrechts in Anspruch nehmen. Die Klägerin wandte sich über das von eBay zur Verfügung gestellte Verifizierte Rechteinhaber Programm (VeRI) an die Internetplattform, um Verstöße von Immaterialgütern zu melden. Dieser Schritt blieb allerdings erfolglos, und so nahm Stokke eBay als Täterin, Gehilfin, Teilnehmerin beziehungsweise Störerin entsprechend der Vorschriften des Markenrechts in Anspruch.

In den ersten beiden Instanzen (GZ 315 O 980/05, GZ 3 U 216/06) ging die Klägerin erfolgreich gegen eBay vor. Die Richter beider Instanzen vertreten die Ansicht, dass eBay das Einstellen von Angeboten, die Plagiate zum Gegenstand haben, verhindern muss. Anbieter von Nachahmer-Produkten sind nicht berechtigt, sich auf den Namen der Angriffsmarke „Tripp Trapp“ beziehungsweise den Herstellernamen „Stokke“ zu beziehen. eBay wehrte sich mit einer Gegenklage. Die Klägerin habe es zu unterlassen, wiederholt Angebote als Plagiate zu melden, solange nicht eindeutig feststehe, dass es sich um gewerbliche Angebote handele. Das Gericht stufte eBay als Gehilfin beziehungsweise Täterin ein und stellte einen Unterlassungsanspruch gemäß §14 Abs.2 Nr.1 und Abs.5 MarkenG fest. eBay habe keine ausreichenden Maßnahmen getroffen, um die markenverletzenden Angebote zu verhindern. Die Produktbeschreibung der Kinderhochstühle mit gleicher oder ähnlicher Schreibweise des Markennamens „Tripp Trapp“ sind als Werbevergleiche einzustufen, mit denen die Verkäufer ihre Nachahmungen und/oder Plagiate unter Bezugnahme auf den renommierten Markennamen der Klägerin anbieten (§§ 3, 6 Abs.2 Nr.6 und §8 Abs.1 UWG).

Die Wiederklage der Beklagten ist unbegründet, selbst wenn die zahlreichen Abmahnungen der Klägerin vereinzelt private Anbieter getroffen haben. eBay kann ihren Mitgliedern auf der einen Seite nicht anbieten, Rechtsverstöße über das hauseigene VeRI-Programm zu melden und auf der anderen Seite Unterlassungsansprüche zu stellen, wenn genau diese Meldung erfolgt. Der BGH ist der Rechtsauffassung der beiden ersten Instanzen nicht gefolgt. eBay ist weder als Täterin noch als Gehilfin von Markenrechtsverstößen gemäß § 14 MarkenG einstufen, da sie nicht selbst, sondern die entsprechenden Verkäufer die angegriffenen Angebote in einem vollautomatisierten Verfahren bei einstellen. Täter oder Gehilfe einer Rechtsverletzung kann nur derjenige sein, der die Rechtsverletzung persönlich begeht beziehungsweise den Täter aktiv unterstützt. Sowohl für die Haupttat als auch für die unterstützende Tat ist ein objektiver Vorsatz notwendig, der in diesem Fall jedoch nicht vorliegt. Auch muss von einem Gehilfen die Verpflichtung eingefordert werden können, die Haupttat zu verhindern. Diese Verhinderung muss zumutbar und möglich sein. Im Fall von eBay kommt dieser Rechtsgrundsatz nicht zum Tragen.

Zudem hat das Berufungsgericht nicht darüber entscheiden, ob ein Bildabgleich zwischen Original und Plagiat mittels eines automatisierten Verfahrens möglich ist. Ferner erscheint der Klägerin die Einzelfallprüfung eher möglich als der Beklagten. Da keine Prüfpflichten für die Beklagte bestehen, scheiden eine Störerhaftung und damit ein Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 6 UWG aus. Die streitgegenständlichen Vorgänge fallen in den Bereich des Verhaltensunrechts, der die Störerhaftung nicht abdeckt. Komplizierte Einzelfallprüfungen sind der Beklagten nicht zumutbar. Normalerweise hätte der BGH die Klage abgewiesen, diese jedoch tatsächlich zurück an die Berufungsinstanz verwiesen, da das Thema Google AdWords noch zu klären ist. Es mangelt an Entscheidungsreife.

BGH, Urteil vom 22.07.2010, Az. I ZR 139/08


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