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Zur Auslegung des Auskunftsanspruches aus Art. 15 DSGVO

Landgericht Krefeld, Urteil vom 06.10.2021, Az. 2 O 448/20


Zur Auslegung des Auskunftsanspruches aus Art. 15 DSGVO

Das Landgericht Krefeld entschied am 06.10.2021, dass die Geltendmachung eines Auskunftsanspruches aus Art. 15 DSGVO rechtsmissbräuchlich sei, wenn dieser aus gänzlich verordnungsfremden Erwägungen erfolge.

Worüber muss die Krankenversicherung Auskunft erteilen?
Die Parteien stritten u.a. über das Bestehen eines Auskunftsanspruchs aus einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Die beklagte Krankversicherung nahm seit Abschluss des Versicherungsvertrages mehrfach Beitragserhöhungen vor. Dafür sendete sie dem Kläger entsprechende Begründungsschreiben nebst Nachträgen zum Versicherungsschein sowie Informations- und Beiblätter zu. Der Kläger vermutete später, dass die Erhöhungen rechtswidrig waren. Er forderte die Beklagte zur Vorlage der Nachträge sowie der entsprechenden Beiblätter auf. Dies lehnte die Beklagte ab, da ihr die Unterlagen nicht mehr vorliegen.

Keine Auskunft aus einem Vertragsverhältnis
Das Landgericht Krefeld befand, ein Auskunftsanspruch aus § 666 i. V. m. § 675 Abs. 1 BGB komme nicht in Betracht. Der Versicherungsvertrag stelle mangels Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen weder ein Auftragsverhältnis noch einen Geschäftsbesorgungsvertrag dar.

Keine Auskunft aus §§ 808, 810 BGB
Ein aus §§ 808, 810 BGB analog folgender Auskunftsanspruch scheide ebenfalls aus, so das Gericht. Der Kläger habe kein Einsichtsrecht, sondern einen Auskunftsanspruch geltend gemacht. Außerdem handele es sich bei den digitalisierten Unterlagen der Beklagten mangels Verkörperung der Gedankenerklärung nicht um Urkunden.

Keine Auskunft aus § 3 Abs. 4 VVG
Das LG erkannte auch keinen Auskunftsanspruch aus § 3 Abs. 4 VVG. Denn der Versicherungsnehmer könne nach dieser Bestimmung nur Abschriften von eigenen Erklärungen verlangen. Erklärungen des Versicherers seien hiervon nicht erfasst.

Keine Auskunft aus § 3 Abs. 3 VVG
Es folge auch kein Anspruch aus § 3 Abs. 3 VVG, so das Gericht weiter. Denn der Kläger verlange keine Ersatzausfertigung eines Versicherungsscheins, sondern umfassende Auskunft über alle Beitragsanpassungen der Vergangenheit. Somit begehre er nicht die in § 3 Abs. 3 VVG zum Nachweis des Versicherungsschutzes vorgesehene Ersatzausstellung des aktuellen Versicherungsscheins. Vielmehr ziele sein Begehren auf die nach den Prämienanpassungen erfolgten und inzwischen wieder überholten Nachträge zum Versicherungsschein. Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich damit nicht um ein „Minus“ zu dem Anspruchsgehalt des § 3 Abs. 3 VVG, sondern um ein „Aliud“.

Keine Auskunft aus der DSGVO
Das Landgericht erkannte auch keinen Auskunftsanspruch aus § 15 Abs. 1 DSGVO. Zwar könne die zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsunternehmen geführte Korrespondenz als Gegenstand eines Auskunftsanspruchs in Betracht kommen. Allerdings sei der in der vorliegenden Konstellation erfolgende Auskunftsanspruchs rechtsmissbräuchlich. Denn er erfolge aus gänzlich verordnungsfremden Erwägungen. Das Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO diene dem Betroffenen dazu, sich der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. So solle Art. 15 DSGVO eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Datenverarbeitungsvorgänge ermöglichen. Der Betroffene solle den Umfang und Inhalt der gespeicherten Daten beurteilen können. Zudem seien die Auskünfte auch dazu da, der betroffenen Person die Wahrnehmung der weiteren Rechte nach der Datenschutzgrundverordnung zu ermöglichen, vor allem das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DSGVO, auf Löschung nach Art. 17 DSGVO und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 17 DSGVO.

Keine Verfolgung von verordnungsnahen Interessen
Das Gericht war der Ansicht, dass der Kläger keine dieser Interessen verfolge, nicht einmal als Reflex. Aus dem Vortrag und dem prozessualen Vorgehen der Klagepartei ergibt sich, dass der Auskunftsanspruch letztlich nur dazu dienen soll, einen etwaig bestehenden Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte zu verfolgen. Ein Begehren, das sich derart weit von dem Regelungsgehalt einer Rechtsgrundlage entfernt, sei nicht schutzwürdig und stelle sich als treuwidrig dar. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger die begehrten Unterlagen ursprünglich bereits erhalten habe und jetzt nur nicht mehr darüber verfügt.

Keine Auskunft aus Treu und Glauben
Ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB kam nach Meinung des LG Krefeld auch nicht in Betracht. Der Ausnahmecharakter eines Anspruchs aus der Generalklausel bedinge es, einen derartigen Anspruch nicht bereits anzunehmen, um der Klagepartei die Führung eines Rechtsstreits zu erleichtern. Der Kläger bestreite nicht, dass er die begehrten Unterlagen im Zuge der Beitragserhöhungen erhalten habe. Ferner sei keine Erklärung dafür ersichtlich, wieso ihm die Unterlagen nicht mehr zur Verfügung stehen. Der Kläger habe lediglich vorgetragen, dass sie nicht mehr auffindbar seien. Daher liege schon keine unverschuldete Unkenntnis vor. Es sei grundsätzlich zu erwarten, dass wichtige persönliche Vertragsunterlagen nicht weggeworfen werden. Soweit sich der Kläger nicht hinreichend um die Organisation seiner Unterlagen gekümmert habe, rechtfertigt dies nicht, einen nur ausnahmsweise aus der Generalklausel folgenden Auskunftsanspruch anzunehmen.

Landgericht Krefeld, Urteil vom 06.10.2021, Az. 2 O 448/20


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