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Videokamers dürfen nicht Nachbarschaft aufnehmen

LG Detmold, Urteil vom 08.07.2015, Az. 10 S 52/15


Videokamers dürfen nicht Nachbarschaft aufnehmen

Das Landgericht (LG) in Detmold hat mit seinem Urteil vom 08.07.2015 unter dem Az. 10 S 52/15 entschieden, dass die Installation einer Videokamera, die nicht nur das eigene Grundstück überwacht, in das Persönlichkeitsrecht der Nachbarn eingreift.

Damit wurde die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Vorinstanz (Amtsgericht Lemgo) mit der Auflage zurückgewiesen, dass der Beklagte es unterlässt, an seinem Haus Kameras aufzustellen, die auch das Grundstück der Klägerin erfassen. Die Kosten trägt der Beklagte.

Die Berufung führte nur zu einer Korrektur des Urteilstenors.

Zu Recht habe das Amtsgericht nach den §§ 1004 und 823 BGB den Beklagten dazu verurteilt, die Videokameras zu entfernen und auch künftig keine mehr zu installieren, wenn damit das klägerische Grundstück erfasst werde.
Denn die Überwachung per Videokamera greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht als Recht auf die informationelle Selbstbestimmung ein.

Eine Betroffenheit der Klägerin und ihrer Besucher liege vor, weil die Überwachungsanlage jede Bewegung von Personen, die das Grundstück betreten, zumindest sequenziell aufzeichne.
Eine solche Videoüberwachung sei nur zulässig, wenn das Interesse an der Überwachung das Interesse des Nachbarn überwiegt und die Gestaltung der Überwachung dem Schutzbedürfnis des Betroffenen genügend Rechnung trage.
Vor diesem Hintergrund sei die Überwachung schon deswegen unzulässig, da sie nicht den Maßgaben des § 6 b BDSG entspreche.

Nirgends auf dem Grundstück werde nämlich auf den Umstand hingewiesen, dass das Grundstück überwacht wird und von wem. Zudem seien die gewonnenen Daten zu löschen. Diesen Anforderungen werde der Beklagte, der selbst eine Speicherdauer von 3-4 Wochen angegeben habe, nicht einmal ansatzweise gerecht.
Aber auch eine Überwachung, die der Wahrnehmung legitimer Interessen diene, dürfe nicht beliebig durchgeführt werden, sondern müsse sich auf das nötige Maß beschränken. Dieses Maß habe der Beklagte überschritten, da er Bewegungen der Klägerin und ihrer Besucher, die sein Betriebsgelände betreten mussten, um zum Haus der Klägerin zu gelangen, aufzeichnete, um eventuelle Verstöße gegen das Wegerecht aufzuzeichnen. Es sei jedoch nicht ersichtlich und auch nicht dargelegt worden, warum auch tagsüber während der Arbeitszeit der Firma des Beklagten Videoaufzeichnungen nötig sein sollen, um Straftaten oder sonstige rechtlich relevante Verhaltensweisen zu verhindern oder im Nachhinein aufzuklären.

Zudem habe der BGH ausgeführt, dass auch dann, wenn Überwachungsanlagen wie solche im vorliegenden Fall nur auf das eigene Grundstück gerichtet seien, gleichwohl das Persönlichkeitsrecht von Nachbarn betroffen sein könne, wenn dieser eine Überwachung ernsthaft befürchten müsse (so genannter „Überwachungsdruck“). Es reiche dabei jedoch die bloße Möglichkeit der Überwachung nicht aus. Maßgeblich seien vielmehr die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Ein derartiger „Überwachungsdruck“ sei vorliegend gegeben. Denn Fotografien über Straftaten auf seinem Grundstück habe der Kläger nicht gezeigt. Er habe nur Fotos gezeigt, die vermeintliche Überschreitungen des Wegerechts durch die Klägerin und ihre Besucher dokumentieren. Zu einer solchen Dokumentation bedürfe es allerdings nicht einer Videokamera und der damit einhergehenden lückenlosen Überwachung des Grundstücks des Beklagten. Werde das Wegerecht während der Betriebszeit tatsächlich überschritten, so genügen mildere Maßnahmen, etwa das Fotografieren oder Hinzuziehen von Zeugen. Es genüge also die Aufzeichnung der konkreten Situation. Außerhalb der Firmenbetriebszeiten des Beklagten komme es wohl kaum zu beachtlichen Eigentumsstörungen oder Störungen des Betriebsablaufs, wenn etwa Besucher der Klägerin Fahrzeuge auf dem Betriebsgelände abstellen.

Insgesamt habe das Amtsgericht daher zutreffend geurteilt, dass vorliegend nicht festgestellt werden könne, dass bei einer Interessenabwägung die Interessen des Beklagten (Prävention und Aufklärung von schadensersatzrechtlich relevantem Verhalten der Wegebenutzer) das klägerische Recht auf informationelle Selbstbestimmung übertreffen.

Das gelte sogar dann, wenn die Kameras tatsächlich nur das eigene Grundstück des Beklagten überwachten und auch das Verbot des Übermaßes beachtet würde.
Denn vorliegend müsse die Klägerin das Grundstück des Beklagten überqueren, um zu ihrem Grundstück zu gelangen. Die Klägerin könnte „keinen Schritt machen“, ohne gefilmt zu werden.

LG Detmold, Urteil vom 08.07.2015, Az. 10 S 52/15


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