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Telefonwerbung nach Geltung der DSGVO

Verwaltungsgericht Saarlouis, Urteil vom 29.10.2019, Az. 1 K 732/19


Telefonwerbung nach Geltung der DSGVO

Das Verwaltungsgericht Saarlouis entschied am 29.10.2019, dass Telefonwerbung nicht rechtmäßig sei, wenn eine Zustimmung zur E-Mail-Werbung dokumentiert wurde, nicht jedoch zur Telefonwerbung. Außerdem könne ein ggf. vorliegendes berechtigtes Interesse keine durch ein spezielleres Gesetz verlangte ausdrückliche Einwilligung aushebeln.
in Akteneinsichtsrecht ist nicht ausdrücklich in der DSGVO geregelt. Es besteht aber ein Auskunftsanspruch über sämtliche verarbeiteten personenbezogenen Daten. Dies gilt auch für Papierakten mit Informationen zu einer Zeit vor Inkrafttreten der DSGVO.

Wann darf Direktmarketing betrieben werden?
Klägerin war eine Versicherungsvermittlung. Gegen sie wurde durch die Datenschutzbehörde eine Untersagungsverfügung erlassen. Grund war, dass sie Telefonwerbung betrieb, ohne dass eine Einwilligung des Angerufenen vorlag. Die Klägerin selbst machte geltend, dass doch eine Einwilligung vorgelegen habe. Denn der Angerufene habe an einem Gewinnspiel teilgenommen und dabei eine Einverständniserklärung in die Nutzung seiner Telefonnummer für Werbezwecke erteilt. Dies sei im Rahmen eines Double Opt-In-Verfahrens erfolgt. Die beklagte Datenschutzbehörde untersagte trotzdem Erhebung und Verwendung der Daten zur telefonischen Werbeansprache. Hiergegen ging die Klägerin gerichtlich vor.

Datenschutzbehörde war zuständig
Das Verwaltungsgericht entschied, dass die Datenschutzbehörde befugt gewesen sei, eine Untersagungsverfügung auszusprechen. Die Anordnung basiere auf Art. 58 Abs. 2 lit. g DSGVO. Danach könne die Beklagte u.a. die Löschung von unrechtmäßig verarbeiteten personenbezogenen Daten anordnen. Die Voraussetzungen seien gegeben gewesen. Die Klägerin habe personenbezogene Daten wie Namen, Anschrift und Telefonnummer verarbeitet. Dem stehe nicht entgegen, dass die Telefonanschlüsse auch gewerblich durch eine GbR genutzt wurden. Denn die Telefonnummer beziehe sich auf den Anschlussinhaber und somit auf eine natürliche Person.

Einwilligung in Nutzung der Telefonnummer muss nachgewiesen werden
Das Gericht betrachtete die Datenverarbeitung als unrechtmäßig. Es habe keine per Double-Opt-In-Verfahren erlangte Einwilligung in die Nutzung der Telefonnummer vorgelegen. Denn Bedingung für eine wirksame Einwilligung sei auch deren Nachweis. Dieser sei gerade nicht gelungen. Eine im Wege einer Online-Registrierung erlangte Einwilligung könne eine per Double-Opt-In-Verfahren nicht erlangte Einwilligung nicht ersetzen. Vorliegend habe der Angerufene ein Einverständnis in die Nutzung seiner E-Mail-Adresse per Gewinnspiel-Teilnahme erklärt. Daraufhin habe die Klägerin auch Kenntnis von seiner Telefonnummer erhalten. Zwischen E-Mail-Adresse und Telefonnummer bestehe jedoch keine notwendige Zuordnung. Es gebe zahlreiche Gründe dafür, warum eine falsche Telefonnummer in ein Online-Teilnahmeformular eingetragen werde. Insbesondere könne bewusst eine falsche Telefonnummer angegeben werden, um gerade nicht angerufen zu werden.

Nachweis über Zuordnung der E-Mail zur Telefonnummer erforderlich
Entscheidend sei, dass durch das Double-Opt-In-Verfahren die „Echtheit” der Telefonnummer nicht überprüft werde, so das Verwaltungsgericht weiter. Auf den Verifizierungsvorgang per Double-Opt-in-Verfahren für die E-Mail-Adresse habe die Telefonnummer keinen Einfluss. Habe der Verbraucher bei der Abfrage eine falsche Telefonnummer angegeben, mag er wirksam in die Telefonwerbung eingewilligt haben. Der Dritte, dessen Telefonnummer jedoch tatsächlich angegeben wurde und der daraufhin auch zu Werbezwecken angerufen werde, habe dies aber gerade nicht getan. Es müsse darlegt werden könne, dass der Telefonanschluss auch der E-Mail-Adresse zuzuordnen sei, unter der die Bestätigung abgesandt wurde. Wenn dies gelingt, müsse der Verbraucher wiederum darlegen, dass er kein Einverständnis in den Werbeanruf erklärt habe. Im Vorhinein sei dies aber nicht feststellbar. Somit biete ein Double-Opt-In-Verfahren keine geeignete Möglichkeit, die erforderliche Einwilligung in die Telefonwerbung zu dokumentieren.

Nachweis auch nach Inkrafttreten der DSGVO
Daran habe auch das Inkrafttreten der DSGVO nichts geändert. Denn diese verlange für ein Einverständnis eine unmissverständlich abgegebene Willensbekundung der betroffenen Person und eine eindeutige bestätigende Handlung.

Berechtigtes Interesse kann nur legales Interesse sein
Die Klägerin könne sich auch nicht auf ein berechtigtes Interesse als Rechtfertigungsgrund stützen. Denn es sei bereits zweifelhaft, ob der zugrundeliegende Sachverhalt der entsprechenden Norm der DSGVO unterfalle. Dafür reiche es nicht aus, dass der Verantwortliche Nutzen aus der Verarbeitung ziehen wolle. Vielmehr müsse das Interesse an der Verarbeitung ein berechtigtes sein. Dies setze aber voraus, dass die vom Verantwortlichen mit der Verarbeitung verfolgten Ziele - hier telefonisches Direktmarketing ohne vorgehende Einwilligung - im Einklang mit dem Unionsrecht stehen. Zwar lasse die DSGVO Vorgaben zur Interessenabwägung durch die Mitgliedstaaten nicht mehr zu. Eine Eingrenzung auf ausschließlich „legale“ Interessen könne aber angenommen werden. Ein solches Interesse habe aber vorliegend nicht festgestellt werden können.

Verwaltungsgericht Saarlouis, Urteil vom 29.10.2019, Az. 1 K 732/19


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