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Schadenersatz wegen Verletzung der DSGVO

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 14.09.2020, Az. 2 Sa 358/20


Schadenersatz wegen Verletzung der DSGVO

Das Landesarbeitsgericht Köln entschied am 14.09.2020, dass einer ehemaligen Mitarbeiterin 300 EUR Schadenersatz zustehe. Ihr Arbeitgeber habe trotz Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vergessen, ein PDF-Dokument mit ihrem Profil von seiner Webseite zu entfernen.

Wieviel Schaden erzeugt ein kurzfristig abrufbares PDF?
Klägerin war eine Professorin, Beklagte ihr ehemaliger Arbeitgeber. Im Rahmen des Arbeitsverhältnisses speicherte die Beklagte das Profil der Klägerin und verlinkte dieses auf die Homepage. Das Profil war ursprünglich als PDF gefertigt worden. Im Jahr 2015 stellte die Beklagte ihre Homepage auf HTML um. Das Profil der Klägerin blieb jedoch weiter als PDF im Internet abrufbar. Das Arbeitsverhältnis endete 2018. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass das Profil der Klägerin nebst Foto von der Website sowie dem Intranet-Profil zu löschen sei. So geschah es auch. Jedoch wurde übersehen, dass das isolierte PDF im Internet unter den ersten zehn Treffern abrufbar blieb. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, ihr Profil und weiterer Artikel über vergangene Forschungsvorhaben zu löschen. Dem kam die Beklagte auch nach. Die Klägerin verlangte ein Schmerzensgeld von 1.000,00 € wegen der unberechtigten Vorhaltung des PDF auf dem Server der Beklagten. Weiterhin machte sie geltend, dass die Beklagte zum vollständigen Schadensersatz verpflichtet sei, wozu auch die Anwaltskosten zu rechnen seien. Die Vorinstanz sprach der Klägerin Schadenersatz in Höhe von 300 EUR zu, wies die Klage im Übrigen aber ab. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Geringes Verschulden
Das Landesarbeitsgericht befand, der Klägerin stehe kein weiterer Schadensersatzanspruch zu. Der Verschuldensgrad sei sehr gering. Das PDF sei versehentlich im Internet sichtbar geblieben. Nach der Umstellung des Internetauftritts sei durch die Beklagte nicht vollumfänglich geprüft worden, ob alte Dateiformate abrufbar seien. Allerdings sei zum Zeitpunkt der Umstellung die Klägerin noch nicht berechtigt gewesen, die Löschung des PDF zu verlangen. Denn die Darstellung der Mitarbeiter sei unverzichtbarer Inhalt des Internetauftritts und der erforderlichen Datenverarbeitung gewesen.

Geringfügige Rechtsverletzung
Auch sei die Intensität der Rechtsverletzung marginal, so das Gericht weiter. Die veröffentlichten Angaben über die Klägerin seien inhaltlich richtig gewesen. Allein das Logo der Beklagten auf dem Profil habe nach Ende des Arbeitsverhältnisses den fehlerhaften Schluss zugelassen, die Klägerin arbeite immer noch bei der Beklagten.

Fehlendes Interesse an altem PDF
Das Gericht entschied, es sei nicht nachgewiesen, wie viele Personen tatsächlich das PDF angeklickt haben, um es vollständig zu lesen. Zwar sei richtig, dass das PDF unter den ersten zehn Einträgen von Google bei einer Namenssuche der Klägerin erscheint. Entscheidend für die Intensität der Wahrnehmung sei aber, welche Suchergebnisse die ersten neun Einträge beinhalteten. Üblicherweise werden bei einer Namenssuche die Einträge in der Reihenfolge ihres Erscheinens angeschaut. Denn dem Googlenutzer sei bekannt, dass die Einträge mit den meisten Klicks und neuere Beiträge zuerst angezeigt werden. Ob der Googlenutzer überhaupt spätere Einträge öffne, hänge davon ab, ob das Informationsbedürfnis bereits vorher ausreichend befriedigt sei. Das PDF sei nur eine relativ kurze Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses auffindbar gewesen. Zudem könne davon ausgegangen werden, dass das Suchergebnis für Personen, die sich für die Klägerin interessierten und ihren Namen gegoogelten, eher uninteressant war. Denn die Klägerin habe keinerlei Rückmeldung von Dritten zu ihrem veralteten Profil erhalten.

Kein Schadenersatz nach Lizenzanalogie
Als fernliegend beurteilte das LAG auch die von der Klägerin herangezogene Lizenzanalogie. Es sei nicht erkennbar, dass für die Beklagte irgendein Mehrwert durch die kurzzeitige Sichtbarkeit des PDF verbunden gewesen sei. Jemand, der überlege, ein Studium bei der Beklagten aufzunehmen, werde sich zuvor über die Homepage mit den Lehrangeboten auseinandergesetzt haben. Dabei sei aber unmittelbar feststellbar gewesen, dass die Klägerin nicht mehr zu den Lehrenden zählt. Wenn es gleichwohl zum Vertragsschluss gekommen sei, sei dies jedenfalls unabhängig von der Person der Klägerin und dem PDF erfolgt.

Hinweis an Arbeitgeber fehlte
Der Klägerin stehe auch kein Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu. Denn es sei hinsichtlich der Beseitigung des PDF auch von der Klägerin selbst Rücksichtnahme zu erwarten gewesen. Sie habe die Beklagte durch einen kurzen Anruf, ein E-Mail oder auch eine andere schriftliche Notiz auf das abrufbare PDF aufmerksam machen können. Erst wenn die Beklagte hierauf nicht reagiert hätte, hätte die Klägerin sich anwaltlicher Hilfe bedienen können. Ohne vorherige Abmahnung sei die Einschaltung eines Anwalts nicht erforderlich gewesen. Somit seien die hierfür angefallenen Kosten nicht erstattungsfähig. Gerade das Rechtsinstitut der Abmahnung sei die Ausformung der gegenseitigen Rücksichtnahme im Arbeitsverhältnis. Dadurch solle dem Vertragspartner auch dann, wenn der Vertrag beendet sei, zunächst die Gelegenheit eingeräumt werden, sein nachvertragliches Verhalten gesetzeskonform auszugestalten.

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 14.09.2020, Az. 2 Sa 358/20


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