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Löschungsanspruch gegenüber Google nach DSGVO

Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 07.01.2019, Az. 4 W 1149/18


Löschungsanspruch gegenüber Google nach DSGVO

Das Oberlandesgericht Dresden entschied mit Beschluss vom 07.01.2019, dass kein Löschungsanspruch aus der Google-Trefferliste gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bestehe. Denn hierfür sei eine umfassende Interessengüterabwägung erforderlich. Aufgrund der hohen Bedeutung von Internetsuchmaschinen für die Meinungsfreiheit falle die Güterabwägung zu deren Gunsten aus.

Haftet Google bei Rechtsverletzungen durch angezeigte Webseiten?
Antragsteller war ein Blogger, Antragsgegnerin die Betreiberin der Suchmaschine „Google“. Der Antragsteller gab in seinem Blog unter anderem Kommentare zu Unternehmen und Kapitalanlagemöglichkeiten ab. Eine im Google-Suchindex angezeigte Internetseite setzte sich unter anderem mit dem Antragssteller und seinem Blog auseinander. Dabei wurde auch sein Namen erwähnt. Weiterhin unterstellte die Seite dem Antragsteller sich „… in Sachen Betrug, Erpressung, Nötigung, Beleidigung und Rufmord …“ bestens auszukennen und Unternehmen zu drohen, “… sie medial zu vernichten, wenn sie nicht auf deren finanzielle Forderungen eingehen ...“. Der Antragsteller begehrte daher Unterlassung von Google, bestimmte Internetseiten aus dem Suchindex zu löschen. Er war der Ansicht, bei den Äußerungen handele es sich entweder um unwahre Tatsachenbehauptungen oder um Schmähkritik.

Deutsche Gerichte international zuständig
Nach Ansicht des OLG Dresden lag die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte vor. Denn der Antragsteller wohne in Deutschland und wende sich gegen einen Beitrag, der über eine deutsche Domain in deutscher Sprache errreichbar sei. Zudem befasse sich der Beitrag mit der Tätigkeit des Antragstellers als Betreiber seines ebenfalls in deutscher Sprache verfassten Internetblogs.

Deutsches Recht anwendbar
Das Gericht erachte auch deutsches Recht als anwendbar. Denn der maßgebliche Erfolgsort liege in Deutschland. Der soziale Geltungsanspruch des Antragstellers sei in Deutschland betroffen, da er hier wohne und beruflich tätig sei. Somit kollidiere in Deutschland sein Interesse am Schutz seines Persönlichkeitsrechts mit dem Interesse der Beklagten an der Gestaltung ihres Internetauftrittes sowie an der Ausübung ihres Geschäftsmodells.

Google weder unmittelbare noch mittelbare Störerin
Das Gericht sah Google jedoch weder als unmittelbare noch als mittelbare Störerin an. Denn die Inhalte der beanstandeten Internetseiten seien zum einen keine eigenen Inhalte von Google. Die Antragsgegnerin mache sich die Inhalte durch Aufnahme in die Suchergebnisse auch nicht zu eigen. Zum anderen dürfe auch die Haftung als mittelbarer Störer nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, wenn sie die Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Daher hafte der Betreiber einer Suchmaschine erst dann mittelbar, wenn er durch konkrete Hinweise Kenntnis von einer offensichtlichen und klar erkennbaren Rechtsverletzung erlange.

Keine offensichtliche und klar erkenntbare Rechtverletzung
Das OLG konnte jedoch keinen klaren und offensichtlichen Rechtsverstoß erkennen. Zwar sei die Bezeichnung des Antragstellers als Straftäter, Erpresser und Krimineller ehrverletzend. Allerdings erfülle nicht jeder Vorwurf strafrechtlichen Verhaltens den Tatbestand der Schmähkritik. Vorliegend sei noch eine sachliche Auseinandersetzung mit den Äußerungen auf der entsprechenden Internetseite erkennbar. Die Beiträge setzten sich mit der Tätigkeit des Antraggstellers als Journalist und Betreiber des Blogs auseinander. Zwar werde dort behauptet, der Antraggsteller sei Finanzmakler und erpresse Geld von den Unternehmen, über die er kritisch berichte. Diese Äußerungen stünden aber im Zusammenhang mit der behaupteten Tätigkeit des Antragstellers und überschritten die Grenze zulässiger Meinungsäußerungsfreiheit nicht schon deshalb, weil sie polemisch und zugespitzt seien. Zudem müsse sich der Antraggsteller Kritik an seinen journalistischen Leistungen in der Regel auch dann gefallen lassen, wenn sie scharf formuliert seien.

Für Suchmaschine bestehen keine Prüfpflichten hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes
Das Gericht war zudem der Meinung, die Antragsgegnerin als Schuchmaschinenbetreiber könne nicht beurteilen oder prüfen, ob in den beanstandeten Äußerungen ein wahrer Kern liege oder nicht. Auf jeden Fall habe eine offensichtliche Unwahrheit nicht auf der Hand gelegen. An die Prüfpflichten von Internetsuchmaschinen seien grundsätzlich nur geringe Anforderungen zu stellen. Denn sie durchsuchen das frei zugängliche Internet in einem automatisierten Verfahren unter Einsatz von Computerprogrammen. Dabei werde jedoch nicht danach unterschieden, ob der aufgefundene Beitrag eine Persönlichkeitsverletzung darstelle. Auch müsse die Antragsgegnerin nicht den Wahrheitsgehalt der angezeigten Äußerungen beweisen. Denn sie habe die beanstandeten Äußerungen weder selbst aufgestellt noch sich zu eigen gemacht. Google betreibe lediglich eine Suchmaschine, die es ihren Nutzern ermögliche, bei Eingabe von bestimmten Wörtern und Namen auf Webseiten Dritter zuzugreifen.

Kein Löschungsanspruch aus der DSGVO
Das OLG Dresden erkannte keinen datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch des Antragstellers. Zwar sei der sachliche und räumliche Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet. Auch sei das verlangte Entfernen der Links aus dem Suchindex vom Begriff des Löschens erfasst. Zudem könne der Suchmaschinenbetreiber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dazu verpflichtet werden, aus der Ergebnisliste Links zu Person zu entfernen. Allerdings müsse der Grundrechtsschutz von personenbezogenen Daten betroffener Personen nach der DSGVO immer in einen angemessenen Ausgleich mit den Grundrechten und Interessen des jeweils Verantwortlichen gebracht werden. Somit sei das Recht des Antragstellers auf Schutz seiner Persönlichkeit gegen das Recht von Google auf Meinungsfreiheit abzuwägen. Hierbei sei insbesondere die Arbeitsweise und die besonderen Bedeutung von Suchmaschinen für die Nutzbarmachung des Internets zu berücksichtigen. Daher müsse eine offensichtliche und bereits auf den ersten Blick klar erkennbare Rechtsverletzung vorliegen, damit das Interesse des Antragstellers überwiege. Und diese sei bereits durch das Gericht verneint worden.


Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 07.01.2019, Az. 4 W 1149/18


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