• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Kein Schadenersatz nach DSGVO bei Bagatellverstößen

Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 11.06.2019, Az. 4 U 760/19


Kein Schadenersatz nach DSGVO bei Bagatellverstößen

Das Oberlandesgericht Dresden entschied mit Beschluss vom 11.06.2019, dass bei einem bloßen Bagatellverstoß ohne ernsthafte Beeinträchtigung für das Ansehen des Betroffenen kein Schadensersatzanspruch nach Artikel 82 DSGVO bestehe.

Schadenersatzanspruch wegen Sperrung eines Beitrages bei Facebook?
Der Kläger nahm Facebook wegen eines gelöschten Posts und der Sperrung seines Accounts durch Versetzung in den read-only Modus in Anspruch. Unter dem Titel „Nüscht wie Neger‘ und mit dem Kommentar „Das waren noch Zeiten, als das nunmehr zentral gesteuerte deutsche Staatsfernsehen noch neutral berichtete und solche herrlichen Serien zeigte. P.S.: Bin gespannt, wann es gelöscht wird ... aber da würde die Politik sich selbst verleugnen.“ verlinkte der Kläger einen Filmausschnitt. Dieser stammte aus einer in den 1970er Jahren ausgestrahlten Fernsehserie, in der mehrfach das Wort „Neger“ verwendet wurde. Die Vorinstanz verurteilte Facebook zur Wiederfreischaltung des Beitrags und stellte fest, dass die Sperrung rechtswidrig war. Einen Anspruch auf Schadenersatz sowie einen Auskunftsanspruch darüber, ob die Sperre durch einen Dienstleister erfolgte, erkannte es jedoch nicht. Hiergegen ging der Kläger per Berufung vor.

Kein Auskunftsanspruch aufgrund Treu und Glauben
Das Oberlandesgericht Dresden entschied, dass dem Beklagten kein Auskunftsanspruch darüber zustehe, ob die gegen ihn verhängte Sperre durch ein "beauftragtes Unternehmen" erfolgt sei. Eine solche Auskunft könne mangels spezieller Rechtsgrundlagen nur aufgrund Treu und Glauben in Betracht kommen. Allerdings lägen hier sachwidrige Zwecke für die Geltendmachung des Auskunftsanspruches vor. Dies sei rechtsmissbräuchlich. Denn es kämen keinerlei Ansprüche gegen den beauftragten Dienstleister in Betracht. Eine schuldrechtliche Sonderverbindung zwischen Kläger und Dienstleister bestehe nicht. Außerdem setze ein Anspruch aufgrund Treu und Glauben ein Verhalten voraus, dass objektiv sittenwidrig und von einer besonders verwerflichen Gesinnung getragen werde. Hierunter falle nur ein Verhalten, das nach Inhalt und Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoße und mit der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar wäre. Der simple Verstoß gegen eine Vertragspflicht reiche dafür jedoch nicht aus.

Sperrung nach den Community-Standards von Facebook nicht zu beanstanden
Facebook habe den Post aufgrund seiner Community-Standards gesperrt bzw. gelöscht, so das Gericht weiter. Diese seien nach AGB-Recht nicht zu beanstanden. Ob es sich vorliegend um eine Hassbotschaft gehandelt habe, obliege einer Einzelfallprüfung. Klar sei, dass wegen dieser Abwägung und der Vielzahl täglicher Prüfvorgänge bei Facebook nicht jede Löschung einer gerichtlichen Überprüfung standhalte. Dies gelte auch deswegen, weil die Community-Standards so weit gefasst seien, dass ihr Inhalt mitunter erst durch Auslegung zu ermitteln sei (Bsp. Hassrede, Mobbing und Belästigung). Da aber grundsätzlich die Löschung nach den Community-Standards nicht zu beanstanden sei und die Löschung bei offensichtlich rechtswidrigem Inhalt gesetzlich sogar verpflichtend sei, liege in dessen Ausübung keinerlei vorsätzliche sittenwidrige Schädigung. Dies gelte, auch wenn die getroffene Maßnahme sich im Einzelfall als unzulässig herausstellen sollte.

Was für Facebook gilt, gilt auch für dessen Verrichtungsgehilfen
Daher sei eine sittenwidrige Schädigung erst recht nicht dem Dienstleister gegenüber gerechtfertigt, urteilte das OLG. Denn er sei lediglich Verrichtungsgehilfe von Facebook, ohne eigene Interessen mit der Löschung oder Sperrung zu verfolgen. Anders wäre die Lage nur dann, wenn Facebook vorgeworfen werden könnte, unter Missbrauch seiner Rechtsstellung systematisch einzelne Nutzer zu diskriminieren mit dem Ziel, sie aus ihrem Netzwerk auszuschließen. Hierfür lägen aber keine Anhaltspunkte vor.

Schadersatz wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts nur bei schwerwiegenden Eingriffen
Das Gericht bestimmte außerdem, dass dem Kläger kein Anspruch auf Schadenersatz zustehe. Denn ein solcher Anspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei nur bei einem schwerwiegenden Eingriff gegeben. Dass der Kläger durch die Beitragslöschung sowie die kurzzeitige Versetzung in den read-only Modus schwerwiegend beeinträchtigt gewesen sei, habe er nicht plausibel dargelegt. Zudem erscheine dies auch nicht vorstellbar. Denn der zeitweilige Ausschluss von Facebook berühre ihn höchstens in seiner Sozialsphäre. Da die Sperrung nicht öffentlich mitgeteilt oder von öffentlicher Stelle verhängt worden sei, sei auch keine ernsthafte Prangerwirkung zu befürchten. Zudem bewerte der Kläger selbst die immaterielle Einbuße mit lediglich 150 EUR. Damit gebe er zu erkennen, dass er dem Verhalten keine hinreichende Eingriffsschwere beimisst.

Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 11.06.2019, Az. 4 U 760/19


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland