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Fotoveröffentlichung auf Facebook verstößt gegen DSGVO

Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 27.11.2019, Az. 10 A 820/19


Fotoveröffentlichung auf Facebook verstößt gegen DSGVO

Das Verwaltungsgericht Hannover entschied am 27.11.2019, dass ein auf einer Parteiveranstaltung erstelltes Foto, auf dem ein Ehepaar erkennbar ist, nicht Jahre später auf Facebook veröffentlicht werden könne. Denn dafür lägen keinerlei Rechtfertigungsgründe nach DSGVO oder KUG vor. Insbesondere habe das Ehepaar durch die Veröffentlichung auf Facebook keine effektive Kontrolle mehr über die Weiterverwendung der Daten. Auch könne es keinerlei Löschungsanspruch wirksam gegen Facebook durchsetzen.
in Akteneinsichtsrecht ist nicht ausdrücklich in der DSGVO geregelt. Es besteht aber ein Auskunftsanspruch über sämtliche verarbeiteten personenbezogenen Daten. Dies gilt auch für Papierakten mit Informationen zu einer Zeit vor Inkrafttreten der DSGVO.

Wer darf Fotos einer Wahlveranstaltung auf Facebook veröffentlicht?
Kläger war der Ortsverein einer politischen Partei. Er wendete sich gegen eine Verwarnung, welche wegen eines Fotos bei Facebook ausgesprochen wurde. Hintergrund war, dass der Kläger eine öffentliche Veranstaltung durchgeführt hatte. An dieser Veranstaltung nahm auch ein Ehepaar teil. Die lokale Presse berichtete über die Veranstaltung. Auf den Fotos zu den Berichten waren auch die Eheleute sichtbar. Auf einem Foto war die Ehefrau fast vollständig erkennbar, der Ehemann nur mit seinem Kopf, beide in einer Menschenmenge stehend. Dieses Foto veröffentlichte der Kläger zusammen mit einem weiteren Foto vier Jahre später auf Facebook. Der Ehemann wandte sich mit der Bitte um Löschung an den Kläger. Dieser erklärte, dass das Foto seinerzeit von Unbekannten aufgenommen wurde. Er selbst habe es lediglich erneut veröffentlicht. Trotzdem löschte der Kläger aber das Foto. Das Ehepaar wendete sich dennoch mit einer Beschwerde an die beklagte Datenschutzbehörde. Diese verwarnte daraufhin den Kläger. Hiergegen ging Der Kläger gerichtlich vor.

Ortsverein als nichtöffentliche Stelle
Das Verwaltungsgericht Hannover urteilte, dass das Verfahren formell rechtmäßig durchgeführt worden sei. Insbesondere sei die Beklagte zuständige Aufsichtsbehörde. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) bestimme das jeweilige Landesrecht die Aufsichtsbehörde. Für Niedersachsen sei dies die Beklagte, wenn es sich um die Datenverarbeitung durch eine nichtöffentliche Stellen handele. Der Kläger als privatrechtlich organisierter Ortsverein einer politischen Partei sei eine solche nichtöffentliche Stelle.

Fotoveröffentlichung auf Facebook als Datenverarbeitung
Der Kläger habe als Verantwortlicher personenbezogene Daten verarbeitet, so das Verwaltungsgericht weiter. Die Veröffentlichung des Fotos auf Facebook stelle eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten der abgebildeten Personen dar. Als Betreiber der Facebookseite sei der Kläger auch der Verantwortliche.

Keine Entscheidung zwischen DSGVO und KUG
Das Gericht entschied, der Kläger habe durch die Veröffentlichung des Fotos gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bzw. die Vorschriften des Kunsturhebergesetzes (KUG) verstoßen. Es könne offenbleiben, ob sich die Rechtmäßigkeit nach KUG oder DSGVO richte. Denn die Veröffentlichung sei nach beiden Rechtsgrundlagen als rechtswidrig anzusehen.

Konkludente Einwilligung in Veröffentlichung durch lokale Presse
Grundsätzlich dürften Bilder von Personen nur mit deren Einwilligung verbreitet werden, so das Gericht. Mit der Teilnahme des Ehepaares an der Veranstaltung habe es konkludent in eine Presseveröffentlichung einwilligt. Denn zum einen habe der Kläger die örtliche Presse zur Veranstaltung eingeladen. Zum anderen müsse bei einer solchen öffentlichen Veranstaltung ohnehin damit gerechnet werden, dass die Presse Fotos veröffentliche.

Keine konkludente Einwilligung in Veröffentlichung auf Facebook
Allerdings beinhaltete die konkludente Einwilligung nicht die Veröffentlichung der Fotos auf Facebook, entschied das VG. Denn die Facebook-Veröffentlichung habe eine ganz andere Qualität als die Veröffentlichung in der Presse. Die Veröffentlichung bei Facebook sei mit unkalkulierbaren Risiken für die Daten der betroffenen Personen verbunden. Insbesondere sei keine effektive Kontrolle über die Weiterverwendung der Daten gegeben. Auch könne ein etwaiger Löschungsanspruch nicht wirksam durchgesetzt werden. Gemäß den Nutzungsbedingungen von Facebook werde durch die Veröffentlichung eine weitreichende, weltweite Lizenz erteilt, das Foto zu verwenden, zu verbreiten, zu modifizieren, zu kopieren etc. Zudem seien in den USA, wo Facebook seinen Firmensitz habe, die Datenschutzstandards erheblich geringer als in Deutschland.

Keine Rechtfertigung nach § 23 KUG
Auch eine Veröffentlichung gemäß § 23 KUG, wonach Bildnisse unter bestimmten Bedingungen ohne Einwilligung verbreitet werden dürfen, liege nach Ansicht des Gerichts nicht vor. Zwar könnten Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, soweit die abgebildeten Personen nicht aus der Personenmenge hervorgehoben werden, ohne Einwilligung veröffentlicht werden. Allerdings seien die Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben. Denn derartige Bilder könnten nur verbreitet werden, wenn berechtigte Interessen der Abgebildeten nicht verletzt seien. Das Ehepaar habe aber ein erhebliches Interesse daran, nicht auf Facebook zu erscheinen. Das gelte nicht nur, weil durch die Veröffentlichung keine effektive Kontrolle mehr über die Weiterverwendung der Daten ausgeübt werden könne. Auch könne kein etwaiger Löschungsanspruch wirksam durchgesetzt werden. Zuvörderst werde durch das Foto aber eine möglicherweise nicht bestehende Zustimmung des Ehepaars zur politischen Tätigkeit des Klägers suggeriert.

Berechtigtes Interesse als Rechtfertigungsgrund
Das VG Hannover beschäftigte sich auch mit den Rechtfertigungsgründen aus Artikel 6 DSGVO. Danach sei die Verarbeitung personenbezogener Daten nur rechtmäßig, wenn eine der dortigen Bedingungen erfüllt seien. Zwar komme vorliegend die Wahrung berechtigten Interessen in Betracht. Diese seien vorliegend in der Eigenschaft der Klägerin als politische Partei zu sehen. Denn durch die Veröffentlichung über Facebook werbe sie für eine politische Tätigkeit und wirke damit an der politischen Willensbildung des Volkes mit.
Unverpixelte Fotoveröffentlichung nicht erforderlich
Allerdings sei die erfolgte Fotoverwendung nicht erforderlich, so das Gericht weiter. Zwar sei der Begriff der „Erforderlichkeit“ in der DSGVO nicht weiter definiert. Allerdings könne eine Datenverarbeitung nur dann als erforderlich angesehen werden, wenn kein milderes, wirtschaftlich gleich effektives Mittel zur Erreichung des gleichen Zweckes zur Verfügung stehe. Ohne Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen sei die Veröffentlichung aber nicht erforderlich. Denn es komme nicht darauf an, dass das Ehepaar als solches in einen Kontext zur politischen Tätigkeit der Klägerin gesetzt werde. Der Klägerin sei es nämlich nur darum gegangen, den eigenen politischen Einsatz zu dokumentieren und dafür Leute zu interessieren. In einem solchen Fall reiche es aber völlig aus, z.B. durch Verpixelung der Gesichter die Abgebildeten unkenntlich zu machen.

Interesse des Ehepaares überwiegt den Interessen des Ortsvereins
Unabhängig davon war das Verwaltungsgericht der Ansicht, das Interesse des Ehepaares überwiege dem Interesse des Klägers an der Fotoveröffentlichung. Denn die Eheleute hätten ein Interesse daran, dass kein Foto von ihnen auf Facebook veröffentlicht werde. Zwar müssten Teilnehmer einer Veranstaltung erwarten, dass Fotos auch zu journalistischen Zwecken etwa in den örtlichen Tageszeitungen veröffentlicht werden. Darunter falle aber gerade keine Veröffentlichung bei Facebook, wenn dies in erster Linie der Darstellung der Partei diene. Im Übrigen führe der Umstand, dass ein Presseunternehmen oder eine Privatperson Fotos anfertige, nicht zugleich zur Erwartung, dass andere die Fotos für eigene Zwecke veröffentlichen dürfen. Außerdem sei mit einer Veröffentlichung nach vier Jahren auch nicht mehr zu rechnen.

Politische Parteien sind keine öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtung
Das VG Hannover konnte auch keine anderen Rechtfertigungsgründe erkennen. Denn der Kläger sei weder als öffentliche Stelle, noch als Beliehener einer öffentlichen Stelle anzusehen. Der Ortsverein sei bereits keine „öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtung“ im diesem Sinne. Politische Parteien nehmen zwar eine öffentliche Aufgabe wahr. Sie seien aber weder funktional noch organisatorisch Teil des Staates. Vielmehr seien sie dem gesellschaftlichen Bereich und Vereinigungen von Bürgern zuzurechnen. Auch die Beleihung komme nicht in Betracht. Denn dafür müsse dem Kläger eine „Aufgabe der öffentlichen Verwaltung“ übertragen worden sein. Um eine solche Aufgabe handele es sich bei einer politischen Partei aber gerade nicht.

Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 27.11.2019, Az. 10 A 820/19


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