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Ferienwohnung: Datenschutzwidrige Videoüberwachung


Ferienwohnung: Datenschutzwidrige Videoüberwachung

Im Juni 2015 kam das Verwaltungsgericht Schwerin in einer Streitsache, bei der es um die behördliche Untersagung von Webcams ging, zu einem Beschluss.
Der Eigentümer eines Gebäudes mit sieben Ferienwohnungen in einem mecklenburg-vorpommerschen Küstenort hatte an seinem strandnahen Ferienwohnungsgebäude zwei Webcams betrieben, die sowohl die Außenbereiche des Gebäudes als auch angrenzende Areale erfassten. Der Ferienwohnungseigentümer nahm mit den Webcams nicht nur auf, sondern stellte entsprechende Aufzeichnungen auch aus Werbezwecken ins Internet („Livestream“). Auf den Aufzeichnungen waren nicht nur die Ferienwohnung, sondern auch Abschnitte von Wegen, Boots-Marina und Strand zu erkennen. In diesem Zusammenhang wurden Personen, die sich in diesen öffentlich zugänglichen Abschnitten aufhielten, gefilmt und in Folge ins Netz gestellt.

Von der für Datenschutz-Angelegenheiten zuständigen Behörde in Mecklenburg-Vorpommern, dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, wurde am 08.04.2015 dem Ferienwohnungseigentümer das Verbot mit sofortiger Wirkung erteilt, die Webcams weiter so zu betreiben, dass öffentliche Bereiche abgefilmt werden können.

Gegen diesen Verwaltungsakt klagte der Betroffene. Er hatte die Webcams zwar abgestellt, hielt den Behördenbescheid aber für rechtswidrig. In dem Rechtstreit ging es auch um die Frage, ob das Verbot durch die Anfechtungsklage lediglich aufschiebende Wirkung bekommen hatte oder ob wegen besonderen öffentlichen Interesses die Voraussetzungen für sofortige Vollziehbarkeit auch vor gerichtlicher Entscheidung über die Klage gegeben waren.
Das Gericht sah ein öffentliches, das Interesse des Klägers an aufschiebender Wirkung überwiegendes Interesse für gegeben an. Auch wurde das Verbot in seinem Kerngehalt als rechtmäßig eingestuft und damit die Klage abgewiesen.

Die Schweriner Verwaltungsrichter begründeten ihre Rechtsauffassung damit, dass der beim Bescheid des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit als Rechtsgrundlage angeführte § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) ordnungsgemäß herangezogen worden war. Demnach kann die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen anordnen, um Verstöße bei der Erhebung oder Verwendung personenbezogener Daten abzustellen. Als solche personenbezogene Daten gelten auch Abbildungen von Personen auf Bildern oder Filmen, soweit diese Personen beziehungsweise Teilaspekte ihrer sachlichen oder persönlichen Identität grundsätzlich relativ leicht bestimmbar sind.

Eine solche Bestimmbarkeit kann sich außer durch die Erkennbarkeit des Gesichts auch durch die Kombination bestimmter abgebildeter Merkmale (körperliche Besonderheiten, mit der Person in Verbindung stehende Verhaltensweisen, Bekleidung, usw.) ergeben. Es ist dabei unerheblich, ob die abgebildeten Personen auch tatsächlich identifiziert worden sind. Das vom Ferienhauseigentümer vorgebrachte Gegenargument, die Personen seien wegen der geringen Auflösung der Aufnahmen nicht erkennbar gewesen, mochten sich die Richter nicht anschließen.

Im konkreten Webcam-Fall kommt noch hinzu, dass die Aufnahmen nicht einmaliger Natur waren, sondern durch die technischen Möglichkeiten der Video-Archivierung sowie der Veröffentlichung im Netz vervielfältigt und theoretisch beliebig oft abrufbar waren. Dadurch erhöhte sich die potenzielle Erkennbarkeit der abgefilmten Personen erheblich.

Das Gericht prüfte neben anderen möglichen, durchweg verworfenen Rechtfertigungsgründen für den Webcam-Betrieb auch die Möglichkeit, ob § 6b BDSG als Rechtsgrund für den Webcam-Betrieb berücksichtigt werden könne. Demnach ist das Beobachten öffentlicher Bereiche – wie hier gegeben – durch Webcams außer für staatliche oder kommunale Aufgabenerfüllung (Verkehrsüberwachung, Gefahrenabwehr, usw.) auch bei Wahrnehmung des Hausrechts („Elektronischer Türsteher“) oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen statthaft. Das einzig in Betracht kommende Interesse des Webcam-Betreibers, nämlich eine bestimmte Art Information für potenzielle Ferienwohnungsmieter bieten zu können, erschien dem Gericht in Abwägung zu den betroffenen Persönlichkeitsrechten der Abgebildeten aber nicht erheblich genug, um den Tatbestand des § 6b BDSG zu erfüllen.

VG Schwerin, Beschl. v. 18.06.2015, Az.: 6 B 1637/15 SN


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