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Einschränkung der Datenverarbeitung nach Art. 18 DSGVO

Verwaltungsgericht Stade, Beschluss vom 09.10.2018, Az. 1 B 1918/18


Einschränkung der Datenverarbeitung nach Art. 18 DSGVO

Am 09.10.2018 entschied das Verwaltungsgericht Stade, dass ein Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung gemäß Artikel 18 DSGVO voraussetze, dass der Betroffene die Unrichtigkeit substantiiert der verarbeitenden Stelle gegenüber darlegt.

Wie sind unrichtige Daten nachzuweisen?
Antragssteller war ein Asylbewerber, Antragsgegner eine Behörde. Der Antragsteller gab bei der Anhörung im Rahmen seines Asylantrages an, aus Sierra Leone zu stammen und das Land aufgrund des Bürgerkrieges verlassen zu haben. Den Asylantrag lehnte die zuständige Behörde ab. Ihm wurde die Abschiebung nach Sierra Leone angedroht. In dem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren wurde die Klage des Antragstellers abgewiesen. In der Folgezeit wurde der Antragsteller mangels vorliegender Reisedokumente über mehrere Jahre geduldet. Zur Feststellung seiner Identität sowie zur Beschaffung erforderlicher Reisedokumente wurde der Antragsteller in der Botschaft von Sierra Leone vorgeführt. Aufgrund der dort durchgeführten Anhörung schloss die Botschaft aus, dass er aus Sierra Leone stamme. Vielmehr vermutete sie, dass er Staatsbürger von Guinea sei. Später erhielt die gegnerische Behörde ein Passersatzpapier des Staates Guinea für den Antragsteller. Aufgrund dessen wurde ihm die Abschiebung nach Guinea angedroht. Eine dagegen gerichtete Klage des Antragstellers wurde abgewiesen. Weitere Vorsprachen oder Vorführungen des Antragstellers scheiterten; auch in seiner Unterkunft traf man ihn nicht mehr an. Später beantragte der Antragsteller die Datenberichtigung und Datenlöschung sowie hilfsweise die Datensperrung bezogen auf die Angabe zur guineischen Staatsangehörigkeit. Denn diese sei falsch, er stamme aus Sierra Leone. Da eine Reaktion des Antragsgegners ausblieb, stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diese richtete sich auf die Sperrung der über ihn gespeicherten (falschen) persönlichen Daten.

Zunächst muss sich die Behörde mit der Angelegenheit befassen
Das Verwaltungsgericht Stade erachtete den Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig. Denn dem Antragssteller stünden einfachere und effektivere Möglichkeiten des Rechtsschutzes zur Verfügung. Diese bestünden insbesondere darin, zunächst der bearbeitenden Behörde die Möglichkeit zu geben, sich mit der Angelegenheit zu befassen. Mit dem auf die guineische Staatsbürgerschaft bezogenen Löschungsantrag gegenüber dem Antragsgegner hatte der Antragsteller dies bereits getan. Dass nunmehr ein umfassender Anspruch auf Verarbeitungseinschränkung bezogen auf alle die Staatsangehörigkeit des Antragstellers betreffenden Daten geltend gemacht werden solle, lasse sich dem Schreiben jedoch nicht mit der notwendigen Deutlichkeit entnehmen.

Einzige Anspruchsgrundlage ist Art. 18 DSGVO
Das Gericht befand, dass als einzige Anspruchsgrundlage für die begehrte Einschränkung der Datenverarbeitung Artikel 18 DSGVO in Betracht komme. Das Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen habe der Antragsteller aber nicht glaubhaft machen können.

Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 1 lit. a) liegen nicht vor
Der Antragsteller habe die Richtigkeit der betroffenen Daten nicht bestritten, so das Gericht. Denn das Bestreiten setze voraus, dass gegenüber dem Verantwortlichen substantiierte Angaben zur angeblichen Unrichtigkeit der verarbeiteten Daten gemacht werden (sog. qualifiziertes Bestreiten). Ein Bestreiten ohne Anhaltspunkte, mit dem die betroffene Person eine Verarbeitung möglicherweise richtiger, aber für sie nachteiliger Daten verhindern möchte, reiche hierfür nicht. Da der Antragsteller lediglich angegeben habe, aus Sierra Leone zu stammen, bestreite er die Richtigkeit der „Staatsangehörigkeit: Guinea“. Weitergehende Ausführungen zur Staatsangehöriger Sierra Leones oder entsprechende Nachweise habe er nicht vorgebracht.

Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 1 lit. b) liegen auch nicht vor
Das Gericht sah auch die unrechtmäßige Verarbeitung gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b) nicht als erfüllt an. Denn es sei auch nicht anderweitig ersichtlich, dass der Antragsteller Staatsangehöriger Sierra Leones sei. Grundsätzlich sei aufgrund der durchgeführten Anhörung in der Botschaft von Sierra Leone ausgeschlossen worden, dass der Antragsteller die entsprechende Staatsangehörigkeit besitze. Die verbindliche Klärung der guineischen Staatsangehörigkeit sei aber wiederum daran gescheitert, dass der Antragsteller sich dieser regelmäßig entzogen habe. Zudem sei er unter verschiedenen Identitäten im Bundesgebiet aufgetreten und habe bei einer Anhörung auch angegeben, aus dem Senegal zu stammen. Selbst die vom Antragssteller gesprochene Sprache werde in zahlreichen afrikanischen Staaten genutzt und ließe keinen Schuss auf die Unrichtigkeit der Staatsangehörigkeit Guineas zu.

Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 1 lit. c) liegen nicht vor
Das Verwaltungsgericht befand, dass dem Antragssteller auch kein Einschränkungsrecht nach Art. 18 lit. c) DSGVO zustehe. Denn der Antragsgegner habe die personenbezogenen Daten des Antragstellers infolge seines fortdauernden Aufenthalts im Bundesgebiet nach den vorgenannten Vorschriften weiterhin zu verarbeiten.

Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 1 lit. d) liegen nicht vor
Schlussendlich sah das Gericht auch nicht die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 lit. d) DSGVO als gegeben an. Denn dieser setze voraus, dass ein Widerspruchsrecht nach Art. 21 DSGVO bestehe. Dieses bestehe aber nur, wenn die Datenverarbeitung im öffentlichen Interesse liege oder die Datenverarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich sei. Beim Antragsteller jedoch erfolge die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung. Damit könne kein Widerspruchsrecht nach Art. 21 DSGVO eingreifen.

Verwaltungsgericht Stade, Beschluss vom 09.10.2018, Az. 1 B 1918/18

von Jana Krzewsky


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