• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Datenschutzerklärung von Google größtenteils rechtswidrig

Kammergericht Berlin, Urteil vom 21.03.2019, Az. 23 U 266/13


Datenschutzerklärung von Google größtenteils rechtswidrig

Das Kammergericht Berlin entschied mit Urteil vom 21.03.2019, dass die Datenschutzerklärung von Google aus dem Jahr 2012 in großen Teilen rechtswidrig sei. Denn sie verstoße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), da keine Einwilligung zur Datenverarbeitung von den Nutzern eingeholt werde.

Verstößt die Datenschutzerklärung von Google gegen das Datenschutzrecht?
Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Dieser ging aufgrund der im Jahre 2012 bis teilweise heute durch Google verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und die darin enthaltene Datenschutzerklärung sowie Nutzungsbedingungen gegen das Unternehmen vor. Damit räumte sich Google unter anderem umfangreiche Rechte zur Erhebung und Nutzung von Kundendaten ein. Auch behielt Google sich teilweise das Recht vor, die Daten verschiedener seiner Dienste miteinander zu verknüpfen und sogar in bestimmten Fällen an Dritte weiterzugeben. Aufgrund dessen verlangte die Klägerin von Google, bestimmte Teile der Datenschutzerklärung und der Nutzungsbedingungen nicht mehr zu verwenden. Die Vorinstanz verurteilte Google zur Unterlassung und Anpassung der AGB. Hiergegen legte Google Berufung ein.

Rechtsschutzbedürfnis trotz bereits gefällter Entscheidung durch ein anderes Gericht gegeben
Das Kammergericht Berlin entschied, dass der Klage nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dies gelte auch für Klauseln, über die bereits im Jahre 2008 ein anderes Gericht urteilte. Zwar könne das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Kläger bereits einen vollstreckbaren Titel besitze. Allerdings liege ein Rechtsschutzbedürfnis auch für einen neuen Titel vor, wenn erhebliche Zweifel hinsichtlich der Titelverwendung bestünden. Dies könne insbesondere bei Auslegungsschwierigkeiten der Fall sein, zum Beispiel, wenn die geschuldete Handlung nur allgemein oder ihrer Wirkung nach im Titel angegeben sei. Vorliegend sei die Beklagte zwar der Ansicht, sie habe ihre AGB bereits so angepasst, dass dies einer gerichtlichen Inhaltskontrolle standhalte. Ob dies aber tatsächlich der Fall sei, könne wegen der schwierigen Rechtsfragen nur im gerichtlichen Verfahren entschieden werden.

Nutzungsbedingungen sind als AGB zu werten
Das Gericht urteilte, dass es sich bei der Datenschutzerklärung und den Nutzungsbedingungen um AGB handele. Denn in ihren Nutzungsbedingungen bringe die Beklagte zum Ausdruck, dass sie ihre Dienste ausschließlich im Rahmen einer rechtlich geregelten – und von ihr als „Nutzungsverhältnis“ bezeichneten - Sonderverbindung zur Verfügung stelle. Wenn die Beklagte aber Rechtsgestaltung für ihre Dienstenutzung beanspruche und damit in die geschützte Rechtsposition der Verbraucher eingreife, müsse sie sich auch eine Inhaltskontrolle gefallen lassen.

Datenschutzerklärung ist auch als AGB zu bewerten
Gleiches gelte für die von der Beklagten als Datenschutzerklärung bezeichneten AGB, so das Kammergericht. Grundsätzlich werde die Einhaltung von Datenschutzrecht zwar durch öffentliche Stellen kontrolliert. Trotzdem könnten sich Verbraucherschutzvereine gegen unwirksame Klauseln wenden, wenn ein Unternehmen darin datenschutzrechtliche Erklärungen aufnehme. Insbesondere enthalten die AGB nicht nur reine Informationen und Hinweise. Denn Google erläutere darin, wie es mit personenbezogenen Daten im Falle seiner Dienstenutzung umgehen werde. Das könne vom Verbraucher nur so verstanden werden, dass er die beschriebene Datenschutzpraxis zu dulden habe, wenn er Google nutzen wolle. Der Verbraucher werde somit vor eine Wahl gestellt, was über eine bloße Unterrichtung hinausgehe.

Keine Differenzierung zwischen entgeltliche und kostenlosen Leistungen
Das Kammergericht erkannte den Einwand der Beklagten nicht an, ihre Dienste seien aufgrund der Anonymität der Nutzer als unentgeltlich anzusehen. Und deswegen seien als Kontrollmaßstab die gesetzlichen Bestimmungen zur Schenkung, Leihe und Verwahrung heranzuziehen. Denn die Beklagte habe in den angegriffenen Klauseln nicht zwischen kostenlosen und entgeltlichen Diensten differenziert. Die Klauseln gelten vielmehr für alle angebotenen Dienste. Somit seien sie am Maßstab entgeltlicher Verträge zu überprüfen.

Keine einseitige Beendigung der Google-Dienste möglich
Das Gericht erachte mehrere Klauseln der AGB als unwirksam. Dies gelte zum Beispiel für eine Klausel, durch die Google seine Dienste nach eigenem Ermessen einstellen oder ändern wolle. Denn die einseitige Beendigung von Dauerschuldverhältnissen sein nur zulässig, wenn die Fortsetzung des Vertrages nicht zumutbar sei und dem Vertragspartner vorher Gelegenheit gegeben wurde, sein vertragswidriges Verhalten einzustellen. Zwar müsse es erlaubt sein, kostenlose Dienste nach eigener Entscheidung einzustellen. Allerdings beziehe sich die Klausel auf sämtliche Dienstleistungen und somit auf entgeltliche und kostenlose Dienstleistungen. Die Klausel könne aber nicht auf den gesetzlich zulässigen Teil reduziert werden, da sie nicht teilbar sei. Daher müssten Einschränkung hinzugefügt werden, um sie zulässig zu machen.

DSGVO als Überprüfungsmaßstab
Zudem urteilte das Kammergericht, dass für die Überprüfung der Datenschutzerklärung die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zugrunde zu legen sei. Denn Überprüfungsmaßstab sei die Rechtslage im jetzigen Entscheidungszeitpunkt. Damit gelte auch ein erst nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils erlassenes Gesetz, wenn das Klagebegehren auf ein zukünftiges Handeln der Beklagten ziele. Dies sei vorliegend der Fall.

Keine Einwilligung durch die Nutzer
Nach Meinung des Gerichts verstieß die Datenschutzerklärung gegen die Bestimmungen der DSGVO. Danach sei die Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn die betroffene Person darin eingewilligt habe. Bislang sei zwar noch nicht abschließend geklärt, wie die Einwilligung zu erklären sei. Sie solle aber durch eine eindeutige bestätigende Handlung erfolgen, und zwar in informierter und freiwilliger Weise. Eine stillschweigende Hinnahme könne aber nicht als Einwilligung verstanden werden. Daher reiche eine Bestätigung, die Datenschutzerklärung gelesen zu haben, wie im vorliegenden Fall, nicht aus.

Datenverarbeitung ohne Einwilligung nicht gegeben
Auch sah das Kammergericht keine Erlaubnistatbestände vorliegen, die eine Datenverarbeitung ohne Einwilligung ermöglichen. Zwar könne die Datenverarbeitung erlaubt sein, wenn sie zur Erfüllung eines Vertrags erforderlich sei. Dieser Tatbestand sei auch in einzelnen der Datenschutzklauseln gegeben. Allerdings seien diese Klauseln nicht auf diese Fälle beschränkt. Sie gestatten vielmehr auch die Verarbeitung solcher Daten, die nicht zur Vertragserfüllung erforderlich seien. Dies drücke die Beklagte auch in einer ihrer Klauseln aus. Hierin erkläre sie, die Daten auch zu vertragsfremden Zwecken zu verarbeiten, indem sie die anonymen Daten zu Werbezwecken an Geschäftspartner übermitteln wolle. Aber auch anonymisierte Daten seien Daten im Sinne der DSGVO.

Verwirrende Struktur führt zu Unwirksamkeit der Klauseln
Weiterhin erachtete das Gericht die Klauseln in ihrer Gesamtheit auch deswegen als unwirksam, weil sie wegen der unklaren Strukturierung für den durchschnittlichen Leser nicht mehr verständlich seien. Das Klauselwerk sei so verschachtelt ausgestaltet, dass nur nach eingehender rechtskundiger Prüfung erkennbar sei, welcher Sachverhalte jeweils erfasst sei. Ein durchschnittlicher Verbraucher aber werde bei der Lektüre resignieren und sie mit dem Eindruck beenden, dass die Beklagten sämtliche erhobenen Daten nutzen könne.

Kammergericht Berlin, Urteil vom 21.03.2019, Az. 23 U 266/13


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland