• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Auskunftsanspruch aus Steuerakten

Finanzgericht Saarbrücken, Beschluss vom 03.04.2019, Az. 2 K 1002/16


Auskunftsanspruch aus Steuerakten

Das Finanzgericht Saarbrücken entschied am 03.04.2019, dass gegenüber dem Finanzamt ein Auskunftsanspruch über die personenbezogenen Daten bestehe. Zwar werde in der DSGVO kein Auskunftsanspruch geregelt. Allerdings sei die DSGVO durch die obersten deutschen Finanzbehörden für sämtliche Steuerarten als anwendbar erklärt worden. Daraus resultiere ein Einsichtsrecht in Steuerakten.

Gibt es ein Akteneinsichtsrecht in Steuerakten?
Kläger war ein Rechtsanwalt, dessen Sozietät mit zwei weiteren Anwälten durch Vertrag aufgelöst worden war. Die Anwälte waren untereinander zerstritten, insbesondere was die Berechnung des Veräußerungsgewinns und die Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz betraf. Einige Jahre später fand bei der Sozietät eine Außenprüfung statt. Bei einem Treffen mit dem prüfenden Finanzamt beantragte der Kläger Akteneinsicht. Dies wurde ihm aufgrund der langen Verfahrensdauer und des Steuergeheimnisses verwehrt. Dagegen legte er Einspruch ein, welcher aber als unbegründet zurückgewiesen wurde. Aufgrund dessen erhob er Klage, um Akteneinsicht zu erhalten. Im Zuge des weiteren Verfahrens wurde die Klage jedoch als erledigt erklärt.

Konkretes Interesse an Akteneinsicht ausreichend
Das Finanzgericht Saarbrücken entschied, dass die Klage zulässig gewesen wäre. Denn bei einer Klage auf Akteneinsicht handele es sich um ein Verpflichtungsbegehren. Zudem fehle einer Klage auf Akteneinsicht nicht deswegen das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis, weil die erlassenen Bescheide im Ergebnis nicht mit der Klage angefochten werden. Denn zum einen könne nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Kläger erfolgreich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hätte. Zum anderen sei ausreichend, dass die entsprechenden Akten personenbezogene Daten beinhalten und der Kläger ein konkretes Interesse an der Akteneinsicht dargelegt habe.

Auskunftsanspruch auch für Zeit vor DSGVO
Das Finanzgericht befand, dass für die Sach- und Rechtslage immer der Abschluss des gerichtlichen Verfahrens maßgeblich sei. Danach sei die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) heranzuziehen. Zwar sei in ihr nicht ausdrücklich ein Akteneinsichtsrecht geregelt. Es bestehe aber ein Auskunftsanspruch über sämtliche verarbeiteten personenbezogenen Daten. Dies gelte in zeitlicher Hinsicht auch, soweit personenbezogene Daten seit Anwendbarkeit der DSGVO verarbeitet werden. Damit greife die Regelung auch für Akten mit Informationen aus einer Zeit vor dem 25. Mai 2018 ein.

Auch Papierakten fallen als Dateisysteme unter die DSGVO
Das FG urteilte, dass die DSGVO sachlich auch für Papierakten gelte. Denn diese würden nach Steuernummern oder sonstigen Aktenzeichen sortiert und damit ein Dateisystem im Sinne der DSGVO darstellen.

Informationsfreiheitsgesetze der Länder gewähren Informationszugang
Zwar gelte die DSGVO grundsätzlich nur für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Anwendungsbereich des Unionsrechts. Somit sei zweifelhaft, ob diese auch Anwendung auf nicht harmonisierte Steuern wie Einkommen- oder Körperschaftsteuer finde. Jedoch solle die DSGVO gemäß den obersten deutschen Finanzbehörden zugunsten der Betroffenen für sämtliche Steuerarten anwendbar sein. Dies gelte, soweit nicht bereits die Informationsfreiheitsgesetze der Länder die entsprechende Anwendung der DSGVO anordne. So sei es der Fall beim Saarländischen Informationsfreiheitsgesetz (SIFG). Denn hierüber werde bereits ein Informationszugang zu den Landesfinanzbehörden gewährt. Den Behörden stehe dabei auch keinerlei Ermessen zu.

Keine geheimen Daten von der Akteneinsicht betroffen
Das Finanzgericht konnte auch keine Ausschlussgründe für die Akteneinsicht erkennen. Zwar gelte das Recht auf Auskunft gegenüber Finanzbehörden nicht, wenn geheime Daten betroffen seien. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall. Denn die für das Klageverfahren bedeutsamen Verhältnisse seien nicht vom Steuergeheimnis erfasst. Sämtliche Beteiligte seien daher berechtigt, Einsicht in die Steuerakte zu nehmen, solange sie Mitgesellschafter seien. Nicht dem Steuergeheimnis unterliegen daher alle mit der Kanzlei zusammenhängenden Aufwendungen, Sondervergütungen oder Sonderbetriebseinnahmen, soweit sie in der einheitlichen und gesonderten Feststellung zu erfassen seien.

Finanzgericht Saarbrücken, Beschluss vom 03.04.2019, Az. 2 K 1002/16


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland