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Auch Notizen und Telefonvermerke sind Daten

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 26.07.2019, Az. 20 U 75/18


Auch Notizen und Telefonvermerke sind Daten

Das Oberlandesgericht Köln entschied am 26.07.2019, dass der Auskunftsanspruch aus Artikel 15 DSGVO auch Telefonvermerke und Gesprächsnotizen umfasse. Denn es sei Auskunft über alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen, zu erteilen. Eine Unterscheidung nach Wichtigkeit der Daten gebe es nicht.

Über welche Daten ist Auskunft zu erteilen?
Kläger war ein Versicherungsnehmer, der Leistungen aus einer Lebensversicherung inkl. Berufsunfähigkeits-versicherung beanspruchte. Darüber kam es zum Streit mit der Versicherung. Während der Auseinandersetzung verlangte der Kläger auch Auskunft über alle ihn betreffenden Daten, die bei der beklagten Versicherung gespeichert waren. Ziel war es unter anderem, dadurch mehr Informationen zu einer möglichen Fehlberatung und daraus resultierender Schadenersatzansprüche gegen die Beklagte zu erhalten. Die Beklagte stellte ihm Daten aus der Datenverarbeitung sowie aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Verfügung. Dabei handelte es sich ausschließlich um Stammdaten, also Basisdaten. Diese Auskunft reichte dem Kläger aber nicht. Er verlangte ausdrücklich Auskunft über Gesprächsnotizen und Telefonvermerke. Die Beklagte verweigerte sich, da ihrer Auffassung nach diese Auskunft zu weit reichte. Die Vorinstanz gab der Beklagten recht und verneinte den Auskunftsanspruch des Klägers. Dies erfolgte im Übrigen noch vor Geltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), also nach altem Recht. Der Kläger ging in Berufung.

DSGVO als Anspruchsgrundlage
Das Oberlandesgericht Köln urteilte, dass der Auskunftsanspruch an Artikel 15 der Datenschutz-grundverordnung (DSGVO) zu bemessen sei. Zwar sei die DSGVO erst im Mai 2018, also nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils, in Kraft getreten. Der Kläger habe sein Auskunftsbegehren erstinstanzlich auf § 34 BDSG gestützt, weshalb auch die 1. Instanz auf dieser Grundlage geurteilt habe. Allerdings müsse das Berufungsgericht das geltende, bei Rechtsänderungen also das neue Recht, anwenden.

Datenbegriff ist weit zu verstehen
Das Gericht befand, dass der Begriff der "personenbezogenen Daten" aus Artikel 15 DSGVO weit gefasst sei. Er umfasse alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen. Daten ausschließlich auf Stamm- bzw. Basisdaten zu begrenzen, stehe diesem Datenbegriff entgegen. Denn durch die Entwicklung der Informationstechnologie mit ihren umfassenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten gebe es keine belanglosen Daten mehr. Soweit in Gesprächsvermerken oder Telefonnotizen Aussagen des Klägers selbst oder über ihn festgehalten seien, handele es sich auch dabei um auf ihn bezogene Daten.

Unzumutbarer Aufwand spielt für Auskunftsverpflichtung keine Rolle
Der bestehende Auskunftsanspruch müsse auch vollständig erfüllt werden, so das OLG Köln weiter. Er gelte selbstverständlich auch für Großunternehmen, die einen umfangreichen Datenbestand zu verwalten haben. Dabei spiele es keine Rolle, ob die vollständige Datenauskunft mit den zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen wirtschaftlich unmöglich erscheine. Es sei Sache der Beklagten, ihre elektronische Datenverarbeitung im Einklang mit der Rechtsordnung zu organisieren und dafür Sorge zu tragen, dass der Datenschutz beachtet werde.

Keine Beschränkung der Auskunft wegen Rechte Dritter
Das Gericht war auch der Meinung, der Auskunftsanspruch sei nicht aufgrund möglicherweise von der Auskunft betroffener Rechte und Freiheiten anderer Personen eingeschränkt. Denn die Auskunftserteilung beziehe sich ausschließlich auf die personenbezogenen Daten des Klägers. Auch hierbei sei es Sache der Beklagten, diese Verpflichtung im Einklang mit der Rechtsordnung und den Regeln der DSGVO zu erfüllen und damit auch unter Beachtung datenschutzrechtlicher Belange Dritter.

Keine Auskunft als Vorabentscheidung
Das OLG verneinte den Anspruch des Klägers auf eine Vorabentscheidung in Bezug auf die Auskunft. Denn der Auskunftsanspruch diene primär dazu, im Folgenden weitere Rechte aus der DSGVO wahrzunehmen, wie z.B. das Recht auf Berichtigung oder das Recht auf Löschung. Zwar sei es durchaus möglich, dass die Auskunft auch Erkenntnisse und Indizien liefere, die möglicherweise einen Schadensersatzanspruch nach gänzlich anderen Vorschriften begründen oder nahelegen. Dabei handele es sich aber um einen bloß zufälligen Nebeneffekt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die DSGVO gezielt dazu geschaffen worden sei, die grundsätzliche Struktur des deutschen Zivilprozessrechts umzukehren.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 26.07.2019, Az. 20 U 75/18


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