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Abgeschaltete Überwachungskameras unterfallen nicht der DSGVO

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.06.2021, Az. 10 A 10302/21


Abgeschaltete Überwachungskameras unterfallen nicht der DSGVO

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 25.06.2021 entschieden, dass bei einer abgeschalteten Überwachungskamera keine Verarbeitung personenbezogener Daten stattfindet, sodass die DSGVO auf diese keine Anwendung findet. Der bloße Überwachungsdruck, der von einer abgeschalteten Überwachungskamera ausgeht, rechtfertigt nicht die Annahme einer behördlichen Befugnis zur Anordnung der Demontage.

Hintergrund
Der Kläger ist Eigentümer eines Einkaufszentrums. Er hatte eine große Werbetafel aufgestellt und Kameras installiert, um diese zu schützen. Daraufhin erging eine Anordnung der Beklagten (Aufsichtsbehörde), die darauf gerichtet war, die Videoüberwachung zumindest teilweise einzustellen und insbesondere eine abgeschaltete Kamera abzubauen. Hiergegen setzte sich der Kläger zur Wehr und begründete sein Interesse an der Videoüberwachung damit, dass er die Werbetafel gegen Vandalismus schützen wolle. In diesem Fall sei die Beauftragung eines Sicherheitsdienstes oder der Abschluss einer Versicherung nicht wirtschaftlich, so der Kläger.

Wann ist eine Videoüberwachung zulässig?
Da eine Videoüberwachung in die Rechte der betroffenen Personen eingreift, darf sie nicht willkürlich vorgenommen werden. In den meisten Fällen wird bei der Installation einer Videoüberwachung die Wahrung berechtigter Interessen angegeben. Dies ist beispielsweise der Schutz vor Eigentumsverletzungen, Einbrüchen oder Vandalismus. In den meisen Fällen richtet sich diese Zulässigkeit nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO. Zusätzlich muss dabei das Kriterium der Erforderlichkeit gegeben sein.

Befugnisse der Aufsichtsbehörde bei Verstößen
Die Aufsichtsbehörde verfügt im Fall eines Datenschutzverstoßes nach Art. 58 Abs. 2 lit. f DSGVO über

„sämtliche Abhilfebefugnisse, die es ihr gestatten würden, eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, zu verhängen.“

Nach Auffassung der Richter sei hiervon allerdings nicht die Anordnung umfasst, eine abgeschaltete Videokamera demontieren zu müssen. Darüber hinaus lasse sich die Anweisung zur Demontage einer deaktivierten Kamera auch nicht unter den Begriff des Verbots im Sinne der Vorschrift subsumieren. Nach Erwägungsgrund 129 Satz 4 DSGVO dürfe ein Verbot nach Art. 58 Abs. 2 lit. f DSGVO unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes lediglich dann verhängt werden, wenn mildere Maßnahmen wie die Beschränkung der Verarbeitung keinen Erfolg versprechen würden.

Keine Datenverarbeitung bei abgeschalteter Kamera
Grundsätzlich handelt es sich bei Videoaufnahmen und deren vorläufiger Speicherung durch eine Überwachungskamera um Datenverarbeitungsvorgänge im Sinne von Art. 4 DSGVO. Demgegenüber unterfällt eine ausgeschaltete Videokamera bereits nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 DSGVO, denn von dieser können schon gar keine Daten mehr verarbeitet werden. Ist die Überwachungskamera ausgeschaltet, findet damit keine Verarbeitung personenbezogener Daten mehr statt.

Überwachungsdruck rechtfertigt keine Pflicht zur Demontage
Von einer echten abgeschalteten Überwachungskamera geht, genauso wie von einer Kamera-Attrappe, ein Überwachungsdruck für die Betroffenen aus, die sich in dem Einflussbereich befinden. Dies rechtfertigt allerdings nicht die Annahme einer behördlichen Befugnis zur Anordnung der Demontage. Soweit eine Videoüberwachung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Einzelnen in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung eingreift, sind Abwehr-, Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche vom Betroffenen direkt auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.

Fazit
Zwar haben die zuständigen Behörden nicht die Befugnis von Seiten des Gesetzes, einen Abbau von Überwachungskameras aufgrund von Art. 58 DSGVO anzuordnen. Dennoch sollten sich die Verantwortlichen bewusst sein, dass auch von abgeschalteten Kameras bzw. Kamera-Attrappen ein Überwachungsdruck ausgeht, sodass die Rechte von Zivilpersonen tangiert werden können. Dies kann zivilrechtliche Rechtsstreitigkeiten veranlassen und somit kostenintensive Abwehr-, Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche zur Folge haben.


Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.06.2021, Az. 10 A 10302/21


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