Regelung über die pauschale Abgeltung von Überstunden
Eine Regelung über die pauschale Abgeltung von Überstunden in einem Arbeitsvertrag ist nur wirksam, wenn das zeitliche Ausmaß der Überstunden und die konkreten Arbeitsleistungen angeführt sind, die von ihr erfasst werden sollen. Zweifel bei der Auslegung einer Verfallkausel in einem schriftlichen Arbeitsvertrag, der vom Arbeitgeber vorgefertigt und dem Arbeitnehmer zur Unterfertigung vorgelegt wird, gehen zulasten des Arbeitgebers und führen zur Unwirksamkeit der Bestimmung. Überstunden können auch ohne vorherige Anordnung durch den Arbeitgeber einen Entlohnungsanspruch des Arbeitnehmers begründen.
Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte sich anlässlich einer Streitigkeit zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer über Ansprüche auf Überstundenvergütung mit der Wirksamkeit von Klauseln in einem Arbeitsvertrag zu befassen. Der Arbeitnehmer war als Nachtwache bei einem privaten Pflegedienst beschäftigt. Die monatliche Regelarbeitszeit betrug 120 h. Der Arbeitnehmer begehrte vom Arbeitgeber die Entlohnung für insgesamt 540 Überstunden. Der Arbeitgeber vertrat im Verfahren die Ansicht, der Arbeitnehmer könnte aufgrund einer Regelung im Arbeitsvertrag keine Überstundenforderungen geltend machen und berief sich darüber hinaus auf den Verfall. Überdies hätte er die Überstunden nicht angeordnet. Im schriftlichen Arbeitsvertrag war eine Klausel enthalten, wonach Überstunden mit dem Grundgehalt abgegolten wären. Nähere Ausführungen zum zeitlichen Ausmaß der Überstunden oder zur Art der Arbeitsleistung enthielt der Arbeitsvertrag nicht. Geregelt war auch, dass Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis verfallen sollten, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich erhoben würden. Der Beginn des Laufs der Dreimonatsfrist war im Arbeitsvertrag nicht festgelegt. Die Regelung zur Überstundenvergütung wurde vom Landesarbeitsgericht Hamm als intransparent und damit unwirksam beurteilt: Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann wirksam, wenn sich aus ihr konkret die Arbeitsleistung und der zeitliche Umfang ergeben, die von ihr erfasst werden sollen. Die Verfallkausel ließ nach der Ansicht des Landesarbeitsgerichtes Hamm Zweifel an der Auslegung offen, die zur Unwirksamkeit der Bestimmung führten: In Verträgen kann zum Beginn eines Fristenlaufs zum Beispiel auf die Fälligkeit des Anspruchs, auf die tatsächliche oder rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder auch auf den Zeitpunkt einer Abrechnung abgestellt werden. Die mangels Regelung im Arbeitsvertrag bestehenden Zweifel über den Beginn des Fristenlaufs gingen zulasten des Arbeitgebers, da dieser diese Klausel in dem vom Arbeitnehmer unterfertigen Arbeitsvertrag verwendet hatte. Auch die mangelnde Anordnung von Überstunden befreite den Arbeitgeber nicht von seiner Entlohnungsverpflichtung: Es ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes für einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Überstundenvergütung nicht notwendig, dass Überstunden vorher ausdrücklich vom Arbeitgeber angeordnet wurden. Es reicht aus, wenn der Arbeitgeber die Überstunden billigt oder duldet oder diese jedenfalls zur Erledigung der anfallenden Aufgaben notwendig waren. Im konkreten Fall ergab sich die Notwendigkeit der Überstunden aus den Einteilungen im Dienstplan, der personellen Unterbesetzung und der Notwendigkeit der kontinuierlichen Versorgung der zur Pflege anvertrauten Personen. Der Arbeitgeber hatte somit dem Arbeitnehmer die geleisteten Überstunden zu bezahlen.
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 01.06.2012, Az. 13 Sa 512/12