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Kündigung bei Beteilung an Tätlichkeiten


Kündigung bei Beteilung an Tätlichkeiten

Tätliche Auseinandersetzungen in der Arbeitszeit sind eine schwere Pflichtverletzung bei Arbeitnehmern. Sie rechtfertigen eine fristlose Kündigung. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) präzisiert die Grundsätze, nach denen die Beteiligung an solchen Tätlichkeiten zu bewerten ist. Das Gericht traf zwei wichtige Aussagen. Ob eine Kündigung gerechtfertigt ist, darf nicht danach beurteilt werden, ob der Betroffene eine lückenlose Schilderung der Vorgänge liefern kann. Ferner gilt, dass allein die Teilnahme an einer vorherigen Eskalation noch keine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Im Revisionsverfahren wollte ein Gekündigter erreichen, dass er weiterhin gegen seine fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung vorgehen kann. Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte am 10.10.2005 die Kündigung bestätigt und eine Berufung des Klägers abgewiesen. Vor dem BAG war die Revision des Klägers aber erfolgreich. Denn das BAG sah Fehler bei der Anwendung des § 626 Abs. 1 BGB, also dem wichtigen Grund, der eine Kündigung rechtfertigt.

Der Kläger war bei einem Unternehmen mit der Abfertigung von Luftfracht beschäftigt. Als Fahrer eines Gabelstaplers forderte er einen Kollegen zu schnellerer Arbeit auf. Dabei fielen sinngemäß die Worte, dieser solle nicht einschlafen. Der Kollege beleidigte und bedrohte den Kläger daraufhin massiv. Dieser verließ seinen Gabelstapler und ging auf den Kollegen zu. Es entwickelte sich eine intensive körperliche Auseinandersetzung, die beiden Kontrahenten waren selbst durch Kollegen kaum noch zu trennen. Der Kläger wurde gekündigt.

Das Bundesarbeitsgericht folgte dem Landesarbeitsgericht darin, dass die Beteiligung an tätlichen Auseinandersetzungen eine schwere Pflichtverletzung darstellt. Das gilt auch für die Mitwirkung an Eskalationsstufen, die der Tätlichkeit vorausgehen. Aber laut dem BAG dürfen Eskalation und Tätlichkeit nicht einfach als Einheit betrachtet werden. Das Landesarbeitsgericht sah den wichtigen Grund für die Kündigung darin, dass der Kläger seinen Gabelstapler verlassen und sich körperlich in die Nähe seines Kollegen begeben hatte. Dadurch habe er zur Eskalation beigetragen, die schließlich in die tätliche Auseinandersetzung mündete. Das BAG entschied, dass eine solch allgemeine Anwendung fehlerhaft ist. Denn nicht jede Eskalation münde in eine Tätlichkeit. Daher muss die Eskalation eigenständig bewertet werden. Das gilt mindestens dann, wenn eine aktive Beteiligung des Klägers an den Tätlichkeiten nicht zweifelsfrei bewiesen werden kann. Dieser hatte argumentiert, er habe den Gabelstapler nur verlassen, um eine Klärung zu erreichen. Eine tätliche Auseinandersetzung habe er nicht erwartet.

Das BAG sah auch Rechtsfehler bei der Darlegungs- und Beweispflicht im Verfahren. Der Kläger sei zu Recht verpflichtet worden, seine Position durch eine Schilderung zu Anlass und Verlauf der Tätlichkeit zu untermauern. Der Kläger konnte aber viele Details nicht mehr erinnern, weil die Situation sehr schnell ablief. Das Landesarbeitsgericht bewertete das eher zu seinem Nachteil, weil es darin Hinweise auf seine aktive Beteiligung vermutete. Dem widersprach das BAG ganz ausdrücklich. Denn die primäre Beweislast liegt beim kündigenden Arbeitgeber, er muss seine Gründe belegen können. Mit seiner Entscheidung vom 18.09.2008 (Az. 2 AZR 1039/06) verwies das BAG den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung zurück an das Landesarbeitsgericht.


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