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Fristlos gekündigt wegen Fußballbildchen

ArbG Mönchengladbach, 2 Ca 1442/14


Fristlos gekündigt wegen Fußballbildchen

Ein Supermarkt in Nordrhein-Westfalen verteilt an seine Kunden ab einem Einkaufwert von 10 Euro WM-Fußballsammelbilder. Im Einkauf kosten sie ihm 8 Euro pro Karton. Wegen eines solchen Kartons ist eine Angestellte dieses Supermarktes nach 16 Jahren ihren Job losgeworden. 

Am fraglichen Tag warf die Frau auf dem Parkplatz des Supermarktes Altpapier und –kartons in die Papierpresse. Über eine dort installierte Videokamera beobachtete der Marktbetreiber, wie sie eine der Schachteln nahm, hin und her schüttelte und anschließend im Kofferraum ihres eigenen Autos verstaute. Er fand das Handeln der Frau äußerst verdächtig und stellte sie zur Rede. Gemeinsam mit ihr öffnete er die besagte Schachtel und fand drin einen Karton Fußballbildchen. Aufgrund dessen kündigte er der Mitarbeiterin fristlos.

Dagegen reichte die Verkäuferin Kündigungsschutzklage ein. Beim Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach brachte sie vor, sie habe die Schachtel zu Ablagezwecken mit nach Hause nehmen wollen und von ihrem Inhalt nichts bemerkt. Zudem sei eine fristlose Kündigung schon aufgrund des geringen Wertes der Bilder unverhältnismäßig.

Dagegen argumentierte der Arbeitgeber, dass die Mitarbeiterin ganz genau gewusst haben musste, was sich in dem Karton befand. Schon allein dessen Gewicht von fast anderthalb Kilogramm hätte sie stutzig machen müssen. Sie habe in dem Betrieb eine besondere Vertrauensstellung bekleidet. Neben ihrer Aufgabe als Kassiererin war sie für die Kassenabrechnung und den Geldtransport zur Bank zuständig. Dieses Vertrauen sei ein für alle Mal zerstört und eine Weiterbeschäftigung für ihn unzumutbar. 

Die Vorsitzende Richterin erklärte, dass es bei dem Rechtsstreit vor allem darauf ankommt, ob die Verkäuferin über den Inhalt des Kartons Bescheid wusste und was die bei einer Kündigungsschutzklage immer durchzuführende Interessenabwägung erbringt. Darüber werde die Kammer nach der ergebnislosen Güteverhandlung an einem weiteren Termin entscheiden. Doch zu diesem kam es vorerst nicht mehr. Nach dem fehlgeschlagenen Gütetermin einigten sich die Parteien mit einem widerruflichen Vergleich und lösten das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen.

Diebstahl am Arbeitsplatz zieht normalerweise eine fristlose Kündigung nach sich. Schon das Entwenden von Sachen mit geringfügigem Wert kann eine solche durchaus rechtfertigen. Da jedoch das Arbeitsgesetz keine "absoluten" Kündigungsgründe kennt, ist jeder Fall für sich zu beurteilen. Eine fristlose Kündigung setzt immer einen sogenannten wichtigen Grund wie eine Straftat gegenüber Arbeitgeber oder Kollegen voraus, z. B. einen Diebstahl. Dabei ist ausschlaggebend, dass der Arbeitnehmer wusste, dass er etwas falsch macht. Dieser Kündigungsgrund muss derart schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung nicht zuzumuten ist, auch nicht bis zum Ablauf der üblichen Kündigungsfrist. Das Arbeitsgericht prüft die genauen Umstände des Einzelfalles und wägt die Interessen beider Parteien gegeneinander ab.

Kann die Verkäuferin dem Gericht glaubhaft machen, dass sie den Karton für leer gehalten hat, wäre die Kündigung unwirksam. Das dürfte nicht ganz einfach werden. Dafür spricht, dass die Fußballbildchen, wenn überhaupt, nur einen geringen Verkaufswert haben. Sie hätte sie bestenfalls in der Nachbarschaft verteilen und keinen rentablen Gewinn daraus schlagen können. Wer wirklich einen Diebstahl begehen will, sucht sich in der Regel Sachen aus, die sich gut versilbern lassen. Davon dürfte die Auswahl in einem Supermarkt groß genug sein, dass man nicht ausgerechnet mit Fußballbildern vorlieb nehmen muss. Dagegen spricht das für einen leeren Karton ungewöhnliche Gewicht. Die Frage, wieso ihr das nicht aufgefallen ist und sie daraufhin nicht hineingesehen hat, bedarf einer plausiblen Erklärung.

Kann der Arbeitgeber das Gericht davon überzeugen, dass sein Vertrauen in die Kassiererin unwiederbringlich zerstört ist, wäre die Kündigung wirksam. Immerhin hatte sie eine besondere Vertrauensstellung innegehabt. Doch vergreift sich jemand, der mal – vielleicht aus Versehen – ein paar Fußballbilder mitnimmt, auch gleich an Geldkassetten? Eventuell hätte in diesem Fall eine Abmahnung ebenso gereicht, zumal es sich um eine langjährige und bis dato unauffällige und zuverlässige Kraft handelt.

Zu welchem Ergebnis das Gericht unter Berücksichtigung all dieser Erwägungen gekommen wäre, erscheint aus Sicht beider Parteien völlig offen. Dies dürfte der Grund für den außergerichtlichen Vergleich gewesen sein. Legt keiner der Beteiligten bis zur vereinbarten Frist Widerspruch ein, bleibt es bei der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. 

ArbG Mönchengladbach, 06.06.14, Az: 2 Ca 1442/14


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