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Flashmob-Aktion kann im Arbeitskampf zulässig sein

Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Aktenzeichen 1 BvR 3185/09, Beschluss vom 26.3.2014


Flashmob-Aktion kann im Arbeitskampf zulässig sein

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe hat unter dem Aktenzeichen 1 BvR 3185/09 mit Beschluss vom 26.03.14 über die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.09.09 (Aktenzeichen 1 AZR 972/08) und die Urteile der Vorinstanzen Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 29.09.08 (Aktenzeichen 5 Sa 967/08) und Arbeitsgericht Berlin vom 01.04.08, Aktenzeichen 34 Ca 2402/08 entschieden.

In den Urteilen wurden gewerkschaftliche sogenannte Flashmob-Aktionen der Gewerkschaft ver.di im Zuge eines Streiks im Einzelhandel als rechtmäßig angesehen. Hiergegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde.

Der Beschwerdeführer ist ein Arbeitgeberverband und organisiert Einzelhandelsunternehmen in Berlin-Brandenburg. Die beklagte Gewerkschaft ver.di führte einen Streik zwecks Durchsetzung eines neuen Tarifvertrags für den Einzelhandel durch. Ihre Landesgruppe Berlin-Brandenburg verteilte während des Streiks virtuelle Flugblätter auf denen die Frage zu lesen war: „Hast Du Lust, Dich an Flashmob-Aktionen zu beteiligen?“. Die Gewerkschaft bat Interessierte um deren Telefonnummer zwecks Verbreitung von Informationen, wann man "gezielt einkaufen" gehen wollte. Dies sollte so vonstatten gehen, dass in der Filiale, in der Streikbrecher arbeiten, zur gleichen Zeit viele Leute einen Pfennigartikel kaufen und damit für längere Zeit den Kassenbereich blockieren sollten. Die Streikbrecher sollten zum Streik aufgefordert werden. Die Einkaufswagen sollten vollgepackt und dann stehengelassen werden. Frischware sollte ausgenommen sein. Für diese Aktionen machte ver.di auch in der Presse und in einer öffentlichen Kundgebung Werbung.

Auch in einer Filiale eines Mitglieds des Beschwerdeführers hat die Gewerkschaft eine solche Aktion durchgeführt, an der sich ca. 40 bis 50 Teilnehmer beteiligten. Einige von ihnen trugen Jacken und Buttons mit Aufdrucken von ver.di. Die Aktion wurde wie oben beschrieben durchgeführt und hatte laut ver.di 45 Minuten gedauert, nach Ansicht des Beschwerdeführers eine Stunde.

Mit seiner Klage vor den Arbeitsgerichten wollte der Beschwerdeführer der Gewerkschaft weitere Aktionen dieser Art untersagen lassen.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hatte die Berufung zurückgewiesen und auch die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht blieb ohne Erfolg, denn der Beschwerdeführer könne nicht die Unterlassung von Aufrufen zu Flashmob-Aktionen von ver.di verlangen, weil diese grundsätzlich nicht rechtswidrig seien. Zwar stellen sie regelmäßig einen Eingriff in den Gewerbebetrieb dar, doch dieser sei aus arbeitskampfrechtlichen Gründen gerechtfertigt. Somit sei die Klage nicht begründet.

Die Flashmob-Aktionen unterfielen dem Schutz des Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG). Ob eine Aktion koalitionsspezifisch sei, hänge nicht von der Art des Mittels, sondern dem verfolgten Ziel ab. Der Schutz des GG sei auch nicht verwehrt, nur weil nicht ausgeschlossen sei, dass sich auch Dritte beteiligen würden. Die Rechtmäßigkeit einer Flashmob-Aktion hänge nicht zuletzt auch von der Verhältnismäßigkeit ab. Diese sei hier gewahrt worden. Zudem bestehe auch die Möglichkeit des Ladenbetreibers, bei eventuell strafrechtlich relevanten Aktionen sein Hausrecht auszuüben.

Soweit die Verfassungsbeschwerde überhaupt zulässig sei, sei sie unbegründet, so das Gericht. Die Urteile verletzen nicht die Koalitionsfreiheit des Beschwerdeführers aus Artikel 9 GG (diese ist das Recht von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, Interessenverbände zu bilden, z.B. Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände).

Der Eingriff in den Gewerbebetrieb sei nur von kurzer Dauer gewesen und daher hinnehmbar. 

Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Aktenzeichen 1 BvR 3185/09, Beschluss vom 26.3.2014


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