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BAG stärkt Meinungsfreiheit bei Betriebsratswahl

BAG, 2 AZR 505/13


BAG stärkt Meinungsfreiheit bei Betriebsratswahl

Bundesarbeitsgericht: Nicht jede öffentliche Kritik am Arbeitgeber im Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl rechtfertigt eine fristlose Kündigung von Arbeitsverhältnissen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) beschäftigte sich mit einem Fall, in dem es um die Kündigung eines Wahlbewerbers im Vorfeld einer Betriebsratswahl in einem Verpackungen herstellenden Betrieb ging. Der gekündigte Wahlbewerber hatte gegen die Kündigung geklagt.

Im Februar 2012 hatte die ver.di-Gewerkschaft versucht, auf einer von ihr initiierten Betriebsversammlung den für eine Betriebsratswahl notwendigen Wahlvorstand bestimmen zu lassen. Dieser Versuch scheiterte an dem „unübersichtlichen Verlauf“, so in einer BAG-Mitteilung, der Versammlung. Eine ordnungsgemäße Wahl kam nicht zustande. Die Gewerkschaft beantragte daraufhin beim zuständigen Amtsgericht die Bestellung eines Wahlvorstandes. Sie schlug den später Gekündigten als Wahlvorstand vor. In einer mit Unterstützung der Gewerkschaft erstellten Video-Botschaft, die über Youtube und Facebook verbreitet wurde, berichtete der Wahlvorstandsbewerber über von ihm kritisierte Sachverhalte aus dem Betriebsablauf in seinem Unternehmen. Unter anderem stellte er die Behauptung auf, dass Fachkräfte fehlen, Sicherheitsvorkehrungen teilweise mangelhaft seien und die Ausrüstung der Produktionsmaschinen annähernd durchgehend nicht dem Standard entspreche.

Die Arbeitgeberin, in deren Betrieb eine größere Anzahl von Facharbeitern beschäftigt ist, kündigte darauf Mitte März 2012 das Arbeitsverhältnis mit fristloser Wirkung. Bereits vorher, am 10.02.2012, hatte der Mitarbeiter eine ordentliche Kündigung erhalten, weil er verspätet zum Arbeitsbeginn erschienen war. Als Begründung für die fristlose Kündigung wurde geschäftsschädigendes Verhalten des Mitarbeiters angeführt. Die für Betriebswahlkandidaten geltenden besonderen Kündigungsschutzfristen waren in diesem Fall nicht zu beachten, weil sich der Mitarbeiter nicht für den Betriebsrat, sondern für den Wahlvorstand beworben hatte.

Der gegen die Kündigung klagende Mitarbeiter, der bei Beschreiten des Rechtswegs zunächst das Nachsehen hatte, rief nach einer die Kündigung für rechtens erklärenden Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm (Urteil v.15.03.2013, Az. 13 Sa 6/13) das BAG in Erfurt an.

Die Bundesarbeitsrichter des Zweiten Senats stellten zunächst klar, dass es auch im Vorfeld einer Betriebsratswahl nicht zulässig sei, wissentlich geschäftsschädigende Falschaussagen zu Betriebsinterna zu verbreiten. Auf der anderen Seite stellte das Gericht aber auch eindeutig klar, dass kritisierte Unternehmen sachlich abgewogene und zutreffende Anmerkungen zuzumuten seien. Wo die Grenze zwischen sachlicher Kritik und Rufschädigung durch mögliche Polemik verlaufe, sei im Einzelfall durch Berücksichtigung von Sachzusammenhang und Inhalt der Äußerungen zu prüfen.

In diesem Fall kamen die Richter zu dem Schluss, dass die verbreiteten Video-Erklärungen dazu gedient hatten, klar zu machen, warum der Mitarbeiter die Wahl eines Betriebsrats für erforderlich hielt. Nämlich auch, um Mängel im Betriebsablauf besser thematisieren zu können. Er habe aber nicht, so die Erfurter Richter, behaupten wollen, dass fast nur ungelernte oder angelernte Arbeiter im Betrieb arbeiten würden. Damit entfalle der Grund für eine fristlose Kündigung.

Das BAG gab den Fall an das LAG Hamm zurück, das zu prüfen hat, ob die ordentliche Kündigung vom 10.02.2013 rechtens war.

BAG, Urteil v. 31.07.2014, Az. 2 AZR 505/13


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