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Aufforderung ohne Grund der Arbeit fern zu bleiben

Ein Vorgesetzter, der Arbeitnehmer dazu auffordert, ohne Grund der Arbeit fern zu bleiben, begeht eine Pflichtwidrigkeit.


Aufforderung ohne Grund der Arbeit fern zu bleiben

Ein Vorgesetzter, der Arbeitnehmer dazu auffordert, ohne Grund der Arbeit fern zu bleiben, begeht eine Pflichtwidrigkeit, die einen außerordentlichen Grund für eine fristlose Kündigung darstellt. Dies gilt selbst dann, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Arbeitnehmer berechtigt gewesen wären, der Arbeit fernzubleiben. Eine Abmahnung des Vorgesetzten ist in diesen Fällen entbehrlich.

Das hessische Landesarbeitsgericht hatte sich mit der Beurteilung der Wirksamkeit einer außerordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung zu befassen. Der klagende Arbeitnehmer war als Filialleiter einer Bank angestellt. Nach Aufnahme seiner Tätigkeit in der Filiale erkrankte der Filialleiter wiederholt. Seit März 2011 war der Filialleiter dauerhaft arbeitsunfähig krank. Es wurde eine Schwerbehinderung mit einem Grad von 80 festgestellt. Auch andere Mitarbeiter der Filiale litten unter teils massiven gesundheitlichen Beschwerden. Der Filialleiter führte die Beschwerden auf Giftstoffe in der Raumluft der Filiale zurück. Ein im Mai 2011 erstelltes Gutachten ergab keine auffällige Konzentration an Gefahrstoffen oder biologischen Arbeitsstoffen im Büroraum. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Filialleiter mehrere ihm unterstellte Mitarbeiter im Mai 2011 auf den Firmenparkplatz bestellt und sie aufgefordert, sich krankschreiben zu lassen. Als Begründung hatte der Filialleiter angegeben, es wäre besser, wenn am Tag der Begutachtung möglichst viele Mitarbeiter aus Krankheitsgründen fehlen würden. Man müsse sich solidarisch zeigen. Die Mitarbeiter hatten zuvor keine Arbeitsunfähigkeit angezeigt, es lagen dem Filialleiter auch keinerlei Anhaltspunkte für eine anzunehmende Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiter vor. Die betroffenen Mitarbeiter folgten der Aufforderung und wurden von Ärzten für arbeitsunfähig befunden. Eine Überprüfung der Krankschreibungen erfolgte nicht. Die Arbeitgeberin erlangte durch Einzelgespräche Kenntnis von den Umständen und kündigte das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrates außerordentlich und fristlos. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung erfolgt in zwei Schritten. Es ist zunächst zu beurteilen, ob ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten vorliegt, der einen Kündigungsgrund darstellen kann. Sodann ist eine Interessenabwägung vorzunehmen und zu prüfen, ob der Kündigungsgrund auch im konkreten Einzelfall die Kündigung rechtfertigt. Das hessische Landesarbeitsgericht sah im Verhalten des Filialleiters einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Die tatsächlich erfolgte Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiter konnte den Filialleiter nicht entlasten. Es gab keine Anhaltspunkte für eine vorliegende Arbeitsunfähigkeit, der Filialleiter nahm daher billigend in Kauf, dass sich die Mitarbeiter die Krankschreibungen gegebenenfalls auch rechtswidrig verschaffen würden. Die vorzunehmende Interessenabwägung fiel zulasten des Filialleiters aus. Das Gericht hielt dem Filialleiter zwar zugute, dass er sich aufgrund seiner schweren Erkrankung in einer psychisch und physisch schwierigen Situation befunden hatte. Es schloss allerdings aus, dass der Filialleiter - wie von ihm behauptet - aus Sorge um die Gesundheit seiner Mitarbeiter gehandelt hätte. Er hatte im Mai 2011 aufgrund seiner krankheitsbedingten Abwesenheit keine Kenntnis vom aktuellen Gesundheitszustand der Mitarbeiter, er hatte sich bei diesen vor der Aufforderung auch nicht über ihren Gesundheitszustand erkundigt. Das Gericht stellte fest, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen wäre. Die Klage des Filialleiters wurde abgewiesen.

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 30.01.2013, Az. 6 Sa 944/12


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