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Zulässigkeit von Rabatten und Zugaben durch Apotheken

Apotheken-Rabatte von mehr als einem Euro für preisgebundene Arzneimittel sind unzulässig
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Der Bundesgerichtshof hat am 09.09.2010 durch Urteil im Revisionsverfahren eine Entscheidung in dem zum Aktenzeichen I ZR 193/07 geführten Rechtsstreit über Rabattaktionen von Apotheken bei Einlösung von Rezepten für verschreibungspflichtige Medikamente getroffen.

Als Kläger trat ein Verein auf, dessen Ziel die Bekämpfung von unlauterem Wettbewerb bei verbraucherbezogenen Handelsgeschäften ist. 

Beklagter ist der Inhaber einer Apotheke, der im Internet im Rahmen einer Werbekampagne versprach, jedem Kunden, der auf dem Versandweg ein Rezept über verschreibungspflichtige Medikamente einlöst, einen Wertgutschein in Höhe von 5 € auszustellen. Dieser Gutschein sollte bei einem weiteren Einkauf nur für den Erwerb von nicht verschreibungspflichtigen und nicht apothekenpflichtigen Waren aus dem Sortiment des Beklagten eingelöst werden. 

Der Kläger sah in dem Rabattversprechen des Beklagten einen Verstoß gegen die Preisbindungsvorschriften des Arzneimittelgesetzes und das im Heilmittelwerbegesetzes festgeschriebene grundsätzliche Verbot, für den Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente zu werben. Darüber hinaus meinte der Kläger, auch einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu erkennen, da eine unangemessene Beeinflussung des Verbrauchers durch sachfremde Versprechen vorgelegen habe, die den Tatbestand des § 4 Ziffer 1 UWG erfüllt hätte.

Der Beklagte wies die Vorwürfe zurück. Durch die Aushändigung eines Gutscheins, der nicht für verschreibungspflichtige oder apothekenpflichtige Medikamente eingelöst werden konnte, habe er gerade nicht gegen die Preisbindung verstoßen. Er hatte tatsächlich den vollständigen Apothekenabgabepreis für die laut Rezept übersandten Medikamente in Rechnung gestellt. Die Werbeaktion sei auch nicht dazu bestimmt gewesen, die Verbraucher zu einem vermehrten Konsum von Arzneimitteln zu verleiten. Er habe lediglich auf das sonstige Angebot seiner Apotheke aufmerksam machen wollen, indem er einen Rabatt auf einen Einkauf von nicht apothekenpflichtigen Waren ankündigte. Ob der Verbraucher tatsächlich derartige Waren bei ihm kaufen wollte, sei ihm selbst überlassen geblieben.

Nach erfolgloser Abmahnung erhob der Kläger bei dem Landgericht Schweinfurt Klage auf Unterlassung und Ersatz der Abmahnkosten. In erster Instanz wurde der Beklagte antragsgemäß verurteilt. In der Berufungsinstanz wurde das Urteil vom Oberlandesgericht Bamberg aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Revision führte dazu, dass der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufhob und das erstinstanzliche Urteil bestätigte.

Während das Berufungsgericht der Argumentation des Klägers darin folgte, dass das Rabattversprechen, das für einen zukünftigen Kauf nicht apotheken- oder verschreibungspflichtiger Medikamente gelten sollte, keinen bedeutenden wirtschaftlichen Vorteil darstelle, kam der I. Senat des Bundesgerichtshofes zu dem Schluss, dass ein Gutschein mit einem Wert von 5 € nicht als geringfügige Beigabe, die nach den Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes zulässig wäre, angesehen werden kann. Aufgrund der Tatsache, dass Apotheken neben apothekenpflichtigen Heilmittel auch andere, zur Verwendung im täglichen Leben nützliche Dinge anbieten, kann sich der bei Rezepteinlösung erlangte Gutschein zu einem nicht unerheblichen wirtschaftlichen Vorteil entwickeln. Die Erlangung des Gutscheins und des damit verbundenen Vorteils beim Einkauf von Gegenständen des täglichen Bedarfes könnte damit zu einem ernstzunehmenden Anreiz werden, ein Rezept für Medikamente bei dem Beklagten einzulösen.

Einen solchen wirtschaftlichen Vorteil einzuräumen reicht nach der vom Bundesgerichtshof vertretenen Ansicht schon aus, um von einem unerlaubten Eingriff in die Preisgestaltung der verschreibungspflichtigen Medikamente auszugehen. In Anbetracht des nicht unerheblichen Wertes von 5 € könnten Verbraucher dazu angereizt werden. „Geld zu verdienen“ indem sie Rezepte einlösen.

BGH, Urteil vom 09.09.2010, Aktenzeichen I ZR 193/07

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