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Zulässigkeit einer Widerrufsbelehrung mit längerer Widerrufsfrist

Frankfurt a.M., Beschluss vom 07.05.2015, Az. 6 W 42/15
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Viele Onlinehändler wollen besonders kundenfreundlich agieren und die gesetzliche Widerrufsfrist freiwillig verlängern. Ein großer Teil der Onlinegeschäfte wird über Plattformen abgewickelt, die den Händlern eine längere Widerrufsfrist als die gesetzlich festgelegte vorschreiben. In jüngster Zeit stellte sich die Frage, ob Onlinehändler und/oder Onlineplattformen berechtigt sind, die gesetzlich festgelegte Widerrufsfrist einfach von sich aus zu ändern. Ja, entschied kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt. Eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich der fernabsatzrechtlichen Widerrufsbelehrung ist rechtmäßig, wenn Unternehmen und/oder Onlineplattformen den Verbrauchern eine längere Frist als die gesetzlich vorgeschriebenen 14 Tage einräumen. Die Annahme der geänderten Frist liegt in diesem Fall bei den Verbrauchern. Allerdings sind die Händler dann nicht mehr berechtigt, sich auf die kürzere gesetzliche Frist zu berufen.

Onlinehändler, die auf der Höhe der Zeit agieren wollen, haben die kundenfreundliche Verlängerung der gesetzlichen Widerrufsfrist als Marketinginstrument für sich entdeckt. Die gängige, verlängerte Widerrufsfrist beläuft sich meistens auf vier Wochen. Das OLG Frankfurt hatte sich in dem vorliegenden Rechtsstreit mit der Frage zu beschäftigen, ob sich eine verlängerte Widerrufsfrist negativ auf die Belehrung hinsichtlich des Widerrufsrechts auswirke. Die Richter kamen zu dem Entschluss, eine Verlängerung der Frist sei unbedenklich möglich, ohne dass die eigentliche Widerrufsbelehrung hiervon negativ betroffen wird. Die Änderung der Widerrufsfrist sei ohne Weiteres mit den Vorgaben von §§ 312d I, 312g BGB i.V.m. Art. 246a II Nr. 1 EGBGB (Einführungsgesetz zum BGB, „Informationspflichten außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Verträge und Fernabsatzverträge“) vereinbar. Damit folgen die OLG-Richter der Rechtsprechung der Vorinstanz (LG Frankfurt, Az. 2-3 O 132/15), die bereits ihrerseits rechtsicher angenommen hat, das die Änderung der Frist keine Auswirkungen auf die Rechtsbelehrung als solches verzeichnet. Zusätzliche Vereinbarungen, wie sie in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der 40-Euro-Klausel (Bagatellwertklausel) Vorschrift waren, sind in diesem Fall nicht notwendig.

Der Beschwerdeführer hatte in seiner Begründung eine Entscheidung der Richter des OLG Hamm angeführt, die sich mit der Frage zu beschäftigen hatten, ob eine Widerrufsbelehrung zum Nachteil der Verbraucher eine Kostentragungspflicht nach sich ziehe, die die Gerichte jedoch verneinen. Die Sachlage dieses verhandelten Falles sei zudem eine ganz andere und damit nicht mit der zitierten Entscheidung vergleichbar. In diesem Fall stellen die Richter alleine auf die für die Verbraucher im Gegensatz zu der gesetzlichen Widerspruchsfrist günstigere, individuell vereinbarte Frist ab. Die Beschwerde wird zu Lasten des Antragsstellers auf Grundlage von § 97 ZPO zurückgewiesen.

Die klarstellende Rechtsprechung ist erfreulich für kundenorientierte Händler, die auf den Einsatz dieses Marketinginstrumentes nun nicht mehr aus Angst vor wettbewerblichen Abmahnungen verzichten müssen. Gewähren Händler ihren Kunden eine längere Widerrufsfrist und weichen damit von den gesetzlichen Vorschriften ab, agieren sie nicht zu Lasten der Verbraucher, sondern in ihrem Sinne. Die einzige Änderung, die die Händler in dieser Hinsicht vornehmen, ist, dass sie die Formulierung „14 Tage“ durch „30 Tage“ oder „vier Wochen“ ersetzen. Der Wortlaut der Widerrufsbelehrung bleibt davon unberührt.

Frankfurt a.M., Beschluss vom 07.05.2015, Az. 6 W 42/15

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