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Zulässige Werbung nach der Health-Claims-Verordnung

LG Düsseldorf, Urteil vom 28.08.2014, Az. 14c O 138/13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Die Art und Weise der Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln sorgt insbesondere unter dem Schlagwort Health Claims immer wieder für Streitigkeiten. Auch das LG Düsseldorf hatte sich mit einem solchen Fall in seinem Urteil vom 28.8.2014 zu beschäftigen. In diesem Fall ging es allerdings um eine nach der HCVO (Health-Claims-Verordnung) ausdrücklich zugelassene Werbeangabe. Daher muss nach Ansicht des LG hinsichtlich der Wirksamkeitsangabe kein weiterer Nachweis erbracht werden. Die Health Claims Verordnung geht dem LFGB (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch), das eine ausreichende wissenschaftliche Absicherung von Wirksamkeitsaussagen von Lebensmitteln vorschreibt, vor und ist auch abschließend.

Die Hintergründe der Entscheidung

Die Klägerin ist ein großes Pharmaunternehmen, das sich mit der Erforschung und Herstellung pflanzlicher Arzneimittel befasst, unter anderem zählen dazu das Ginkgo-Arzneimittel Tebonin, das die Gedächtnisleistung verbessern und Konzentrationsstörungen lindern soll. Die zur Behandlung erforderliche Tagesdosis liegt bei120 mg Ginkgoblätter-Extrakt, weshalb die Arzneimittel der Tebonin-Reihe auch eine Tagesdosis von mindestens 120 mg Extrakt aufweisen.

Die Beklagte vertreibt unter der Dachmarke „Doppelherz” verschiedene Nahrungsergänzungs- und Arzneimittel, darunter das Nahrungsergänzungsmittel „Doppelherz aktiv Ginkgo + B-Vitamine + Cholin”. Dieses Kombinationspräparat enthält 8 Inhaltsstoffe, unter anderem Ginkgoblätter-Extrakt, wobei die angegebene Verzehrempfehlung täglich bei 100 mg Ginkgoblätter-Extrakt (entsprechend einer Kapsel) liegt, also unterhalb der tatsächlich für eine Behandlung erforderlichen Dosis.

Die Klägerin meint, ein Großteil der Konsumenten würde wegen der Art der Bewerbung davon ausgehen, dass der dem Präparat zugeschriebene positive Effekt für „Gehirn, Nerven, Konzentration und Gedächtnis” in erster Linie durch die hervorgehobenen Bestandteile Ginkgo, B-Vitamine und Cholin hervorgerufen würde. Denn besonders die positive Wirkung auf die Hirnleistung des Bestandteils Ginkgo sei dem Verbraucher schon durch jahrzehntelange Werbung bekannt. Die weitergehende Erläuterung des Produkts „B-Vitamine und Zink für Gehirn, Nerven, Konzentration und Gedächtnis” sollte nach Ansicht der Klägerin wegen der starken assoziativen Wirkung des Blickfanges Ginkgo nicht ausreichen für eine Aufklärung der Verbraucher. Außerdem fehlt ein Beleg der Wirksamkeit dieser Kombination in der vorliegenden Art und Dosierung. Daher sollte die Beklagte eine derartige Bewerbung unterlassen.

Die Beklagte sah dies anders - Unstreitig seien nach ihrer Ansicht für die enthaltenen B-Vitamine und Zink Health Claims hinsichtlich der geistigen Leistungsfähigkeit freigegeben. Außerdem sei bei Nahrungsergänzungsmitteln kein Nachweis der Wirkung der konkreten Inhaltsstoffkombination nötig, wie sich bereits der Systematik der HCVO entnehmen lasse.

Die Entscheidung des LG

Das LG hat sich der Ansicht der Beklagten angeschlossen. Zwar ist es nach dem LFGB verboten, Lebensmittel unter Angabe einer Wirkung zu bewerben, die wissenschaftlich nicht ausreichend bewiesen ist, und der Wirksamkeitsnachweis obliegt dem Anbieter. Die beanstandete Werbeaussage ist aber nach der wegen des Vorrang des Europarechts und der angestrebten Vollharmonisierung vorrangig zu beachtenden HCVO zulässig. Die HCVO ist für diese Fälle auch abschließend.

Gemäß Art. 10 Abs. 1 HCVO sind gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich nicht erlaubt, es sei denn, sie sind nach der HCVO zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben nach Art. 13 und 14 HCVOO aufgenommen worden und wenn zudem auch die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist vorliegend, wie die Beklagte bereits festgestellt hat, auch der Fall. Auch, dass der Verbraucher die Wirksamkeit des Nahrungsergänzungsmittels nicht auf die zulässigen Health Claims für B-Vitamine und Zink bezieht, sondern auf Ginkgo, hat das LG nicht angenommen, da ein durchschnittlich informierter Verbraucher anhand der Aussagen auf der Umverpackung bzw. Gebrauchsanweisung davon ausgehen muss, dass sich die positive Wirkung auf die B-Vitamine und Zink bezieht.

LG Düsseldorf, Urteil vom 28.08.2014, Az. 14c O 138/13

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