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Zugang zu Kfz-Teiledaten des Herstellers

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 23.02.2017, Az. 6 U 37/16
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Mit Urteil vom 23. Februar 2017 hat das OLG Frankfurt a.M. entschieden, dass der Kfz-Hersteller seine Pflicht zur Gewährung des Zugangs zu Kfz-Daten gemäß Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/200 grundsätzlich dadurch erfüllt, dass er unabhängigen Marktteilnehmern den Lesezugriff auf die Daten per Einzelabruf ermöglicht. Das Erfordernis eines Datenaustauschs mittels einer Schnittstelle lasse sich der Verordnung nicht entnehmen.

Der Kläger, ein Branchenverband des Kfz-Großhandels, vertrat den Standpunkt, dass der Lesezugriff auf die Kfz-Daten den Anforderungen des Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht genüge. Nach dieser Bestimmung muss der Hersteller unabhängigen Marktteilnehmern über das Internet mithilfe eines standardisierten Formats uneingeschränkten und standardisierten Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen auf leicht und unverzüglich zugängliche Weise gewähren. Der Hersteller hat dabei darauf zu achten, dass gegenüber dem Zugang der autorisierten Händler und Reparaturbetriebe oder der Informationsbereitstellung keine Diskriminierung für die unabhängigen Marktteilnehmer stattfindet. Der Kläger begehrt unter Berufung auf die gesetzliche Normierung über einen bloßen Lesezugriff hinaus mittels einer Datenbankschnittstelle Zugriff auf die Rohdaten und ihre Verknüpfung mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (VIN).

Das OLG Frankfurt a.M. folgte der klägerischen Argumentation nicht. Das Gericht verneinte einen Verstoß gegen europarechtliche Bestimmungen durch die von dem beklagten Kfz-Hersteller gewährte Form des Zugangs zu den Daten. Das beklagte Unternehmen stellt potentiellen Nutzern auf ihrer Website ein Informationsportal zur Verfügung, auf dem mittels Eingabe der VIN nach Fahrzeugen gesucht und die Original-Ersatzteile ermittelt werden können. Diese Form des Zugangs entspreche, so die Richter, den rechtlichen Anforderungen. Aus dem Merkmal des „uneingeschränkten“ Zugangs könne nicht abgeleitet werden, dass ein Zugriff auf Rohdaten ermöglicht werden müsse. Aus den Erwägungsgründen der europarechtlichen Normen gehe hervor, dass der Verordnungsgeber im Hinblick auf die genauen Modalitäten des Datenzugangs keine eindeutigen Vorgaben gemacht habe. Diese gesetzliche Unschärfe könne in der Praxis nicht durch eine erweiternde Auslegung kompensiert werden.

Das Gericht widerspricht damit der Auffassung der Europäischen Kommission. Die EU-Gesetzgebung, so die Kommission, schreibe „implizit“ vor, den Zugang in der Weise zu ermöglichen, dass eine automatische Verarbeitung der Daten möglich ist und die Identifizierung alternativer Ersatzteile erleichtert wird. An diese Auslegung sah sich das OLG Frankfurt a.M. nicht gebunden, da sie keinen ausreichenden Niederschlag in den gegenständlichen Vorschriften gefunden habe.

Auch im Übrigen folgte das Gericht den klägerischen Ausführungen nicht. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Argumente, die der Kläger unter Berufung auf die Änderungsverordnung (EG) Nr. 566/2011 und auf die Durchführungsverordnung (EG) Nr. 692/2008 vorträgt. Auch aus den dort genannten Vorschriften lasse sich ein direkter Datenzugriff nicht ableiten. Die Art des Zugriffs – Lesezugriff per Einzelabruf oder Zugriff auf die Daten zur automatischen Verarbeitung – werde dort nicht konkretisiert. Gleiches gelte für die klägerische Bezugnahme auf das OASIS-Format, welches in Art. 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genannt ist. Dieses Format setze nicht den Datenaustausch mittels einer Schnittstelle voraus. Das Gericht verneinte schließlich mit Blick auf die Ausgestaltung des Zugangs auch eine Diskriminierung unabhängiger Marktteilnehmer.

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 23.02.2017, Az. 6 U 37/16

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