Zu niedrige Preisangabe führt zu Abmahnung

In der heutigen digitalen Handelslandschaft können bereits geringfügige Fehler bei der Preisangabe erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ein exemplarischer Fall hierfür ist das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 24. November 2022 (Az. 6 U 276/21), das die rechtlichen Implikationen einer irrtümlich zu niedrig angegebenen Preisangabe im Online-Handel beleuchtet.
Sachverhalt: Ein verhängnisvoller Preisfehler
Die Beklagte, ein Online-Händler für Elektro- und Unterhaltungsgeräte, bot im Rahmen einer Rabattaktion am 27. November 2020 ein Computergehäuse zu einem Preis von 114,90 € an. Ein Kunde bestellte dieses Gehäuse zu dem angegebenen Preis. Am 2. Dezember 2020 stornierte die Beklagte jedoch die Bestellung mit der Begründung, der angegebene Preis sei aufgrund eines Fehlers entstanden und unwirtschaftlich; der korrekte Preis betrage 175 €. Trotz zweimaliger Reklamation des Kunden blieb die Beklagte bei ihrer Entscheidung und bot das Produkt nur zum höheren Preis an. Daraufhin mahnte ein Wettbewerbsverband die Beklagte wegen irreführender Preisangabe ab. Die Beklagte gab jedoch keine Unterlassungserklärung ab, erklärte aber, das Produkt nun doch zu dem niedrigeren Preis liefern zu wollen, da die Stornierung auf einem Versehen eines Mitarbeiters beruhe.
Entscheidungsgründe des OLG Frankfurt
Das OLG Frankfurt entschied zugunsten des Klägers und stellte fest, dass der Beklagten ein wettbewerbswidriges Verhalten vorzuwerfen sei. Die wesentlichen Entscheidungsgründe lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Irreführung durch unwahre Preisangabe: Die Preisangabe von 114,90 € war unwahr, da die Beklagte nicht bereit war, das Produkt zu diesem Preis zu liefern. Eine solche unwahre Angabe ist geeignet, den Verbraucher zu täuschen und stellt somit eine Irreführung im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG dar.
- Unbeachtlichkeit des Motivs oder Verschuldens: Für die Annahme einer Irreführung ist es unerheblich, ob der Fehler absichtlich oder versehentlich geschah. Eine Täuschungsabsicht ist für den Irreführungstatbestand des § 5 UWG nicht erforderlich. Auch andere Motive des Unternehmers spielen im Rahmen des § 5 UWG keine Rolle.
- Einfluss auf die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers: Der Preis ist ein entscheidendes Element für die Kaufentscheidung des Verbrauchers. Ein Preisnachlass von etwa 50 € bei einem Produkt im Wert von ca. 150 € stellt einen erheblichen kaufentscheidenden Faktor dar. Somit war die falsche Preisangabe geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
- Weite Auslegung des Begriffs der "geschäftlichen Entscheidung": Der Begriff der geschäftlichen Entscheidung wird weit ausgelegt und umfasst nicht nur den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende, vorgelagerte Entscheidungen wie das Aufsuchen eines Verkaufsportals im Internet. Eine Irreführung kann daher auch dann relevant sein, wenn sie lediglich einen "Anlockeffekt" bewirkt, selbst wenn es nicht zum endgültigen Kauf der Ware kommt.
- Irreführung trotz nachträglicher Preisberichtigung: Dass die Beklagte dem Kunden noch vor Abschluss des Kaufvertrages den tatsächlichen Preis nannte, ist unerheblich, da in diesem Moment die Kaufentscheidung des Kunden bereits getroffen war. Die geschäftliche Entscheidung ist unabhängig vom tatsächlichen Zustandekommen des Kaufvertrags.
Konsequenzen für Online-Händler
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung korrekter Preisangaben im Online-Handel. Händler sollten folgende Maßnahmen ergreifen, um rechtliche Risiken zu minimieren:
- Sorgfältige Preisgestaltung: Sicherstellen, dass alle Preisangaben korrekt sind und regelmäßig überprüft werden, um Fehler zu vermeiden.
- Interne Kontrollmechanismen: Implementierung von Prozessen, die Preisfehler frühzeitig erkennen und korrigieren können.
- Schulung von Mitarbeitern: Sensibilisierung des Personals für die Bedeutung korrekter Preisangaben und die rechtlichen Konsequenzen von Fehlern.
- Transparente Kommunikation: Bei Auftreten eines Preisfehlers sollte der Kunde umgehend und transparent informiert werden, um das Vertrauen zu erhalten und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Handlungsempfehlung
Sollten Sie als Händler eine Abmahnung aufgrund falscher Preisangaben erhalten oder unsicher sein, wie Sie solche Fehler vermeiden können, ist es ratsam, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Unsere Kanzlei steht Ihnen mit ihrer Expertise zur Seite, um Sie präventiv zu beraten und im Ernstfall zu vertreten. Kontaktieren Sie uns, um rechtliche Risiken zu minimieren und Ihr Unternehmen zu schützen.
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Alexander Bräuer
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