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Wo „unbegrenzt“ draufsteht, muss „unbegrenzt“ drin sein

LG Potsdam, Urteil vom 14.01.2016, Az. 2 O 148/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Eine Mobilfunk-Betreiberin, die unbegrenztes Datenvolumen beim Internetzugang verspricht, darf die Übertragungsgeschwindigkeit nach Erreichen einer bestimmten Limite nicht erheblich beschränken. Das Verbot gilt selbst dann, wenn sich der Hinweis auf die Drosselung in derselben Vertragsbestimmung befindet wie die Aussage "Datenvolumen unbegrenzt". Dies entschied das Landgericht Potsdam am 14. Januar 2016 (Az. 2 O 148/14). Im selben Urteil untersagten die Brandenburger Richter eine AGB-Klausel, die der Anbieterin eine einseitige Vertragsanpassung erlaubte.

Sachverhalt
E-Plus bot auf ihrer Webseite www.base.de den Mobilfunk-Tarif "Allnet Flat Base all-in" an. In den weiteren Angaben zu diesem Tarif war zu lesen:

"Datenvolumen unbegrenzt; davon mtl. Highspeedvolumen (max. 21.6 Mbit/s) 500 MB (danach GPRS-Speed mit max. 56 Kbit/s)"

Dies rief den Verbraucherzentrale Bundesverband auf den Plan. Er sah in dieser Klausel eine unzulässige allgemeine Geschäftsbedingung, die den Verbraucher unangemessen benachteiligt. Unzufrieden waren die Verbraucherschützer auch mit einer Bestimmung in den Bedingungen für die Mobilfunklaufzeitverträge. Diese gab E-Plus das Recht, ihre Verträge einseitig so anzupassen, dass Service-Nummern, Auslandsverbindungen und internationales Roaming ausgenommen sind. Damit wollte sich die Mobilfunk-Anbieterin vor Zahlungsausständen bei weniger solventen Kunden schützen.

Nachdem der Verbraucherzentrale Bundesverband E-Plus wegen der beiden Bestimmungen erfolglos abgemahnt hatte, erhob er Klage auf Unterlassung. Mit Urteil vom 14. Januar 2016 gab das Landgericht Potsdam dem Verbraucherschutz-Dachverband recht.

Urteilsbegründung
Die Richter halten fest, dass es sich bei der Angabe zum Datenvolumen um eine allgemeine Geschäftsbedingung handle, die der Inhaltskontrolle von § 307 BGB unterliege. Diese Klausel modifiziere die Hauptleistungspflicht gegen Treu und Glauben so, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet sei. Die Hauptleistungspflicht besteht für die Zivilkammer in der unbegrenzten Zurverfügungstellung des mobilen Internetzugangs. Zwar ergebe sich aus der Beschreibung eindeutig, dass nur 500 MB Datenvolumen pro Monat mit hoher Geschwindigkeit angeboten würden. Die angesprochenen Verkehrskreise erwarteten aber angesichts der Formulierung "Datenvolumen unbegrenzt" eine unbegrenzte Nutzung des Internets in zumutbarer Geschwindigkeit. Das Gericht identifiziert die angesprochenen Verkehrskreise als Intensiv-Nutzer, die auf Mobilgeräten Fotos und Videos betrachten, Musik streamen, Nachrichten-Apps und soziale Medien nutzen. Folglich versteht es unter zumutbarer Geschwindigkeit Highspeed. Eine Drosselung um das 500-Fache auf 56 Kbit/s käme einer Nicht-Zurverfügungstellung der Internetnutzung gleich.

Die Bestimmung, wonach E-Plus ihre Leistungspflicht bei Service-Nummern, Auslandsverbindungen und internationalem Roaming einseitig einschränken darf, ist nach Auffassung des Landgerichts Potsdam unwirksam. Sie sei mit dem Grundgedanken von § 150 Abs. 2 BGB unvereinbar, wonach eine Vertragsannahme unter Änderungen eine Ablehnung verbunden mit einem neuen Angebot ist. Die Abweichung von der gesetzlichen Regelung führe zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden. Dieser sei an einen Vertrag gebunden, den er vielleicht nicht abgeschlossen hätte, hätte er um die Leistungseinschränkung gewusst. Dass die eingeschränkten Leistungen nur zum Randbereich des Leistungsspektrums zählten, tue nichts zur Sache. Sie könnten für den Verbraucher eine zentrale Bedeutung haben, was gerade bei Auslandsverbindungen oft zutreffe. Die Landrichter akzeptieren zwar das Interesse der Beklagten, sich vor Zahlungsausfällen zu schützen. Den Aufwand, dem Kunden die teilweise Ablehnung mitzuteilen und ihm ein neues Angebot zu unterbreiten, halten sie jedoch für zumutbar.

Fazit
Mit diesem verbraucherfreundlichen Urteil steht das Landgericht Potsdam nicht alleine. 2013 untersagte das Landgericht Köln (Urteil vom 30.10.2013, Az. 26 O 211/13) der Deutschen Telekom die Drosselung der unter der Bezeichnung "Flatrate" angebotenen Internetverbindungen. Unter "Flatrate" verstünden Durchschnittskunden einen Festpreis für eine bestimmte Bandbreite ohne Einschränkungen. Ähnlich entschied das Landgericht München I in einem Urteil gegen Kabel Deutschland (Urteil vom 25.06.2014, Az. 37 O 1267/14). Allerdings ging es in beiden Fällen um Festnetz-Verbindungen. Sowohl die Kölner Richter als auch ihre Münchner Kollegen nahmen an, dass Verbraucher im Mobilfunkbereich allenfalls mit Geschwindigkeitsbeschränkungen zu rechnen hätten. Dazu kommt, dass in beiden Fällen die Vertragsbestimmung, die die Bandbreitenlimite enthielt, deutlich weniger offensichtlich platziert war.

LG Potsdam, Urteil vom 14.01.2016, Az. 2 O 148/14

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