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WM-Übertragungen: Nach 22 Uhr muss Ruhe sein

AG Neukölln untersagt nachbarstörendes Fußball-Gegröhle nach 22 Uhr bei Spielen der deutschen Fuß­ball­national­mannschaft
| Rechtsanwalt Frank Weiß

"Feiern verboten" - unter diesem Motto müssen Fußball-Fans nun dem Ende der WM entgegensehen. Das Berliner Amtsgericht (AG) Neukölln hatte sich mit einem gerade für den als "Problembezirk" bekannten Stadteil ungewöhnlichen Fall zu beschäftigen.

Bemerkenswert ist der Fall vor allem deshalb, weil Lärm in dem Berliner Stadtteil alles andere als unüblich ist. Das Gericht untersagte nun im Rahmen eines Eilverfahrens, Fußballspiele der deutschen Nationalmannschaft mit lautem Gegröhle nach 22 Uhr zu begleiten. Der Beschluss erging am 25.06.2014 unter dem Aktenzeichen 17 C 1004/14.

Entschieden wurde über die "außerordentliche" Lärmbelästigung im Zuge eines Einstweiligen Verfügungsverfahrens in einem Nachbarschaftsstreit. Das Gericht verbot nun den Nachbarn der Antragstellerin, während der Fußball-WM 2014 nach 22 Uhr außerhalb der Wohnung Lärm zu verursachen und die Nachtruhe der Antragstellerin zu stören. Dieses Verbot erging unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Summe von zweihundertfünfzigtausend Euro, ersatzweise Ordnungshaft. Bis zum 14. Juli 2014 dürfen die Antragsgegner während der Partien der deutschen Fußballnationalmannschaft nicht mehr nach 22 Uhr außerhalb ihrer Wohnung auf dem Grundstück, inklusive Balkon und Terrasse, Lärm verursachen. Insbesondere ist es ihnen untersagt, in Form von gemeinsamen Gesangseinlagen, Gröhlen und lauten Rufen Geräusche zu verursachen oder verursachen zu lassen. Denn hierdurch könnte die Antragstellerin oder auch andere Bewohner des Grundstücks in ihrem Schlaf gestört werden.

Fraglich ist an dieser Stelle, ob die Antragsstellerin für Spiele anderer Mannschaften eine gesonderte Verfügung beantragen müsste.

Den Antragsgegnern jedenfalls wird es aufgegeben, die Außentüren und Fenster ihrer Wohnung so lange geschlossen zu halten, wie die Spiele der deutschen Fußballnationalmannschaft dauern. Insbesondere bis zum 14. Juli und nach 22 Uhr ist ihnen diese Einschränkung auferlegt, wenn sie Fernsehübertragungen der deutschen Spiele verfolgen wollen.

Diese unverhältnismäßig anmutende Verfügung hat einen länger dauernden Nachbarschaftsstreit zum Hindergrund. Seit geraumer Zeit scheinen sich die Parteien uneinig über die Art und Weise ihres nachbarschaftlichen Gemeinsschaftslebens zu sein und tragen ihre Konflikte üblicherweise im Rahmen von zahlreichen Gerichtsprozessen aus.

Zum verfahrensrechtlichen Hintergrund ist zu sagen, dass das Gericht beim Erlass einer Einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung prüft, ob auf Grund der Darstellung der Tatsachen durch den Antragsteller die Forderung nach einem Eilbeschluss gerechtfertigt ist. Des Weiteren prüft das Gericht die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit. Der Antragsteller muss seine Behauptungen bei diesen eiligen Verfahren nicht beweisen, aber glaubhaft machen. Bei einem Widerspruch des Antragsgegners bewertet das Gericht auch seine Ansprüche in ähnlicher Weise. Die Abwägung der Gegenargumente kann also zur Bestätigung, zur Änderung oder auch zur Aufhebung der getroffenen Eilentscheidung führen.

Wenn dieser Prozess Nachahmer findet, dürfte sich das Neuköllner Amtsgericht jedenfalls bald mit ähnlichen Fällen beschäftigen müssen.

Wir sind gespannt, ob andere Gerichte diese doch "engstirnige" Ansicht teilen...

Amtsgericht (AG) Berlin Neukölln, Beschluss vom 25.06.2014, Aktenzeichen 17 C 1004/14

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