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Wirksame Kündigungsfrist bei Internet-Partnervermittlung

AG München, Urteil vom 05.05.2011, Az. 172 C 28687/10

Die Frist zur Kündigung eines Vertrages über eine Internet-Partnervermittlung war Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem AG München. Der Beklagte hatte bei der Partnersuche die Dienste einer Internetplattform in Anspruch genommen und mit der Betreiberin einen Vertrag mit einer Laufzeit von 3 Monaten geschlossen. Im Rahmen des vereinbarten 3-Monatspakets hatte die Klägerin vertragsgemäß ein computergesteuertes Persönlichkeitsprofil des Kunden erstellt und diesem die Kontaktaufnahme mit anderen Mitgliedern der Plattform ermöglicht. Da die Klägerin darüber hinaus keinen Vermittlungserfolg schuldete, lag ein Dienstvertrag gemäß § 611 BGB vor. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin war geregelt, dass die kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft, die der Beklagte gewählt hatte, sich um weitere sechs Monate verlängern würde, wenn er den Vertrag nicht vier Wochen vor Ablauf der 3 Monate kündigte. Der Beklagte hatte diese Frist nicht eingehalten, sondern erst kurz vor dem Ende der 3 Monate gekündigt, so dass die automatische Vertragsverlängerung eingetreten war. Einen Hinweis auf diese Folge einer nicht fristgemäßen Kündigung hatte der Beklagte bereits bei seiner Registrierung bei der Onlineplattform erhalten. Da ein Erwerb der Premium-Mitgliedschaft ohne vorherige Erklärung des Einverständnisses mit den AGB der Klägerin technisch ausgeschlossen war, waren diese wirksam Bestandteil des Dienstvertrages zwischen den Parteien geworden und daher anwendbar. Erst nach fristgerechter Kündigung des 6-Monatspakets hatte der Vertrag geendet. Da der Beklagte die 6 Monatsraten für die Verlängerung schuldig geblieben war, hatte die Betreiberin der Plattform geklagt - und hat vor dem AG München Recht bekommen. Da keine fristgerechte ordentliche Kündigung vorlag, hat das Gericht geprüft, ob der Beklagte vor Ablauf der 3 Monate möglicherweise eine wirksame fristlose Kündigung nach § 627 BGB ausgesprochen hatte, dies aber verneint. Ein Kündigungsrecht nach dieser Norm hätte eine Pflicht der Klägerin zur Leistung von "Diensten höherer Art" vorausgesetzt, die "auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen". Dass solche Dienste höherer Art jedenfalls bei einer klassischen Partnervermittlung vorliegen, hatte der BGH in der Vergangenheit bereits entschieden. Diese zeichnet sich durch persönliche Beratung und Kontakte zwischen dem Kunden und dem Vermittler, die Grundlage für die Erstellung eines individuellen Kundenprofils sind, und die anschließende Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen aus. Bei dieser Art der Partnersuche sind laut BGH "äußerste Diskretion und ein hohes Maß an Taktgefühl" erforderlich, die eine Qualifizierung der Berater- und Vermittlertätigkeit als "Dienst höherer Art" rechtfertigen. Ganz anders liege der Fall hingegen bei der Partnersuche über eine Onlineplattform, hat das AG München festgestellt. Zum einen fehle es an einem besonderen persönlichen Vertrauensverhältnis zwischen dem Kunden und seinem Vertragspartner, zum anderen an jedweden persönlichen Kontakten zwischen ihnen. Der Kunde erhalte keinerlei persönliche Beratung durch natürliche Personen, sondern kenne die Mitarbeiter der Onlineplattform gar nicht. Diese erbringe ihre Leistung allein auf der Grundlage mathematischer Algorithmen im Rahmen von vollautomatisierten Prozessen. Daran ändere auch die Eigenwerbung der Klägerin als "Partnerschaftsvermittlung" nichts. Außerdem hat das AG München berücksichtigt, dass der Kunde gerade nicht für einen Partnervorschlag, sondern für die Kontaktaufnahme bezahle. Der Aufbau der Onlineplattform lasse auch für einen Laien keinen Zweifel daran, dass die Partnervorschläge computergesteuert und nicht durch menschliche Berater erstellt würden. Die freie Kündigungsmöglichkeit nach § 627 BGB bei "Diensten höherer Art" sei für klassische Fälle wie etwa die Arzt-Patient-Beziehung oder ein Mandatsverhältnis mit einem Anwalt zugeschnitten, mit denen das Vertragsverhältnis im vorliegenden Fall nicht vergleichbar sei. Daher musste der Beklagte mangels wirksamer Kündigung die eingeklagten Beiträge für die sechsmonatige Vertragsverlängerung zahlen.

AG München, Urteil vom 05.05.2011, Az. 172 C 28687/10

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