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Wiederholungsgefahr trotz eingeschränkter Unterlassungserklärung

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Verträge und andere Willenserklärungen können "bedingungsfeindlich" sein. Entscheidend hierbei ist jedoch, ob die Bedingung dem Einfluss des Erklärungsempfängers unterliegt oder nicht.

Eine solche Bedingung führt also nur dann zur Rechtsunwirksamkeit, wenn sie für den Erklärungsempfänger Ungewissheit schafft - nicht aber, wenn die Erfüllung der Bedingung seiner eigenen Entscheidung unterliegt.

In der Praxis bedeutet das z.B.: Die Bedingung im Vorvertrag für den Kauf eines Pkw, bis zur Übergabe eine bestimmte Reparatur durchgeführt zu haben, führt nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages. Es handelt sich hier um eine sogenannte Potestativbedingung. Hier ist es alleine Sache des Erklärungsempfängers, also des Verkäufers, die Bedingung zu erfüllen. Sie ist für ihn nicht von irgendwelchen Unwägbarkeiten abhängig.

Eine Bedingung an das Handeln des Erklärenden führt dagegen zur Unwirksamkeit, da diese nicht dem Einfluss des Erklärungsempfängers unterliegt. Sie stellt für ihn eine Ungewissheit dar.

Dieses Kriterium ist auf die strafbewehrte Unterlassungserklärung aber nur bedingt anwendbar. Hier gilt die Anforderung, dass eine Wiederholungsgefahr durch die Erklärung klar und ohne jeden Zweifel ausgeschlossen wird. Eine vom Erklärenden ohne erkennbaren Grund eingeführte Potestativbedingung schränkt dies aber unzulässig ein, auch wenn sie keine Schlechterstellung des Erklärungsempfängers zur Folge hat.

Dies hat das Landgericht Hamburg in seinem Urteil vom 29.1.2013 (Az.: 310 O 321/12) im Falle eines Urheberrechtsstreits bestätigt.

Ein Fotograf hatte gegenüber dem Betreiber einer Internetseite eine Abmahnung ausgesprochen, weil dieser ein Foto öffentlich zugänglich gemacht hatte, für das der Antragsteller die Urheberschaft beansprucht.

Der Antragsteller gab daraufhin die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Diese wurde aber "unter die für die Ausräumung der Wiederholungsgefahr unschädliche Potestativbedingung der Urheberschaft/Aktivlegitimation ihres Auftraggebers gestellt".

Der Fotograf beantragte eine einstweilige Verfügung. Auf den daraus resultierenden vorläufigen Rechtsschutz hätte er bei anzunehmender Wiederholungsgefahr auch einen Anspruch. Diese sah er durch die Potestativbedingung gegeben.

Dem folgte das Gericht und sprach die einstweilige Verfügung aus. Es bestehe aus Sicht des Erklärenden überhaupt kein Grund für eine solche Potestativbedingung. Und ohne einen solchen Grund schränke diese die Eindeutigkeit der Unterlassungserklärung derart ein, dass erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Unterlassungswillens bestünden. Damit sei eine Wiederholungsgefahr als gegeben anzunehmen.

Gegen diese einstweilige Verfügung legte der Betreiber der Internetseite Widerspruch ein. Es sei ja gerade Sinn der Potestativbedingung gewesen, dass die Erklärung davon unabhängig sein soll, ob der Fotograf tatsächlich der Urheber des streitgegenständlichen Bildes ist und ob er diese nachweist.

An der Urheberschaft des Antragstellers hatte das Gericht ohnehin keine Zweifel. Auch die im Hauptverfahren vom Antragsgegner aufgeworfene Frage, ob die abgebildeten Personen mit der Aufnahme überhaupt einverstanden gewesen seien, spielte für das Gericht keine Rolle. Für Zweifel daran gebe es keine Anhaltspunkte, und für die Frage der Urheberschaft spiele dies ohnehin keine Rolle.

Es bestehe aus Sicht des Erklärenden überhaupt kein Grund für eine solche Potestativbedingung. Und ohne einen solchen Grund schränke diese die Eindeutigkeit der Unterlassungserklärung so ein, dass eine Wiederholungsgefahr als gegeben anzusehen sei.

Warum der Betreiber der Internetseite überhaupt diese Potestativbedingung eingeführt hat, bleibt offen. Unabhängig davon, ob es - wie von ihm behauptet - eine Art von Entgegenkommen war, oder ob er sich tatsächlich irgendein Hintertürchen offen halten wollte, gilt: Die oberste Priorität bei einer strafbewehrten Unterlassungserklärung hat die Eindeutigkeit des Unterwerfungswillens des Erklärenden. Diese wird durch eine Bedingung ohne erkennbaren Grund auch dann infrage gestellt, wenn die Bedingung selbst den Erklärungsempfänger nicht tatsächlich schlechterstellt.

LG Hamburg, 29.1.2013, Az.: 310 O 321/12

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