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Wiedereinstellung des gekündigten Kirchenmusikers

LAG Düsseldorf, 11 Sa 1484/13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Ein aufgrund eines Verstoßes gegen die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) erwirkter Wiedereinstellungsanspruch begründet nicht automatisch eine tatsächliche Wiederaufnahme des zuvor gekündigten Beschäftigungsverhältnisses. Maßgeblich sei in jedem Fall eine Abwägung mit dem ebenfalls durch die EMRK geschützten Gut der Rechtssicherheit. So das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf vom 05.06.2014, Az. 11 Sa 1484/13

Zum Sachverhalt: Bei dem Kläger handelte es sich um einen Kirchenmusiker, der seit 1983 bei einer zur katholischen Kirche gehörenden Gemeinde angestellt gewesen war. Diese hatte das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1998 gekündigt, weil der seinerzeit noch verheiratete, aber von seiner Gattin getrennte, Ehemann eine außereheliche Beziehung mit einer anderen Frau eingegangen war. Die Scheidung erfolgte erst im August 1998. Die beim Arbeitsgericht (ArbG) Essen und dem LAG Düsseldorf verfolgten Kündigungsschutzklagen des Klägers blieben ebenso erfolglos, wie dessen im Jahr 2000 beim Bundesarbeitsgericht (BAG) eingereichte Restitutionsklage. Auch eine Verfassungsbeschwerde zeitigte keinen Erfolg. 

Der war allerdings einer Individualbeschwerde beschieden, die der Kläger beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einreichte. Hier erkannte die Jury eine Verletzung der Privatsphäre und billigte dem Kläger mit Urteil vom 28.06.2012 eine Entschädigungssumme in Höhe von 40.000 Euro zu. Zugleich sprach der EGMR eine Empfehlung aus, worin der Hoffnung Ausdruck gegeben wurde, dass diese Entscheidung für die Gerichte in Deutschland nicht ohne Folgen bleiben würde. In diesem Zusammenhang monierte der zuständige Richter beim LAG Düsseldorf in einem späteren Verfahren jedoch den Umstand, dass der EGMR mit seiner Empfehlung keine Kriterien für deren Umsetzung gegeben habe.

Mit dem Erfolg vor dem EGMR im Rücken, verfolgte der Kläger in Deutschland seine Klage auf Wiedereinstellung. Während er der Ansicht war, dass die Verletzung seiner Menschenrechte nur durch eine Wiedereinstellung rückgängig gemacht werden könnte, verwies die Beklagte darauf, dass durch die bereits zurückgewiesene Restitutionsklage alle Rechtsmittel in diesem Fall ausgeschöpft worden seien. Zudem sei zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen worden, deren Rechtmäßigkeit in der Berufungsverhandlung seinerzeit vom LAG bestätigt worden war.

Wie in dem früheren Verfahren, die vor deutschen Gerichten verhandelt worden waren, scheiterte der Kläger mit seinem Ansinnen auch diesmal. Zunächst vor dem Essener ArbG und danach in der Berufungsverhandlung vor dem LAG Düsseldorf. 

Ausschlaggebender Grund für die Abweisung der Klage des Kirchenmusikers auf Wiederaufnahme des Verfahrens war unter anderem die Abwägung zwischen dessen vor dem EGMR erwirkten Anspruch auf Wiedereinstellung und dem Gut der Rechtssicherheit, das - ebenso wie das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - ein schützenswertes Rechtsgut darstelle. Nach Ansicht des LAG musste in dem vorliegenden Fall der Rechtssicherheit der Vorzug gegeben werden. Immerhin sei die Gültigkeit der Entlassung schon im Jahr 2000 "höchstrichterlich" bestätigt worden. 

Erschwerend kam für die Jury noch hinzu, dass das LAG Düsseldorf die Berufungsklage des Kirchenmusikers schon einmal rechtskräftig zurückgewiesen hatte. Dieses Urteil war von dem Kläger seinerzeit nicht mehr durch die Einlegung weiterer Rechtsmittel angefochten worden. Schließlich musste das LAG in seiner Urteilsfindung berücksichtigen, dass der deutsche Gesetzgeber den vom Kläger angeführten Restitutionsgrund wegen Verletzung der EMRK für dieses Verfahren von der Zeit her nicht vorgesehen hatte. 

Vor dem Hintergrund all dieser Überlegungen war die Berufungsklage des Kirchenmusikers abzuweisen.

ArbG Essen, Urteil vom 22.11.2013, Az. 5 Ca 2480/13
LAG Düsseldorf, Urteil vom 05.06.2014, Az. 11 Sa 1484/13 

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