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Widerrufsrecht auch bei Onlinekauf von Gold

AG Borken, Urteil vom 26.02.2014, Az. 15 C 290/13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Widerrufsrecht bei Spekulationsgeschäften kann nur dann wegfallen, wenn der Preis nicht unmittelbar von Kursschwankungen abhängt. Dies entschied das Amtsgericht Borken in seinem Urteil vom 26.02.2014.

Der Beklagte hatte auf einer Internetplattform "Goldbarren 24 Karat 1 Grain 999,9 Feingold Gold Barren Neu Aurum Au“ angeboten. Er trat dort als Unternehmer mit eigenem Online-Shop auf. Das Angebot enthielt einen Hinweis auf die gesetzliche Widerrufsfrist und auch auf die mögliche Ausnahmeregelung.

Am 18.06.2013 bestellte der Kläger insgesamt 11 solcher Goldbarren und war der Meinung, dass es sich um jeweils ein Gramm reines Gold handelt. Als er merkte, dass es sich um Grain (0,06479891 Gold) handelt, informierte er den Beklagten per Internet-Benachrichtigung vom Widerruf seines Kaufes. Da der Beklagte hierauf nicht reagierte, sandte der Kläger per Einschreiben erneut eine Widerrufserklärung mit gleichzeitiger separater Rücksendung der Ware. Dieser verweigerte die Annahme und verwies per Internetnachricht auf die Ausnahme vom Widerrufsrecht.

Nach weiteren erfolglosen Aufforderungsschreiben, auch durch den Prozessbevollmächtigten des Käufers, brachte dieser die Klage beim Amtsgericht Borken ein. Er berief sich auf das Widerrufsrecht, da es sich bei dem Kauf um ein Festpreisangebot gehandelt habe. Außerdem sei der Preis derart überhöht, dass man von einem Wuchergeschäft sprechen könne. Das Geschäft wäre also auch aus diesem Grund nichtig. Der Beklagte befinde sich außerdem mit der Rücknahme der Ware in Verzug.

Der Beklagte berief sich auf die Ausnahme vom Widerrufsrecht und erklärte den erhöhten Preis mit der geringen Abnahmemenge.

Das Amtsgericht Borken gab der Klage statt und begründete wie folgt:
Dem Kläger steht ein Widerrufsrecht zu. Eine Ausnahme von diesem Recht gilt nur, wenn der Preis für die Ware auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Verkäufer innerhalb der Widerrufsfrist keinen Einfluss hat. Dies soll verhindern, dass der Käufer sich bei einem Spekulationsgeschäft einseitig aus dem Vertrag lösen kann, wenn die Kursentwicklung anders verläuft als erwartet. Im gegenständlichen Fall unterliegt der Kaufpreis jedoch nicht unmittelbar Kursschwankungen, da der Preis vom Verkäufer bestimmt wurde und außerdem um ein Vielfaches höher als der aktuelle Goldpreis ist. Der tatsächliche Goldwert des streitgegenständlichen Grain beläuft sich auf nur Euro 2,13 (Kurs vom 18.06.2013). Auch wenn man auf die Kleinmenge Rücksicht nimmt, ergibt sich eine sehr hohe Divergenz zwischen Goldwert und Preis. Der Beklagte verkaufte in der Zeit von 03.06.2013 bis 10.07.2013 47 Stück dieser Goldbarren, ohne auf den sinkenden Goldkurs zu reagieren. Es handelt sich also zweifelsohne um ein Festpreisangebot, sodass keine Ausnahme vom Widerrufsrecht zu machen ist. Sohin war der Klage stattzugeben und dem Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises nebst der vorprozessualen Kosten sowie die Rücknahme der Ware aufzuerlegen.

Fazit: Eine Ausnahme vom Widerrufsrecht greift nur dann, wenn es sich tatsächlich um ein Spekulationsgeschäft handelt, welches unmittelbaren Kursschwankungen unterliegt. Bei einem Festpreisangebot steht dem Käufer das gesetzliche Widerrufsrecht in vollem Umfang zu.

AG Borken, Urteil vom 26.02.2014, Az. 15 C 290/13

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