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Wettbewerbswidrig: Preis nur auf Anfrage

LG München I, Urteil vom 31.03.2015, Az. 33 O 15881/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Landgericht München hat im März 2015 entschieden, dass in einem Onlineshop Preise direkt abrufbar sein müssen. Ein Möbelhändler handelte nach Ansicht des Gerichts wettbewerbswidrig, als er Preise für Möbelstücke erst auf Anfrage mitteilte.

Klägerin war die Betreiberin mehrerer Einrichtungshäuser, der Beklagte betreibt neben einem Möbelgeschäft auch einen Onlineshop. In diesem Shop konnte nach diversen Suchkriterien nach Möbelstücken gesucht werden. Wurde eines der gefundenen Möbelstücke ausgewählt, musste der Benutzer das Möbelstück mit dem Button „Artikel zu meiner Auswahl hinzufügen“ in eine Art Warenkorb aufnehmen. Zusätzlich erschienen ein Eingabefeld für die E-Mail-Adresse des Interessenten und der Button „Angebot anfordern“. Nach dessen Betätigung erhielt er eine Mail mit einem Link, der auf eine Webseite des Möbelanbieters führte, auf der auch der Preis angegeben wurde.

Die Klägerin hielt diese Praxis für unlauteren Wettbewerb, da die Preisangabenverordnung vorschreibe, bei einem Angebot den Preis unmittelbar anzugeben. Dies könne nicht mit einer Angabe wie „Preis auf Anfrage“ unterlaufen werden, da der Kunde für seine Entscheidung unbedingt einer sofortigen Preisangabe bedürfe. Im Onlineshop des beklagten Möbelhändlers werde mit besonders günstigen Preisen geworben, um beim Verbraucher ein konkretes Interesse am Kauf hervorzurufen. Das Angebot auf der Webseite sei eine Aufforderung zum Kauf im Sinne des § 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Der Tatbestand der „Irreführung durch Unterlassung“, also des Verschweigens einer wesentlichen Tatsache, sei somit erfüllt.

Der Beklagte argumentierte, er biete nicht etwa fertige Möbel zum Verkauf an, sondern stelle eine Konfigurationsplattform zur Verfügung. Interessenten könnten sich so einen Überblick über die Möglichkeiten verschaffen und müssten sich erst am Ende des Konfigurationsvorgangs entscheiden, ob sie ein konkretes Kaufangebot erhalten wollten. Dies stelle gewissermaßen eine Übermittlung des Konfigurationsergebnisses an den Möbelhändler dar, der dann den Preis erst ermitteln müsse, um anschließend ein konkretes Angebot machen zu können. Wegen der Vielzahl der Konfigurationsmöglichkeiten sei es unmöglich, im Onlineshop direkt einen Preis anzugeben. Eine Angabe in Echtzeit sei technisch nur mit einem enormen Aufwand und unter hohen Kosten realisierbar. Im Shop werde den potentiellen Kunden also kein Angebot im juristischen Sinne unterbreitet. Dieses käme erst durch die Anfrage des Interessenten und die Antwort des Beklagten zustande. Es sei zudem selbst beim Anbieten einer Ware nicht zwingend erforderlich, einen Preis anzugeben, da die Preisangabenverordnung nicht vorschreibe, wann der Preis anzugeben sei.

Das Gericht schloss sich der Argumentation der Klägerin an und verurteilte den Beklagten zur Unterlassung der beanstandeten Vorgehensweise. Die Preisangabenverordnung verpflichte zur Angabe eines Verkaufspreises. Die Webseite mache ein Angebot im Sinne der Preisangabenverordnung. Damit seien nämlich alle Angebote gemeint, bei denen die Absicht zum Verkauf eines Produkts erkennbar sei. Der Onlineshop mache eindeutig eine „Aufforderung zum Kauf“, die laut Europäischem Gerichtshof dann vorliegt, wenn der Verbraucher hinreichend über ein Produkt informiert wird, um eine Kaufentscheidung treffen zu können. Der vorliegende Fall sei vergleichbar einem stationären Händler, der Waren ohne Preisangabe in seinem Schaufenster ausstellt, um auf diese Art Kunden in sein Geschäft zu locken. Der Verstoß gegen die Preisangabenverordnung stelle einen spürbaren Verstoß gemäß § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb dar. Dem Möbelhändler sei zuzumuten, das Onlinesystem entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen anzupassen.

Das Urteil macht deutlich, dass dem Verbraucher wie auch der Konkurrenz durch die verzögerte Angabe eines Preises ein deutlicher Nachteil entsteht. Ein Händler ist verpflichtet, eine konkrete Preisangabe zu machen, sobald er ein Produkt mit Verkaufsabsicht ausstellt. Dabei ist es gleichgültig, ob der Händler in einem Ladengeschäft verkauft oder online. Einen potentiellen Kunden mit „günstigen Preisen“ ohne konkrete Angaben zu ködern, um ihn dann entweder ins Geschäft zu locken oder zu einem E-Mail-Kontakt mit dem Händler zu bewegen, erfüllt den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs.

LG München I, Urteil vom 31.03.2015, Az. 33 O 15881/14

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