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Wettbewerbliche Eigenart einer Schuhsohle?

LG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.2015, Az. 38 O 82/15
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Eine Schuhsohle für einen Sportschuh verfügt nicht über eine derartig eigenständige Gestaltung, die zur Annahme einer wettbewerbsrechtlichen Eigenart führen würde. Das Design ist daher nicht unabhängig vom Sportschuh rechtsfähig und genießt keinen wettbewerblichen Schutz. Dies gilt insbesondere dann, wenn die individuelle Struktur der Sohle nicht allein auf ästhetischen Gründen beruht, sondern vielmehr mit der technischen Funktion zusammenhängt. Dies ist dann der Fall, wenn Rückschlüsse auf das Herstellungsverfahren möglich sind.

Ein eigenständiger Schutz kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil eine Schuhsohle nicht isoliert veräußert wird. Diese wird in Form eines kompletten Sportschuhs verkauft, der Markenzeichen und andere Merkmale des Herstellers trägt. Dies spricht dagegen, einzelne Bestandteile des Schuhs gesondert zu schützen.

Sachverhalt
Beide Parteien sind als Hersteller von Fitnessschuhen tätig. Im Frühjahr 2013 wurde von der Antragstellerin ein Sportschuh namens „C1“ vertrieben, dessen Sohle mit einem von der Antragsgegnerin zu 1) entwickelten Kunststoff versehen war. Bei diesem Material handelt es sich um ein spezielles Granulat, welches technisch aufgeschäumt wird und dann in entsprechender Ausformung mit dem Schuh verklebt wird. Für diesen Material sind mehrere Geschmacksmuster von der Antragsgegnerin eingetragen worden. Aus diesem Grund wehrte sich die Antragsgegnerin gegen den Vertrieb dieses Schuhs und der Sohle. Dies blieb bislang ohne Erfolg.

Seit Juni 2015 vertreibt nun die Antragsgegnerin einen Sportschuh mit einer Sohle aus dem identischen Material unter dem Namen „O“. Die Gestaltung der Sohle ist vergleichbar mit der Sohle des Schuhmodells „C1“ der Antragstellerin. Diese sieht darin eine wettbewerbswidrige Nachahmung des Modells. Die Gestaltung der Sohle sei nicht alleine technisch bedingt, sondern speziell dem Modell „C1“ nachempfunden worden, um den Erfolg dieses Modells nachzuahmen und begehrte die Unterlassung des Vertriebs. Die Antragsgegnerin meint, dass für die verwendete Schuhsohle keine separaten Schutzrechte existieren, da anderenfalls eine Monopolstellung drohe. Deshalb dürften die Schuhe weiter vertrieben werden.

Entscheidung
Das Landgericht Düsseldorf sah keine Schutzrechte verletzt und wies die Verfügung zurück. Die Antragsgegnerin verletzt nicht den nach §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 9 b UWG normierten Schutz vor Nachahmungen durch die Verwendung einer durch Geschmacksmuster der Antragstellerin geschützten neuartigen Schuhsohle. Voraussetzung für einen wettbewerbsrechtlichen Schutz ist, dass der Schuhsohle eine ausreichende wettbewerbliche Eigenart zukommt. Diese liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung des Produktes geeignet ist, die angesprochenen Verbraucher über die betriebliche Herkunft und etwaige Besonderheiten hinzuweisen.

Schon diese Definition ist vorliegend nicht erfüllt. Dem Verbraucher werden die Sportschuhe regelmäßig nicht in bestimmbaren Einzelteilen präsentiert, sondern als ein einheitliches Produkt. Der Schuh weist dabei als Haupterkennungszeichen üblicherweise das Markenzeichen des Herstellers auf. Die Sohle ist dabei zumeist nicht gesondert mit einer anderen Marke gekennzeichnet. Zumal sich der Verbraucher bei der Bewertung eines Schuhs nicht von kleinen Herkunftszeichen an der Sohle, sondern vom Gesamteindruck und dominierenden Markenzeichen des Schuhherstellers leiten lässt.

Auch die Nachahmung des Musters der Sohle ist nicht unlauter. Durch die Verschmelzung der einzelnen Kugeln des Granulates sind wesentliche Teile der entstehenden Struktur technisch bedingt. Es besteht darüber hinaus nur noch eine begrenzte Gestaltungsfreiheit der Struktur der Sohle. Hinzu kommt, dass die Sohlen der Schuhe „C1“ und „O“ nicht identisch sind. Eine Verwechslung der Schuhe aufgrund vermeintlich ähnlicher Sohlen ist daher fernliegend.

Fazit
Das Urteil macht erneut deutlich, dass einzelne Bestandteile eines Produktes zwar als Geschmacksmuster eingetragen sein können, deren Verwendung durch andere Unternehmen aber nicht automatisch wettbewerbswidrig ist. Die Rechtsprechung stellt vermehrt darauf ab, dass Schutzrechte dann allenfalls am Hauptprodukt bestehen. Es soll so einer Zersplitterung von Patenten und Geschmacksmustern vorgebeugt werden. Diese Linie der Rechtsprechung ist positiv, da Monopolstrukturen vermieden werden und technische Innovationen schnellstmöglich allgemein zugänglich gemacht werden sollen.

LG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.2015, Az. 38 O 82/15

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