Wesentliche Informationen in Werbung: QR-Code genügt
Werbung muss ehrlich, klar und transparent sein – das verlangt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Doch was heißt das konkret, wenn der Platz in einer Anzeige begrenzt ist? Müssen alle Details zur beworbenen Aussage direkt im Werbetext genannt werden? Oder genügt ein Verweis auf weiterführende Informationen – etwa über einen QR-Code?
Mit dieser Frage befasste sich das Oberlandesgericht Düsseldorf im Urteil vom 06.07.2023 (Az.: 20 U 152/22). Im Zentrum des Verfahrens stand eine Zeitungsanzeige, in der ein Unternehmen seine Produkte als „klimaneutral“ bewarb. Die Kernaussage des Gerichts:
Unter bestimmten Bedingungen können wesentliche Informationen auch digital – etwa über einen QR-Code – bereitgestellt werden.
Der Sachverhalt: Zeitungsanzeige mit „klimaneutral“-Werbung und QR-Code
Die beklagte Partei ist Herstellerin von Süßwaren. In einer Zeitungsanzeige warb sie für ihre Produkte mit dem Schlagwort „klimaneutral“. Genannt wurde in der Anzeige auch eine URL („ClimatePartner.com/...“) sowie ein QR-Code, der auf die entsprechende Webseite des Unternehmens ClimatePartner führte.
Diese Webseite enthielt weiterführende Informationen über die Behauptung der Klimaneutralität – etwa dazu,
- ob Emissionen durch Vermeidung oder durch Kompensationsmaßnahmen (wie etwa Aufforstungsprojekte) reduziert wurden,
- welche Emissionsarten in die Berechnung einflossen,
- und welche methodischen Maßstäbe dabei angewendet wurden.
Ein Wettbewerbsverband sah in der Gestaltung der Anzeige einen Verstoß gegen § 5a Abs. 1, 3 UWG, also gegen das Verbot der irreführenden Informationsvorenthaltung. Er argumentierte, dass wesentliche Informationen zur beworbenen Klimaneutralität direkt in der Anzeige selbst hätten genannt werden müssen – und dass der QR-Code bzw. die URL kein ausreichender Ersatz dafür sei.
Die Klage wurde zunächst vom Landgericht Düsseldorf abgewiesen. Die Berufung beim OLG Düsseldorf blieb erfolglos.
Die rechtliche Würdigung durch das OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und entschied, dass keine unlautere Irreführung durch Unterlassen wesentlicher Informationen vorliegt. Die Begründung lässt sich in mehrere zentrale Argumentationslinien gliedern:
Wesentliche Informationen müssen zugänglich, aber nicht unbedingt vollständig in der Anzeige selbst enthalten sein
Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser für eine informierte geschäftliche Entscheidung benötigt. Der Verbraucher muss also in die Lage versetzt werden, die Werbeaussage zu hinterfragen und auf dieser Grundlage eine Entscheidung zu treffen.
Allerdings stellt das Gericht klar:
„Die Situation ist vergleichbar mit derjenigen eines Warentests. Auch zur Ermittlung der Klimabilanz gibt es unterschiedliche Kriterien, Herangehensweisen und Bewertungsmaßstäbe, auf deren Kenntnis der Verbraucher zur Bewertung der Angabe ‚klimaneutral‘ angewiesen ist.“
In dieser Komplexität liegt auch der Schlüssel zur Entscheidung: Die Information zur Klimaneutralität ist erklärungsbedürftig – aber eben nicht trivial darstellbar. Der Raum in einer klassischen Zeitungsanzeige reicht schlicht nicht aus, um diese Inhalte vollständig und sachgerecht abzubilden.
Räumliche Beschränkungen des Werbemediums sind zu berücksichtigen (§ 5a Abs. 3 UWG)
§ 5a Abs. 3 UWG stellt klar:
„Bei der Beurteilung, ob eine Information wesentlich ist, sind [...] räumliche oder zeitliche Beschränkungen durch das gewählte Kommunikationsmittel zu berücksichtigen.“
Das OLG Düsseldorf macht sich diese Norm zunutze. In einer gedruckten Zeitungsanzeige sei der zur Verfügung stehende Platz so beschränkt, dass eine vollständige Darstellung etwaiger Kompensationsmaßnahmen realistisch nicht möglich sei.
Das Gericht betont:
„Insoweit ist dem Verbraucher nicht allein mit der Angabe ‚Klimaneutralität wird auch durch Kompensation erreicht‘ gedient, weshalb die Information nähere Angaben zu Art und Umfang etwaiger Kompensationsleistungen bedarf, für die in einer Zeitungsanzeige letztlich der Platz fehlt.“
Daher sei es – so die Richter – dem Leser zuzumuten, für eine vertiefte Aufklärung eine ohne Weiteres abrufbare Website aufzusuchen.
QR-Code und URL als zumutbare Informationsquelle
Die Entscheidung stützt sich darauf, dass der Zugang zur vertiefenden Information tatsächlich einfach und ohne Hindernisse möglich ist. Dies war hier der Fall:
- Die URL war deutlich sichtbar in der Anzeige abgedruckt.
- Zusätzlich war ein QR-Code vorhanden, der eine direkte Weiterleitung zur passenden Webseite ermöglichte.
- Die Webseite enthielt alle erforderlichen Zusatzinformationen zur Klimaneutralität.
Daraus folgert das Gericht:
„Dies reicht [...] zur Information der Verbraucher aus.“
Der Verbraucher könne über diesen Weg – ohne größere Hürden – an die nötigen Informationen gelangen, um sich ein fundiertes Urteil über die Aussage „klimaneutral“ zu bilden. Deshalb liege keine Irreführung durch Unterlassen vor.
Keine Anwendung auf Produktverpackungen
Abschließend betont das Gericht ausdrücklich, dass sich die Entscheidung ausschließlich auf die konkrete Zeitungsanzeige bezieht. Es heißt:
„Da unstreitig die Verpackung selber nicht Gegenstand des Verbotsbegehrens ist, kommt es nicht darauf an, ob dies auch für einen Verbraucher gilt, dem der Claim auf einer Verpackung in der Kaufsituation entgegen tritt.“
Das bedeutet: In anderen Kontexten – etwa bei Werbung direkt auf einem Produkt – könnte das Ergebnis anders ausfallen. Dort wird dem Verbraucher unter Umständen eine höhere Informationsdichte zugemutet, weil er unmittelbar vor einer Kaufentscheidung steht.
Bedeutung für die Praxis: Was Unternehmen daraus lernen können
Das Urteil bietet wichtige Leitlinien für werbende Unternehmen – insbesondere bei der Gestaltung von Anzeigen in räumlich eingeschränkten Medien:
✅ Wesentliche Informationen dürfen auch digital bereitgestellt werden
Unternehmen sind nicht verpflichtet, komplexe Informationen vollständig in eine Anzeige zu integrieren – wenn diese Informationen auf einer verlinkten Webseite gut zugänglich und ausführlich dargestellt werden.
✅ QR-Code und URL müssen funktional und gut sichtbar sein
Der Zugang zur Information darf nicht erschwert werden. Eine unklare, zu lange oder falsch geschriebene URL kann problematisch sein. Ein QR-Code, der ohne Umstände funktioniert, ist in vielen Fällen die bessere Wahl.
✅ Die verlinkte Webseite muss die Informationspflicht tatsächlich erfüllen
Nicht jede Weiterleitung genügt – die verlinkte Seite muss inhaltlich sachlich, vollständig und transparent sein. Fehlt es an dieser Qualität, liegt weiterhin ein Verstoß gegen das UWG vor.
✅ Werbung im digitalen und stationären Umfeld ist unterschiedlich zu bewerten
Die Anforderungen an Printwerbung sind andere als an Online-Werbung oder Verpackungsbeschriftungen. Unternehmen müssen ihr Kommunikationsmittel genau analysieren und daran ihre Informationsstrategie anpassen.
Fazit: Transparenz ist Pflicht – aber sie darf technisch vermittelt werden
Das Urteil des OLG Düsseldorf bringt mehr Klarheit in eine bislang rechtlich unsichere Frage: Wie weit darf Werbung in Printmedien auf digitale Hilfsmittel wie QR-Codes ausweichen, um wesentliche Informationen zu übermitteln?
Die Antwort:
Sofern die Informationen über einen einfachen digitalen Weg leicht abrufbar sind und inhaltlich den Anforderungen des § 5a UWG genügen, ist das rechtlich zulässig.
Für die Werbepraxis bedeutet das mehr Flexibilität – ohne dass der Verbraucherschutz leidet. Entscheidend bleibt jedoch:
Der Informationsgehalt muss vollständig, sachlich und leicht zugänglich sein. QR-Codes dürfen die Transparenz nicht ersetzen – aber sie dürfen sie vermitteln.
Ansprechpartner
Frank Weiß
Frank Weiß
Andere über uns
WEB CHECK SCHUTZ
Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.
Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.

