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Werbung mit „nachhaltig“

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Umweltfreundlich, nachhaltig, ressourcenschonend – kaum ein Unternehmen verzichtet heute auf solche Begriffe in seiner Werbung. Kein Wunder: Viele Verbraucher achten zunehmend auf ökologische Kriterien und treffen ihre Kaufentscheidung bewusst unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeit.

Doch Vorsicht: Wer mit solchen Aussagen wirbt, begibt sich rechtlich auf dünnes Eis. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Bremen vom 23.12.2022 (Az.: 2 U 103/22) sehr deutlich. Das Gericht stellt klar: Wer umweltbezogene Begriffe wie „nachhaltig“ oder „ressourcenfreundlich“ verwendet, muss diese auch konkret erläutern. Andernfalls liegt ein Wettbewerbsverstoß wegen Irreführung vor.

In diesem Beitrag erfahren Sie, was das Urteil genau bedeutet, welche Anforderungen an Ihre Werbung gestellt werden – und wie Sie kostspielige Abmahnungen vermeiden können.

Der Fall vor dem OLG Bremen: Drei Umweltversprechen – drei Wettbewerbsverstöße

Gegenstand des Verfahrens war eine Werbung für verschiedene Teesorten in der Lebensmittelzeitung. Die Beklagte warb dort mit Aussagen wie:

  • „nachhaltige [Teesorte]“
  • „ressourcenfreundlich“
  • „kurze Lieferwege“

Alle drei Werbeaussagen wurden vom OLG Bremen als irreführend und wettbewerbswidrig eingestuft.

Im Zentrum der rechtlichen Bewertung steht das Irreführungsverbot nach § 5 UWG, das insbesondere dann greift, wenn Werbebehauptungen objektiv nicht zutreffen oder falsch verstanden werden können – vor allem dann, wenn wesentliche Informationen fehlen.

„Nachhaltig“ – Ein wohlklingender Begriff mit Aufklärungspflicht

Die Bezeichnung eines Produkts als „nachhaltig“ ist rechtlich nicht per se verboten. Doch das Gericht stellt klar:

„Die Werbung mit Umweltschutzbegriffen ist ähnlich wie Gesundheitswerbung nach strengen Maßstäben zu beurteilen.“

Der Hintergrund: Umweltbewusstsein ist in der Gesellschaft stark ausgeprägt. Produkte mit ökologischen Versprechen wirken dadurch besonders kaufanreizend. Viele Kunden bevorzugen solche Angebote – allerdings oft in dem Glauben, ein rundum umweltfreundliches Produkt zu erwerben.

Die Realität sieht jedoch meist anders aus. Nur wenige Produkte sind in Gänze nachhaltig. Häufig beschränken sich ökologische Vorteile auf einzelne Aspekte – etwa den Einsatz recycelbarer Verpackungen oder einen bestimmten Produktionsschritt.

Genau deshalb verlangt das OLG Bremen eine genaue Aufklärung:

„Unter diesen Umständen besteht ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe.“

Im konkreten Fall wurde dieses Aufklärungsbedürfnis nicht erfüllt. Die Werbung mit dem Begriff „nachhaltig“ blieb vage und ließ offen, worauf sich das Nachhaltigkeitsversprechen genau bezieht.

Das Urteil: Irreführend.

„Ressourcenfreundlich“ – Eine leere Worthülse?

Ähnlich kritisch bewertete das Gericht die Aussage „ressourcenfreundlich“. Auch hier sei unklar, worauf sich diese Behauptung stützt.

„Die Beschreibung als „ressourcenfreundlich“ bleibt ebenso unscharf wie die Auslobung als „nachhaltig“.“

Das Gericht weist darauf hin: Selbst wenn ein Leser lediglich die Vorstellung entwickelt, das Produkt sei in irgendeiner Hinsicht schonend für irgendeine Ressource, sei das nicht ausreichend.

Denn: Ohne Erläuterung bleibt unklar, ob hier ein echter Vorteil besteht oder nur mit Selbstverständlichkeiten geworben wird – etwa, dass eine Teeverpackung nicht völlig überdimensioniert ist.

Auch in diesem Punkt entschied das OLG Bremen daher: Die Werbung ist irreführend und wettbewerbswidrig.

„Kurze Lieferwege“ – Ein konkreter Eindruck, der täuscht

Die Aussage „kurze Lieferwege“ klingt zunächst eindeutig. Doch auch hier nahm das Gericht eine Täuschung an.

Auf der Verpackung wurde ein „Medley aus Deutscher Pfefferminze und Nanaminze“ beworben. Die Aussage „kurze Lieferwege“ stand im Zusammenhang mit dieser Produktbeschreibung.

Tatsächlich stammte die Nanaminze nicht aus Deutschland, sondern aus Nordafrika. Diese Tatsache war für Verbraucher nicht ohne Weiteres ersichtlich.

Die Folge: Der Gesamteindruck war täuschend, da beim Leser der Eindruck entstehen konnte, alle Zutaten würden aus Deutschland stammen.

Auch hier kam das OLG zum Ergebnis: Irreführung und damit ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.

Die rechtliche Einordnung: Umweltwerbung unter besonderer Beobachtung

Das Urteil des OLG Bremen steht nicht allein. Auch andere Gerichte – etwa der Bundesgerichtshof – haben wiederholt betont, dass umweltbezogene Werbung besonders kritisch zu betrachten ist.

Warum? Weil solche Begriffe häufig nicht trennscharf definiert sind. Was genau bedeutet „nachhaltig“? Reicht ein recycelbares Etikett, oder braucht es eine durchgängige CO₂-neutrale Lieferkette?

Solange diese Fragen offen bleiben, besteht die Gefahr, dass Verbraucher durch solche Begriffe in die Irre geführt werden. Genau deshalb verlangt die Rechtsprechung bei umweltbezogenen Aussagen:

  • Klarheit
  • Transparenz
  • Nachvollziehbare Erläuterung

Ihre Pflichten als Werbender: So machen Sie es richtig

Wenn Sie umweltbezogene Aussagen wie „nachhaltig“, „klimaneutral“, „CO₂-arm“, „umweltschonend“ oder „ressourcenfreundlich“ verwenden möchten, sollten Sie folgende Punkte unbedingt beachten:

Konkrete Erläuterung: Erklären Sie, worauf sich das Umweltversprechen genau bezieht (z.B. Transport, Herstellung, Verpackung).
Keine Verallgemeinerungen: Vermeiden Sie pauschale Aussagen, wenn nur Teilaspekte umweltfreundlich sind.
Transparenz durch Fußnoten oder Verlinkungen: Wenn Platz fehlt, verweisen Sie auf eine Unterseite mit detaillierten Informationen.
Keine Selbstverständlichkeiten: Wer mit Standards wirbt, die ohnehin gesetzlich vorgeschrieben sind, handelt irreführend.
Aktualität: Halten Sie Ihre Angaben stets aktuell – auch ökologische Zertifikate können veralten.

Fazit: Umweltbewusste Werbung ja – aber bitte mit Substanz

Verbraucher legen heute großen Wert auf ökologische Produkte – und Unternehmen reagieren mit entsprechenden Werbeaussagen. Das ist verständlich und rechtlich zulässig.

Aber: Wer Umweltversprechen abgibt, muss diese auch belastbar, konkret und überprüfbar machen. Andernfalls drohen Abmahnungen, Unterlassungsklagen und Imageschäden.

Das OLG Bremen zeigt in seinem Urteil sehr deutlich: Grüne Werbung ohne klare Aufklärung ist rechtswidrig.

Wenn Sie auf der sicheren Seite stehen möchten, empfiehlt sich eine rechtliche Prüfung Ihrer Werbeaussagen, bevor sie veröffentlicht werden.

Haben Sie Fragen zur rechtssicheren Gestaltung Ihrer Werbung?
Unsere Kanzlei berät Sie gern – kompetent, praxisnah und mit Blick für wirtschaftliche Zusammenhänge.

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