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Werbung mit "gesetzlicher Zuzahlung"

LG Ulm, 3 O 4/14
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Werbehinweise, die für Kunden eines Versandhandels für medizinische Hilfsmittel einen Wegfall von gesetzlichen Zuzahlungen in Aussicht stellen, sind nicht wettbewerbswidrig. Mit einem entsprechenden Urteil wies das Landgericht (LG) Ulm eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs zurück.

Bei der Beklagten handelte es sich um die Betreiberin eines Versandhandels für medizinische Hilfsmittel und Diabetikerbedarf. Auf ihrer Webseite warb sie für ihr Unternehmen mit folgenden Aussagen:

- "Willkommen in unserem Dr. S.-Shop für Diabetesbedarf. Zuzahlung bezahlen Sie übrigens bei uns nicht, das übernehmen wir für Sie!"

- "Die gesetzliche Zuzahlung müssen Sie bei uns nicht zahlen"

- "Ein paar Infos über die gesetzliche Zuzahlung: Vorab dürfen wir Ihnen natürlich die erfreuliche Nachricht unterbreiten, dass Sie bei uns keinerlei Zuzahlung zu bezahlen haben. Wir bezahlen diese komplett für Sie"

Die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs sah als Klägerin sah in den erwähnten Werbeaussagen einen Verstoß gegen geltendes Wettbewerbsrecht und forderte von der Beklagten die Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung. Als die Beklagte dies verweigerte, zog die Klägerin vor das Ulmer LG. Dort begehrte sie die Verurteilung der Beklagten auf Unterlassung der beanstandeten Werbeaussagen und der Erhebung der gesetzlichen Zuzahlung sowie die Erstattung der mit der Ausstellung der Abmahnung an die Beklagte verbundenen Kosten. Die Beklagte beantragte ihrerseits, die gegen sie gerichtete Klage abzuweisen.

Bei der mündlichen Verhandlung begründete die Beklagte ihren Verzicht auf Erhebung der Zuzahlungskosten damit, dass deren Summe die mit der Erhebung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht abdecken würden. Dies träfe vor allem bei den Artikeln für Diabetiker zu, mit denen das beklagte Versandgeschäft den größten Teil seiner Umsätze erwirtschafte.

Nach Anhörung der Ausführungen beider Seiten kam die Jury des Ulmer LG zu dem Schluss, dass der Klägerin gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Unterlassung in Zusammenhang mit der Nichteinziehung von Zuzahlungsbeträgen für gesetzlich Versicherte zusteht. Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass es sich bei der Norm, die die Einziehung gesetzlicher Zuzahlungen regelt, nicht um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt. Als Instrument zur Sicherung des weiteren Bestehens der allgemeinen Gesundheitsvorsorge, diene ihr Zweck lediglich dessen finanzieller Absicherung. Dagegen sei der Schutz der Interessen anderer Marktteilnehmer mit ihr nicht verbunden.

In seiner Urteilsbegründung führte das LG Ulm weiter aus, dass der Verzicht der Beklagten auf Erhebung der gesetzlichen Zuzahlung auch keinen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG) darstellt.

Die im Sozialgesetzbuch (SGB) V enthaltene Regelung der Zuzahlung für Arzneien und Hilfsmittel verfolgen nach Ansicht des Gerichts nicht die Beschränkung eines Preiswettbewerbs unter den Anbietern. Sie sei auch nicht dazu angetan, Einfluss auf die Preiskalkulation der Verkäufer von Medikamenten und Arzneihilfsmitteln zu nehmen. Eine Verpflichtung des Leistungserbringers zur Erhebung der gesetzlichen Zuzahlungsbeträge liege nach Lage der Dinge nicht im Interesse der anderen Marktteilnehmer.

Mit seinem Urteil wies das LG Ulm die Klage daher zurück und legte der Klägerin die mit dem Rechtsstreit verbunden Kosten auf.

LG Ulm, Urteil vom 23.06.2014, Az. 3 O 4/14

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